„Steck mal in meiner Haut!“
Unsere Auswahl von Büchern gegen Rassismus und für mehr Toleranz und Vielfalt in unserer Gesellschaft
Bus 57
Schon auf dem Buchrücken kann man lesen, dass Sasha, ein agender Weißer, der gerne Röcke trägt, und Richard, ein Afroamerikaner, der schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, in der Buslinie 57 aufeinandertreffen. Animiert durch seine Freunde hält Richard ein Feuerzeug an den Rock des schlafenden Sasha. Der Fall ging 2015 durch die Presse und Dashka Slater nahm diesen Artikel zum Anlass, diesen Fall zu recherchieren.
Sasha, der als Luke geboren wurde, identifiziert sich als nicht einem gestimmten Geschlecht zugehörig, also als Agender oder Neutrois. (Mein Word gibt beide Worte als Fehler an!) In dem Kapitel „Gender, Geschlecht, Sexualität, Romantik: ein paar Begriffe“ lese ich einige, mir bisher nicht bekannte Begriffe bzw. Begriffe, ich bislang nicht einordnen konnte.
mehr oder weniger lesen
„Genderqueer/Nichtbinär – Geschlechtsidentität passt nicht richtig in das Zweiersystem männlich/weiblich.“ Oder „Greysexuell – empfindet nur gelegentlich sexuelle Anziehung, meist aber nicht.“ Sasha hat sehr aufgeschlossenen Eltern und besucht eine Privatschule, in der die Mitschüler ihn voll akzeptieren. Auch als er sich entscheidet, Röcke zu tragen, nimmt keiner daran Anstoß. Aufgrund des Alperger-Syndroms wird Sasha als sehr schüchtern beschrieben, er hat aber einen Freundeskreis und alle zusammen spielen ein sehr kreatives Spiel, bei dem 1001 leere Karten mit Spielanweisungen gefüllt werden müssen.
Richard lebt im armen Teil von Oakland, geht auf eine öffentliche Schule und war aufgrund einer Straftat schon in einer betreuten Wohngruppe untergebracht. Seine Mutter und auch eine pädagogische Kraft, die selbst eine bewegte Vergangenheit hat, und zur Ersatzmutter für viele Schüler wird, bemühen sich um den Jugendlichen. Er ist fröhlich, albert herum und macht gerne Streiche, ist sehr einfühlsam und kann gut auf andere eingehen. Dann gibt es diesen Moment, wo Richard einfach die Auswirkungen seiner Tat nicht bedenkt. Er zündet den duftigen Rock an und Sashas Leben besteht lange Zeit aus Schmerzen. Da es Videoaufnahmen der Tat gibt, wird Richard schnell verhaftet. Der zweite Teil des Buches befasst sich mit der Justiz der USA bzw. des Staates Kalifornien. Richard wird zunächst nach Erwachsenenrecht angeklagt, obwohl er erst sechzehn ist. Dieser Teil ist kompliziert zu lesen und macht mich als Leser wütend, weil es so ungerecht ist, wie mit Richard verfahren wird.
Gerade in der Situation, wo wir wieder erleben, wie rassistisch unserer Gesellschaft ist, zeigt sich in diesem Buch, dass Menschen, die nicht der binären Norm entsprechen, noch häufiger unter der Intoleranz der „Normalen“ zu leiden haben. Das Buch benutzt immer das Gender* und für mich unbekannte Pronomen, wie sier und sieren statt sie/er oder ihrer/seiner. Unter „Nichtbinär-Wiki“ habe ich aber auch andere Möglichkeiten gefunden. Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis sich unsere Sprache verändert.
Ein interessantes Buch zu einem Thema, das in unserer Zeit immer mehr an die Öffentlichkeit dringt und über das ich bisher wenig Informationen habe.
Dagmar Mägdefrau
Du nicht!
Die drei Pinguine spielen zusammen, als Kautschuk, eine Robbe, auftaucht. Die vier Freunde spielen begeistert miteinander, zumal der Neue immer wieder tolle Ideen hat, was man machen kann. Zudem ist er immer gut gelaunt und hatte eine besondere Art zu lachen.
mehr oder weniger lesen
Obwohl sie immer zusammen spielen, spricht Kautschuk nicht und als er eine Nase für einen Schneepinguin bringen soll, stellen die drei Pinguine fest, dass er sie nicht versteht. Ja, sie stellen fest, dass Kautschuk anders ist als sie. Sie machen sich lustig über ihn und er verschwindet. Weil er ihnen fehlt, machten sie sich auf den Weg, um ihn zu suchen. Am Ende spielen die Vier wieder zusammen.
Die Texte sind kurz, die Bilder einfach gestaltet, die Aussage ist leicht zu erkennen.
Dagmar Mägdefrau
Sorum und Anders
„Sorum ist groß, Anders ist klein. Sie ist aus Watte, er ist aus Stein.“ so beginnt das Bilderbuch von Sorum und Anders. Zwei, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten.
Selbst beim Schlafen gibt es keine Angleichung „Anders ist müde, Sorum ist wach. Er schläft im Stehen, sie lieber flach.“ Aber trotzdem sind sie ständig zusammen und haben ihren Spaß.
mehr oder weniger lesen
„Sorum sein ist voll okay. Anders sein, tut auch nicht weh.“ steht auf der letzten Seite und das ist eine Quintessenz, der ich voll zustimmen kann.
Das Buch hat dicke Pappseiten und die Bilder sind klar und sehr einfach gezeichnet. Alles wirkt bunt und fröhlich, mit viel Dynamik.
Ein wunderschönes Buch über die „Anderen“, ganz liebevoll gemacht. Da bin ich richtig begeistert und möchte das Buch für alle Kinder empfehlen. Denn natürlich ist es ein Buch über Inklusion, aber es will uns nicht belehren.
Dagmar Mägdefrau
Der schaurige Schusch
Auf dem Doggelspitz wohnen bisher nur das scheue Huhn, der bockige Hirsch, die garstige Gans, das maulige Murmeltier und der Party-Hase. Als sie hören, dass der Schusch auch dort hinziehen wird, machen sich die Tiere die tollsten Gedanken, wie gefährlich und furchtbar dieses, bisher unbekannte Tier wohl sein wird.
mehr oder weniger lesen
Dann lädt der Schusch zu seiner Einweihungsparty ein und nur der Party-Hase traut sich dort hin. Die Freunde warten stundenlang, bis der Party-Hase die Türe öffnet. Und da sehen sie den Schusch zum ersten Mal. Er ist klein und niedlich, nicht groß und zottelig, stinkt nicht nach nassem Hund, klaut keine Eier und isst auch keinen Hasenbraten. Das einzige Vorurteil, das sich bestätigt, ist: Er küsst wie ein Wilder.
Da treiben sich einfach verrückte Gestalten rum in diesem Buch, trotzdem zeigt es auch, wie Vorurteile sich entwickeln und sich oft, durch das Kennenlernen des Fremden, in Luft auflösen.
Dagmar Mägdefrau