Zwischen Berlinern und Butterbrezeln

Annemieke Reesink
Spaß am Lesen Verlag
Leselevel 2
Das Cover zeigt des Gebäck, das dem Buch den Titel gibt mit Deutschlandfähnchen geschmückt.
Das Buch wendet sich in erster Linie an Menschen, die nach Deutschland zugewandert sind und die hier einiges über unser Land und die Menschen, die hier leben, erfahren.
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Unter der Überschrift „zu Hause“ geht es um die eigene Wohnung und den Umzug dorthin.
Die Geschichten handeln zum von einem jungen Syrer, der oft mit seinen Freuden unterwegs ist. Mir ihrer Hilfe zieht er nach Münster und trifft dort auf eine sehr nette Nachbarin, die ihn zum Geburtstag einlädt. So lernt Feras das Fettgebäck Berliner kennen.
Roksana und ihre Tochter Karen kommen aus der Ukrainer und obwohl Roskana einige deutsche Helfer*innen hat, sehnt sie sich nach Kontakten. Sie traut sich aber oft nicht, ein Gespräch anzufangen, weil sie befürchtet, dass ihr Deutsch nicht genügt und die anderen zu schnell sprechen werden. Aber dann muss sie doch handeln, weil die Nachbarn zu laut sind und sie und ihre Tochter nicht schlafen können und bei den Nachbarn schellen. Doch die reagieren sehr freundlich und so ist das Problem schnell gelöst.
Zu den sieben Kapiteln gibt es jeweils zwei kurze gut verständliche Geschichten, die sich mit dem Alltag hier in Deutschland befassen. Da geht es um Nebenkosten, Versicherungen und die Möglichkeit einer Ausbildung. Da werden Kontakte geknüpft und am 3. Oktober zwei Feste gefeiert. Ein gut zu lesendes Buch, das ich für das Erlernen der deutschen Sprache sehr empfehlen kann.
Dagmar Mägdefrau
Wir kommen zurecht

Annika Büsing
Steidl
Ohne Altersangabe / junge Erwachsene
Nominiert für den Literaturpreis Ruhr 2025
„Wir kommen zurecht“, könnte Philipp zu seinen Lehrkräften sagen, die seine phasenweise geistige Abwesenheit im Unterricht bemerken und nach seiner Situation zu Hause fragen. Oder zu seiner älteren Freundin, wenn es um sein Verhältnis zur Stiefmutter geht.
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Oder zu dem Mann, der eines Tages an der Tür klingelt und vieles verändert. Oder auch zu seiner Mutter, die versucht, wieder einen Platz in seinem Leben zu finden.
„Manchmal dachte er, dass das sein ganzes Leben war: merken: ja, anmerken lassen: nein.“
Doch die, die Philipp wirklich kennen, würden ihm diesen Satz nicht abnehmen. Zum Beispiel Lorenz, sein bester Freund. Einfach macht Philipp es auch ihm nicht. Obwohl Philipp ein feines Gespür für seine Umgebung hat, bleibt er oft undurchdringlich. Vielleicht ist das seine Art, die psychische Erkrankung seiner Mutter zu verarbeiten, zu absorbieren, zu kompensieren. Selbst als Lesende war ich mir nicht immer sicher: Was geht wirklich in ihm vor? Und wenn er nicht gerade in Imaginationen und surreale Szenarien abdriftet (vielleicht auch befeuert durch den Konsum einer bestimmten Pflanze) bleibt vieles in ihm verschlossen.
Die gewählte Erzählperspektive passt hervorragend. Philipp aus der Ich-Perspektive sprechen zu lassen, hätte seiner Figur nicht entsprochen, zu direkt, zu offen. Trotzdem ist die Perspektive sehr wertschätzend ihm gegenüber, geht radikal (aber auch fair) mit den Erwachsenen in seinem Leben um.
Ein Erwachsener, der auch Philipp werden musste, wird er jetzt doch 18.
Ein besonderer Familienroman, der fordert, ohne zu überfordern, und der in seiner Vielschichtigkeit beeindruckt.
