Mutich - Warum machen alle mit?

Mutich – Warum machen alle mit?

Hans-Jürgen van der Gieth

Ulli Potowski

BVK

Verlagsempfehlung ab 4. Klasse

Mutproben kennt jede und jeder aus der eigenen Kindheit, doch das Ausmaß, die diese hier einnehmen, hat einen modernen Einfluss: Die erfolgreiche Netflixserie “Squid Games”. Erwachsene spielen Spiele, doch es ist mehr als “nur ein Spiel”, denn der Verlierer wird getötet. Diesen gewaltvollen Inhalt der Spiele bringt Anführer Ben nun auch in seine Clique. Die Bestrafung soll eine Ohrfeige sein. Vor allem Paul muss darunter leiden. Alle anderen sind einfach froh, dass sie es nicht sind, obwohl auch sie eigentlich merken, dass das alles nicht so in Ordnung ist.
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Selbst die Ohrfeigen reichen Ben nicht mehr, der mit ansteigendem Konsum der Serie immer mehr abzustumpfen scheint und die Situation spitzt sich dramatisch zu.
Es wird sehr deutlich, dass die Bestrafung gerade für Paul nicht nur körperlichen Schmerz bedeutet. Die Scham treibt ihn immer mit in den Teufelskreis, in dem er sich Ben beweisen will, denn mit Erwachsenen reden kommt nicht in Frage. Die fehlenden Erwachsenen sind auch bei Ben ein ausschlaggebendes Problem, denn sie kontrollieren gar nicht, welch unpassende Serie Einfluss auf ihren Sohn übt.

Van der Gieth schreibt in einem klaren und zugänglichen Stil, der es jungen Lesern leicht macht, sich in die Geschichte hineinzuversetzen. Obwohl die Kinder in dem Buch alle mitmachen, ahnen einige früh, dass das alles nicht in Ordnung ist. Diese Reflektionen wirken manchmal zu erwachsen und passen gar nicht zu dem sonstigen Verhalten. Trotzdem ist es wichtig, dass die Botschaft so klar formuliert wird: Gewalt hat bei Spielen nicht verloren und eine Serie, die uneingeschränkt zugänglich ist, kann einen immensen Einfluss auf ein Publikum haben, das eigentlich nicht die Zielgruppe sein sollte. Ein sehr dringliches Thema, mit passenden und gelungenen Illustrationen in eine Geschichte eingebettet.

Raphaela Brosseron

„Squid Game“ ist eine Netflix-Serie, in der Erwachsenen einfache Kinderspiele spielen und in der die Verlierer mit dem Tode bestraft werden. Ben, der elfjährige Boss der Clique, schaut diese Sendung und setzt sie mit seinen Freundinnen und Freuden um. „Seilchen springen“ ist die erste Aufgabe, die sie auf ihrer Lichtung absolvieren. Eigentlich keine schwierige Aufgabe für Paul, doch als er stolpert, schreien alle „Opfer“ und als dann noch die Bestrafung „Ohrfeigen“ heißt, kann er es nicht fassen, dass alle seine Freund*innen ihn feste ohrfeigen. 
Obwohl sich das Geschwisterpaar darüber unterhält, wie es ihnen bei der Bestrafung ging, machen alle bei der nächsten Prüfung mit und sind wieder bereit, die Strafe zu vollziehen. Keiner wehrt sich dagegen, keiner ist bereit, in der Clique darüber zu sprechen. 
Jede*r ist froh, nicht das Opfer zu sein und keiner ist mutig genug gegen Ben zu sprechen und so aus der Clique ausgestoßen zu werden.

Mutproben hat es schon immer gegeben und viele von ihnen waren gefährlich. Hier ist der Auslöser diese Serie, die anscheinend viel von Jugendlichen oder sogar Kindern geschaut wird. Mein Enkel kam letztens auch mit einer eigenartigen Szene aus der Kita nach Hause, die vermuten ließ, dass diese Serie Auslöser war. Er kannte zwar keine Zusammenhänge, warf sich aber immer wieder tot zu Boden.

Es kann nicht sein, dass Kinder, ohne darüber sprechen zu können, solche Serien schauen und sie in ihren Alltag einbauen wie die Clique um Ben. 
Das Buch liest sich sehr spannend und gibt gut die widersprüchlichen Gefühle der Kinder wieder. Das positive Ende ist für mich etwas einfach gestrickt. Ich fürchte, so leicht kommen wir Erwachsenen nicht aus dieser Geschichte raus. 

Dagmar Mägdefrau
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