Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendliteratur e.V.

Die Kurzhosengang

Victor Caspak, Yves Lanois
(Hinter den beiden Autoren verbirgt sich der Autor Zoran Drvenkar)
Illustrationen Ole Könnecke
Übersetzung Andreas Steinhöfel
Carlsen Verlag (auch als Kindle)
Altersangabe ab 12 Jahre
Auf der Kinder- und Jugendbuchliste SR, WDR, Radio Bremen ausgezeichnet mit 'Die besten 7 Bücher für junge Leser 2004'
Deutscher Jugendliteraturpreis 2005 in der Kategorie Kinderbuch

4 Jungen, 11 Jahre gehen in einer Kleinstadt in Kanada in die Schule und erleben aberwitzige Geschichten, die sie unfreiwillig zu Helden machen und jedes Mal ins Fernsehen bringen. Sie verleben jede freie Minute miteinander, fühlen sich schon sehr erwachsen, gucken Horrorfilme – wenn die Eltern weg sind – und halten wie Pech und Schwefel zueinander.

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Als 1. erzählt Rudolpho, wie sie zum Namen „Kurzhosengang“ kamen. Während einer Turnstunde wird durch einen Orkan die halbe Schule weggerissen. Wie sie ihre Mitschüler nach einer halsbrecherischen Fahrt mit einem gekaperten Feuerwagen retten, versetzt den Leser in Erstaunen.
Als 2. erzählt Island, wie sich die Kurzhosengang mit der Pauli-Gang streiten – sie hassen sich seit dem Kindergarten. Bei einem Eishockeyspiel schießt ein Puck in hohem Bogen aus dem Stadion. Die Kurzhosengang will den Puck in 10 Minuten finden, weil sonst das Spiel abgebrochen wird. Doch dabei entdecken sie eine Frau, die vom Schnee in ihrem Auto eingeschlossen ist und gerade ein Kind gebiert. So werden sie unfreiwillig zu Geburtshelfern und landen als Helden im Fernsehen.
Die 3. Geschichte erzählt Snickers. Nach einer Schneeballschlacht mit der Pauli-Gang hämmert es an der Tür. Es ist ein Grizzly, der sich Eingang ins Haus verschafft und für große Verwirrung sorgt. Nachdem die Polizei mit einem Hubschrauber den eingeschlafenen Grizzly in die kanadischen Wälder zurücktransportiert, kommt die Kurzhosengang zum 3. Mal ins Fernsehen.
In der 4. Geschichte spricht Zement (er ist ein „Dappes“ – etwas langsam, aber liebenswert) mit seinem Schutzengel Lothar und anderen Geistern. Dadurch kann er ein Zugunglück im letzten Moment verhindern. S. 200 und 201 vorlesen.

Stoff und Inhalt

Vorwort und Fußnoten verworren, nicht kindgemäß – eher für erwachsene LeserInnen gedacht (Hier fängt das Verwirrspiel von Steinhöfel und Könneke an.)
Lebenswelt: Kanada = fremd, Jungengang vertraute Handlungsweisen – auch wenn alle Situationen überzeichnet sind – man kann es einfach nicht glauben, was da geschieht.
Identifikation = starke und schwache Personen mit eigener Identität, unterschiedlichem Charakter und Qualität.
Grundaussage: Freundschaft in der Gang, d. h. man hält zusammen, hilft sich und sei die Situation auch noch so extrem.
Die Geschichten bzw. Abenteuer sind ausgesprochen originell, die Extremsituationen widersprechen jeglicher Klischeevorstellung.
Thema: Kanada – Winter – Land, Schule, Handlung 4 x mit eigenem Spannungsbogen, der immer im Fernsehstudio endet.
Sprache und Stil: erst befremdlich, Jugendsprache wirkt authentisch, viel direkte Rede. Viel Ironie und überbordende Situationskomik. Dies setzt aber auch Raum frei für eigene Fantasie.
Fazit: Nimm’s leicht, denn es könnte noch schlimmer kommen. Aber wenn es schlimm kommt, sind gute Freunde lebensnotwendig.
Aussehen: comichaft, witzig. Doch ich dachte, die Illustrationen richten sich eher an 8jährige.

Meine persönliche Meinung: Am Anfang schienen mir die Situationen sehr überzogen, nicht nachvollziehbar. Erst bei der Grizzly-Geschichte begann ich den Witz zu begreifen. Danach habe ich das Buch mit großem Vergnügen zuende gelesen.
Ich habe bei der Buchmesse die Preisverleihung miterlebt und auch die Interviews am nächsten Tag. Danach hatte ich den Eindruck, Steinhöfel und Könneke haben sich den Gag ausgedacht, um die gesamte Literaturszene zu verwirren, zu verunsichern und sie als Farce zu entlarven. Doch es war ein Trio, zu den beiden vorgenannten outete sich später noch Zoran Drvenkar. Die drei amüsieren sich darüber königlich, wahrscheinlich noch heute!

Ich hatte mich für diesen Titel entschieden, weil ich durch Kritiken darauf aufmerksam geworden bin. Die Kritik ließ eine witzige Geschichte vermuten, die mich neugierig machte.

Dagmar Mägdefrau