Raphaela Brosseron
Ich musste schon das halbe Buch lesen, bis Philipp seinen 18. Geburtstag feiern konnte. Sein Vater, Chefarzt der Chirurgie, lebt seit einigen Jahren mit Stella, einer jungen Frau, zusammen. Philipps Verhältnis zu ihr, die er seine Stiefmutter nennt, ist alltäglich und ohne große Probleme. Mit Lorenz ist er schon lange befreundet und die beiden verbringen die meiste Zeit zusammen. Philipp hatte bisher immer gute Noten und jetzt, wo es auf das Abitur zugeht, schwänzt er häufig den Unterricht und kifft lieber mit Lorenz auf dem Friedhof.
Mit einer Mitschülerin, mit der er zusammen war, hat Philipp wegen Mascha Schluss gemacht. Dass Mascha die ältere Schwester ist, macht die Sache besonders schwierig. Aber Mascha ist ganz anders als die Mädchen, mit denen er bisher zusammen war.
Philipp hat immer wieder kleine Flashbacks, so erinnert er sich an einen Hund oder an einen italienischen Jungen mit einem Fußballtrikot, das Philipp sich auch gewünscht hätte. Philipp geht noch in den Kindergarten, als seine Mutter die Familie nach einem Sizilienurlaub verlässt. Seine Erinnerungen an die Mutter sind trübe, vielleicht auch, weil er sie lieber vergessen will. Doch dann wird seine Mutter von der Polizei gesucht und damit bringt sie wieder Chaos in das Leben von Philipp.
Philipp, der uns seine Geschichte selbst erzählt, ist schonungslos offen und seine bzw. die Sprache von Annika Büsing ist klar und offen. Manchmal werden Worte benutzt, die mir nichts sagen, was aber wohl an meinem Alter liegt. Ich fand es sehr interessant, auf diese Weise zu erleben, was eine psychische Erkrankung mit den Menschen in deren Umfeld macht. Erst mit seiner Volljährigkeit findet Phillip die Kraft, selbstbewusst seinen Weg zu beginnen.
Dagmar Mägdefrau
Engel der Nacht

Nils Mohl
Rotfuchs
Leseempfehlung ab 14 Jahre
Buch des Monats Mai 2025
Kester träumt aus unterschiedlichen Gründen von der Nacht der Nächte. Für ihn fühlt sich das Ende der Schulzeit nicht wie ein Neuanfang an, sondern wie ein letzter Höhepunkt. Erwachsenwerden? Klingt nach Enttäuschung. Und als beim Feiern des Abiturs eine Situation eskaliert, ist für Kester klar: Diese Nacht soll die letzte sein, ganz oder gar nicht.
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Mit dieser radikalen Haltung stürzt er sich in das nächtliche Hamburg, begegnet Menschen, denen er im Alltag nie begegnet wäre, schillernden, verletzlichen, rätselhaften Figuren, die alle ihre eigene Geschichte mit sich tragen. Doch keine Begegnung, keine Version dieser Nacht erfüllt seinen Traum. Kester sucht weiter, fragt sich, wie sein Leben und sogar sein Tod aussehen soll. Vielleicht denkt er zu viel, vielleicht ist es Blanka, die ihn nicht loslässt. Klar ist: Eine Erzählweise reicht nicht. Die Nacht der Nächte braucht mehr.
Gerade darin liegt der Reiz dieses Romans: Er ist offen, vieldeutig, widersprüchlich und genau deshalb so nah dran an der Wirklichkeit junger Menschen im Umbruch. Der Roman fordert definitiv seine Leser*innen heraus. Er spricht wichtige Fragen an: Was kommt nach der Schule? Was macht das Leben lebenswert? Und wer rettet eigentlich wen? Der Freund, der Engel, oder eine fremde Gestalt in einer Sommernacht?
Der Roman ist nicht die leichteste Kost, aber ein intensives, atmosphärisches Leseerlebnis. Ein Buch für Jugendliche eher ab etwa 16, die Lust auf Tiefe, ehrliche Gefühle und ein bisschen Magie inmitten der Realität haben.
Raphaela Brosseron
Auf dem fast weißen Cover (es hat zarte kleine graue Sprenkel) sehen wir den 17-jährigen Kester, der gerade sein Abiturzeugnis bekommen hat, mit einem brennenden Bengalo in der Hand.
Kester ist der Junge, dem immer alles gelang in der Schule, der ohne große Schwierigkeiten alle Aufgaben lösen konnte und der nun die Nacht nach der Zeugnisvergabe zu einer besonderen machen möchte. Weil seine Freundin Blanka ihn gedrängt hat, ist er mit den Jugendlichen aus seiner Klasse am Strand unterwegs. Es wird getrunken und herumgeschwafelt. Doch Kester hängt sich immer wieder daran auf, dass die Nacht eine besondere, einzigartige werden soll. Muss sie dann auch zwangsläufig die letzte sein? Die anderen wollen feiern und die Nacht genießen, vielleicht später bei Klassentreffen davon schwärmen, doch Kester ist es Ernst. So fährt er mit Blankas Auto nach Hamburg, dort will er erleben, wie es ist, im legendären Bunker zu feiern und zu tanzen. Denn bisher hat er davon nicht viel gehalten, seine Freizeit so zu verbringen. In Hamburg begegnet er Bruno, der behauptet, ein Engel zu sein.
Wie in Sarah Jägers Buch „Die Nacht so groß wie wir“ geht es um die Nacht nach der Abiturzeugnisvergabe, die ja wohl für die jungen Menschen, für die nun ein ganz neuer Lebensabschnitt beginnt, eine ganz besondere ist.
Aber Kester weiß nichts, mit seiner Zukunft anzufangen, er hat keine Pläne und ob er auch weiter „Kester, mein Bester“, der alles kann und weiß, sein wird, ist für ihn fraglich. Die Party der anderen macht ihm keinen Spaß und deshalb will er das ausprobieren, wovon Blanka immer schwärmt, im Bunker tanzen und alles um sich herum vergessen. Er mag nicht tanzen und kann es auch nicht, trotzdem will auch er dieses Gefühl spüren.
Das Buch hat mehrere Abschnitte, die immer durch graue Seiten abgeteilt sind. Während Kester auf den weißen Seiten erzählt, ist der Text der grauen Seiten neutral geschrieben. Die nächste Geschichte fängt früher an als die vorhergehende und das macht das Lesen noch einmal spannender.
Kester ist ein Jugendlicher, der sucht und der seiner Sehnsucht nach dem Tod Ausdruck verleiht, der Gefühle nicht zulassen will und er dadurch noch verletzlicher ist. Keine einfache Lektüre, mit der man sensible Leserinnen und Leser nicht allein lassen sollte.
Dagmar Mägdefrau
People Pleaser – Eine für alle und alle für sich

Anna Dimitrova
Arctis
Leseempfehlung ab 14 Jahre
KORBINIAN -Paul-Maar-Preis 2025
Nina geht es gut, wenn sie anderen helfen kann. Sie bringt ihren besten Freund*innen Frühstück mit in die Schule, schreibt Hausaufgaben doppelt ab. Alles, um zu helfen.
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Vielleicht liegt das auch an ihren bulgarischen Wurzeln: Ihre Mutter hat ihr beigebracht, dass Frauen in ihrer Familie niemals stillstehen dürfen. Ganz anders ihr kleiner Bruder Ivo, der chillt sich durchs Leben als wäre es ein Vollzeitjob.Besonders intensiv lebt Nina ihre „Fürsorge“ gegenüber ihrer besten Freundin Teo aus. Doch bei Theo spürt sie auch eine gewisse Distanz, irgendwas ist anders zwischen ihnen. Und dann ist da noch Aleks, der neue Bad Boy in Theos Leben. Nina geht so weit, ihn "retten" zu wollen, ohne zu merken, dass sie dabei ihre eigenen Freundschaften vernachlässigt.
Nina sieht häufig das Problem vor lauter “People Pleasen” nicht, vor allem nicht, dass das “Pleasen” nicht immer positiv ist. Das ist teilweise so unangenehm, wie sie wirklich gar nicht für sich und ihre Bedürfnisse einsteht, dass es weh tut. Gerade dadurch entstehen aber auch spannende Dynamiken, die zum Nachdenken bringen: Was bedeutet Freundschaft eigentlich, wenn nur eine Seite sich öffnet und die andere immer nur hilft? Ist das wirklich fair? Tut Nina Theo damit überhaupt einen Gefallen?
Auch die anderen Figuren greifen diese Dynamik auf und wirken dabei super echt. Wie schon in Kanak Kids bringt Dimitrova auch hier viel Humor rein. So schlagfertig wie Dimitrovas Figuren wäre ich gerne mal!
Der Roman zeigt, wie es ist, wenn man immer nur für andere lebt und dabei sich selbst vergisst. Woher kommt das? Was ist erlernt, was ist vielleicht auch Erwartung von außen? Und wie oft machen wir Dinge für andere, ohne zu fragen, ob sie das überhaupt wollen? Wie wenn man jemandem immer den letzten Keks überlässt, ohne zu wissen, ob der andere überhaupt Appetit hat.
Ein kluger, zeitgemäßer Roman mit viel Gefühl und Witz, der zum Reflektieren einlädt, ohne belehrend zu sein.
Raphaela Brosseron
Mir sagte der Begriff „People Pleaser“ nichts, deshalb hier die Definition: „...versteht man eine Person, die es allen anderen Menschen recht machen möchte. Nicht selten vergisst der „People Pleaser“ dabei seine eigenen Bedürfnisse.“
Nina orientiert sich an ihrer Mutter, die immer bereit ist, anderen zu helfen. Neben Beruf und Haushalt kümmert sie auch um andere Menschen. So verhält sich auch Nina, die kurz vor dem Abitur steht. Da ihre langjährige Freundin Teo seit zwei Jahren ein Problem mit sich herumschleppt, das auch ihre Freundschaft belastet, besucht Nina eine Therapeutin, damit sie ihrer Freundin helfen kann. Leider gerät Teo auch immer an die falschen Jungs und diesmal ist es Aleks, der ihr gefällt. Aleks hat das Abi nicht geschafft und kommt deshalb neu in Ninas Freundesgruppe. Er tritt selbstbewusst auf und verbringt seine Zeit in einem Gym, um stundenlang zu trainieren. Nina befürchtet, dass Teos Freundschaft zu ihm toxische Züge haben wird und entschließt sich, mittel Deeptalk seinen Charakter zu verbessern. Doch dann erfährt sie, was sich hinter Aleks smarter Fassade verbirgt.
Die Autorin stellt bulgarische Familien so dar, dass die Frauen sich für die Familie aufopfern, während Männer sich bedienen lassen. Entstehen so Vorurteile?
Auf fast 400 Seiten erzählt uns in erster Linie Nina von ihren Bemühungen, immer Hilfe anzubieten und sich ausschließlich über diese Hilfe zu definieren. Damit schreckt sie Teo immer mehr ab und Aleks will sie mit ihren Deeptalks zu einem besseren Freund machen, damit Teo endlich eine gute Beziehung hat. Doch dabei erkennt sie nicht die echten Probleme ihrer Freundin und erst recht nicht ihre eigenen Probleme.
Ein Buch, dass man nicht so leicht vergessen kann und was dazu führt, dass man seine eigenen Motive hinterfragt.
Dagmar Mägdefrau
Academy of Lies – Anatomie einer Verschwörung

Nina Scheweling
Loewe
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Quinn Schreiber hat mit 8 Jahren ein Spenderherz bekommen. Sie weiß: So ein Herz hält vielleicht zehn Jahre, wenn man Glück hat. Doch anstatt sich davon unterkriegen zu lassen, beginnt sie, sich intensiv mit dem Tod zu beschäftigen.
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Nicht, weil sie ihn besiegen will, sondern weil sie ihn verstehen möchte. In einem Tagebuch sammelt sie seit Jahren Todesursachen, analysiert sie und erklärt sie sachlich.
Jetzt schreibt sie sich an der renommierten, elitären Schreiber-Akademie ein, mitgegründet von ihrem Großvater. Auch ihr Bruder studiert dort bereits im zweiten Jahr und scheint in etwas Geheimes verwickelt zu sein. Doch das ist erstmal Nebensache, denn gleich zu Beginn wird Quinn Zeugin eines Mordes. Und zwar an niemand Geringerem als dem neuen Direktor der Akademie.
Quinn hat einen klaren, fast sterilen und emotionslosen Blick auf alles (außer ihren Bruder). Was sie zu einer gut geeigneten Medizinstudentin macht, aber vermutlich würde sie keine gute Ärztin werden. Ihre Art fand ich total spannend, weil sie viele Fragen aufwirft: Darf man sich mit dem Tod abfinden, obwohl man noch lebt? Muss man deshalb aufhören, das Leben zu genießen? Diese Fragen stellt sich nicht nur Quinn, auch ihr Bruder bringt sie ins Spiel.
Toll fand ich, dass Quinn sich im Laufe der Geschichte subtil weiterentwickelt, ohne sich dabei untreu zu werden. Ihr Bruder, der schon auf dem Klappentext erwähnt wird, bleibt lange eher im Hintergrund. Erst gegen Ende wird es um ihn richtig spannend. Deshalb würde ich ihn im Klappentext vielleicht gar nicht extra hervorheben.
Die Akademie, die Verbindung, das medizinische Wissen und die dunkle Atmosphäre schaffen natürlich Spannung und die besagte Dark Academia Stimmung. Zwar empfand ich bei der Handlung zwischendurch ein Plateau, für das rasante Ende, aber wenn man in mehreren Teilen denkt, ist das vielleicht durchaus sinnvoll.
Ein besonderer Thriller mit einer starken Idee, spannender Umsetzung und einer Hauptfigur, die so ganz anders ist als typische Ermittler*innen.
Raphaela Brosseron
Astrid Lindgren – Ein Leben voller Geschichten

Manfred Mai
Hase und Igel
Leseempfehlung für die 5 – 8 Klasse
Die Biografie von Astrid Lindgren wurde hier in einem dünnen Büchlein untergebracht und trotzdem habe ich das Gefühl, dass das Wichtigste aus ihrem Leben hier zu lesen ist. Das Cover zeigt die berühmte schwedische Autorin zusammen mit ihrer bekanntesten Figur, der Pipi Langstrumpf, wie ich sie aus den Filmen der 1970er Jahre kenne.
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In 16 Kapiteln geht es durch die 94 Lebensjahre der Autorin. Ihre Kindheit verbrachte sie in Vimmerby auf einem Bauernhof, ein Vorbild für die Kinder von Bullerbü, wo auch ihr älterer Bruder das Vorbild eines Jungen abgab. Bücher faszinierten die kleine Astrid schon früh und deshalb wollte sie schnell lernen, was diese Schnörkel auf den Seiten bedeuten.
Die einzelnen Kapitel sind kurz und es gibt immer wieder Bilder aus der Zeit, zunächst aus der Kindheit und zum Schluss Fotos, die zeigen, wie hoch dekoriert Astrid Lindgren war. Dabei war sie eine Frau, die Kritik anbrachte, wenn sie es nötig befand und die sich immer wieder für Kinder und ihre Rechte einsetzte.
Keine 100 Seiten zu lesen und so viele tolle Informationen, ein Buch, dass hoffentlich viele Kinder lesen werden, denn es handelt von einer Frau, die es nicht immer leicht hatte und die trotzdem stark durchs Leben ging. Wie ich finde, ein echtes Idol!
Dagmar Mägdefrau
A Poet’s Heart – Broken Artist – Band 1

Rebekka Weiler
Loewe Intense
Verlagsempfehlung ab 16 Jahre
Eine Romance-Geschichte, die unter dem Trope slow burn fällt und wirklich slow und für mich unauthentisch voranschleicht.
Fenn ist eine extrem wortkarge Figur. Warum das so ist, erfährt man erst spät, aber die Erklärung ist durchaus nachvollziehbar.
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Äußerlich wirkt er natürlich absolut makellos, und seine Gedanken kreisen angeblich ausschließlich um tiefgründige Themen. Dass er Musiker ist, macht ihn als einsamen Künstler aus, aber fiktive Musik in Büchern überzeugt mich selten. Auch hier fällt es mir schwer, eine Verbindung zu den Songs aufzubauen, da man nur den Text vor sich hat. Seine englischsprachigen Lieder wirken auf mich eher plump, mit Botschaften, die gefühlt alle „Oh, I wanna talk to you, but I can’t“ aussagen. Dass Yva davon so beeindruckt ist, konnte ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.
Natürlich braucht eine Liebesgeschichte ein Hindernis, das die Figuren zunächst voneinander trennt. Ich hatte allerdings erwartet, dass Yvas traumatisches Erlebnis vom Anfang eine tiefere Rolle spielen würde. Stattdessen gerät es bald in den Hintergrund, was auf mich etwas konstruiert wirkte. Insgesamt fand ich viele Stellen stark kitschüberladen. Auch die Dialoge in den Freundschaften wirkten oft unauthentisch, als würden sie nur dazu dienen, dem Lesepublikum nochmal die Hintergründe zu erklären.
Yva ist recht reflektiert, selbst wenn sie so komische Sachen sagt wie „In seiner Nähe zu sein ist ein Privileg”, sieht sie als Vorzeige-Figur ohne Ecken und Kanten ein, wie toxisch das ist. Es ist aber schön, dass hier eine junge, selbstbewusste Frau im Mittelpunkt steht. Auch das Setting in Stockholm fand ich cool.
Wen all die anderen Punkte nicht stören, wird Freude damit haben. Ich wurde mit dem Roman gar nicht warm, das komische Ende hat es leider nicht retten können.
Raphaela Brosseron
Schloss der Lügen

Mara Rutherford
Arctis W1
Leseempfehlung ab 14 Jahre
„Eldridge Hall war auf Lügen gebaut“ – so beginnt der Roman und sofort wird klar, wie brüchig und vielschichtig dieses Lügengebäude ist. Allein deshalb finde ich den deutschen Titel viel treffender als den englischen A Multitude of Dreams, denn er bringt das zentrale Thema auf den Punkt: Schein und Wahrheit.
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Die Geschichte spielt in einer düsteren, abgeschotteten Welt: Das Königreich Goslind wurde vor Jahren von der Mori Roja, der tödlichen Pest, heimgesucht. Seitdem herrscht auf Eldridge Hall ein bizarrer Alltag: streng geregelt, vollkommen abgeschirmt von der Außenwelt. Niemand verlässt das Schloss, niemand schaut nach draußen. Was passiert, wenn die Vorräte zur Neige gehen, bleibt ungewiss.
Im Mittelpunkt stehen zwei Figuren, deren Fokus kapitelweise wechselt: Prinzessin Imogene, die im goldenen Käfig lebt, und Nico, der draußen überlebt hat, immun gegen die Pest. Als er beginnt, seine Vergangenheit und die offizielle Version der Geschichte zu hinterfragen, stößt er auf eine verstörende Wahrheit: Neben Toten und Überlebenden gibt es auch Wiedergeborene: Mittlerweile blutsaugende Kreaturen.
Eine große Lüge, die mit einer geheimen Identität verknüpft ist, wird recht früh enthüllt, aber ihr voller Umfang entfaltet sich erst nach und nach, was den Spannungsbogen abrundet. Ich habe einige Kritiken gelesen, die den Plot als unlogisch oder unausgewogen bezeichnen, das konnte ich persönlich nicht so nachvollziehen. Klar, manches hätte etwas ausführlicher erklärt werden können, etwa die Herkunft und Natur der Wiedergeborenen, aber insgesamt fand ich die Spannung gut gehalten.
Besonders positiv fand ich, dass das Buch auch gesellschaftlich relevante Themen anspricht, etwa soziale Ungleichheit und Antisemitismus. Das verleiht der Geschichte Tiefe, ohne aufgesetzt zu wirken. Auch der Umgang mit Liebesbeziehungen war für mich erfrischend anders: Es läuft nicht sofort auf die eine große, vorhersehbare Liebe hinaus. Die Figuren begegnen mehreren Menschen, mit denen etwas möglich wäre. Logisch, denn in einer Welt, die von Angst und Isolation geprägt ist, steht Romantik nicht an erster Stelle.
Zugegeben: Ohne den Fantasy-Aspekt hätte mir das Buch vielleicht noch besser gefallen, gleichzeitig wären dann aber auch die Monster, und damit die große, spannende Bedrohung, weggefallen.
Fazit: Wer Geschichten mag, die in einer mittelalterlich angehauchten, düsteren Welt spielen, gerne mit Fantasy-Elementen, aber auch ernsten Themen und glaubwürdigen Figuren, dem*der kann ich Eldridge Hall wirklich empfehlen. Ein Buch, das mehr ist als eine typische Liebesgeschichte und dabei nicht nur an der Oberfläche bleibt. Außerdem ist es ein recht geschlossenes Ende, weil nicht, wie sonst auch gerne üblich, auf eine Trilogie hingearbeitet wird.
Raphaela Brosseron
Theo, Tim, Kurkuma und ich

Margarita Kistner
Tyrolia
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
„In der Küche bin ich dir tausendmal näher als auf dem dämlichen Friedhof. Auch wenn ich zu den Red Hot Chili Peppers tanze [...] überall bin ich dir näher als auf diesem scheußlichen Friedhof.‟
Amelies Stiefvater lebt seit anderthalb Jahren nicht mehr, was ihr Bedürfnis, mit ihm zu sprechen, nur noch größer macht.
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In ihrer Erzählung spricht sie ihn weiterhin mit „Du“ an und baut dabei eine neue, ganz eigene Beziehung zu ihm auf: Sie nimmt ihn mit in ihre Klasse, tanzt zu der Musik seiner Lieblingsband, den Red Hot Chili Peppers, erzählt von Mitschüler*innen, ihrer Leidenschaft für Fotografie, ihren alten und neuen Sorgen als Teenager, der mit einem schweren Verlust leben muss und mit einer Mutter, die die Liebe ihres Lebens verloren hat.
So bekommen wir einen sehr persönlichen und ehrlichen Einblick in Amelies Gefühlswelt. Sie musste plötzlich Verantwortung übernehmen, ihre Freundschaft zu Selina hat sich verändert, und die Fotografie wird für sie zu einem wichtigen Ventil. Und dann ist da noch Theo, ein schräger, aber irgendwie lieber Typ, bei dem sie einfach sie selbst sein kann: ein trauerndes Mädchen, das versucht, mit all dem Schmerz klarzukommen. Und bei allem, was sie tut, ist Stefan in Gedanken dabei, sie fragt sich immer wieder, was er wohl denken würde.
Besonders interessant finde ich, dass die titelgebenden Figuren erst relativ spät alle auftauchen. Das nimmt ihnen nicht ihre Bedeutung, gibt Amelie aber den Raum, erst einmal ihre eigene Geschichte zu erzählen. Auch die Rolle von Kunst und Freundschaft im Trauerprozess wird auf sehr einfühlsame Weise gezeigt.
Eine berührende Geschichte über Trauer, Neuanfänge und darüber, wie sehr ein einziger Mensch fehlen kann, erzählt mit viel Gefühl und von schönen und stimmungsvollen Illustrationen begleitet.
Raphaela Brosseron
Der Duft von Grün

Pamela Sharon
Freies Geistesleben
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Nominiert für den Jugendliteraturpreis 2025
Das Cover ist schwarz und hat oben einige lila und unten einige grüne Punkte, die in Brailleschrift „Duft“ und „Grün“ bedeuten. Raven ist blind und sie trägt zum Ärger ihrer Freundin May-Lin gerne grün, während sie lila bevorzugt.
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Raaf, wie Raven meist genannt wird, erzählt uns ganz genau, wie die Farbe, nachdem sie Lin kennenlernte und sie Freundinnen wurden, in ihr Leben kam. Deshalb hat jedes Kapitel eine Farbe, die die Stimmung von Raaf darstellt. Nachdem Raaf auf der Förderschule sehr gut war, kommt sie in eine Schule, in der sie das einzige blinde Mädchen ist. Die Reaktionen der anderen haben eine Bandbreite von Neugier, guten Ratschlägen bis hin zu Mobbing. Doch Raaf hat Lin an ihrer Seite, die sie begleitet, führt und beschützt. Das sie damit aber auch Raaf einengt und ihr ihre Meinung aufdrängt, bemerkt Raaf nicht. Sie ist ihrer Freundin dankbar und kann sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Ihre Eltern leben getrennt und ihr älterer Brüder wohnt beim Vater, während Raaf auch aus praktischen Erwägungen bei ihrer übervorsichtigen Mutter blieb. Der gefällt Ravens Freundschaft zu May-Lin nicht, denn die schwänzt immer wieder mit Raaf Schulstunden. Doch dann passiert ein schreckliches Unglück und Raven muss sich neu orientieren. Aber es taucht auch Roan, ein künstlerisch begabter jungen Studienabbrecher auf, der ihr eine neue Welt voller Liebe eröffnet.
Raaf sieht sich, das stellt sie selbst immer wieder fest, als Opfer, oft nimmt das Selbstmitleid überhand. Ich glaube, dass man für diese Lebenseinstellung nicht unbedingt blind sein muss, hier hat das Verhalten allerdings einen handfesten Grund. Lin sieht in ihr das Mädchen, und behandelt sie so, allerdings empfind ich ihr Verhalten auch als toxisch. Es ist schön Raafs Liebe zu Roan mitzuerleben und sie beim Selbstständig werden zu begleiten.
Dagmar Mägdefrau
Spark of Time – Ein Date mit Mr. Darcy – Band 2

Kira Licht
one
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Lillys Herz ist gebrochen. Ray – alias Damien – kann ebenfalls durch die Zeit reisen und wollte ihr einst sogar das Zahnrad stehlen. Seine Sorge um seine Schwester Ruby kann Lilly zwar nachvollziehen, doch verzeihen kann sie ihm (noch) nicht.
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Dennoch bleibt ihnen keine Wahl: Sie müssen erneut gemeinsam in die Vergangenheit reisen, denn Damiens Vater erpresst Lilly – mit dem Schicksal ihres eigenen Vaters.
Die Reise führt sie ins England der Regency-Zeit, mitten hinein in das Leben von Jane Austen. Dort treffen sie nicht nur auf die berühmte Autorin von Stolz und Vorurteil, sondern auch auf ihren ganz realen Mr. Darcy. Die gesellschaftlichen Normen dieser Epoche bringen die beiden mehr als einmal in prekäre Situationen – und in große Gefahr. Lilly ist von der historischen Kulisse fasziniert und glänzt mit ihrem geschichtlichen Wissen.
Doch zwischen ihr und Damien knistert es – trotz Vertrauensproblemen ist da etwas. Dieses "Etwas" wird allerdings in einer viel zu ausufernden und unpassenden Sexszene derart übertrieben dargestellt, dass es den Lesefluss stört. Die Szene wirkt fehl am Platz und hätte der Geschichte nicht gefehlt – im Gegenteil.
Auch der Fokus auf die eigentliche Mission geht stellenweise verloren. Die Handlung in der Vergangenheit ist so spannend und atmosphärisch dicht, dass man leicht vergisst, in welcher Gefahr die Figuren eigentlich schweben. Das liegt auch daran, dass Damiens Vater von Beginn an überzeichnet böse dargestellt wird – ohne klare Entwicklung oder Aufbau. Dadurch fehlt es an echter Bedrohung oder Spannung.
Zudem wird am Ende eine weitere Figur plötzlich als Gegenspieler enthüllt, was eher verwirrt als überrascht und die Handlung auf eher merkwürdige Weise weiterspinnt.
Trotzdem: Die historischen Fakten und die Einbindung Jane Austens und ihrer Zeit sind großartig gelungen. Eine tolle Geschichte für Zeitreise-Fans – mit einer Einschränkung: Würde man auf die erwähnte Szene verzichten, wäre das Buch auch für jüngere Leser:innen geeignet.
Raphaela Brosseron
Spark of Time – Rendezvous auf der Titanic – Band 1

Kira Licht
one
Spark of Time
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Eigentlich reist Lilly nur durch die Zeit, um das Antiquariat ihres Vaters am Laufen zu halten. Klingt vernünftig – schließlich muss ja jemand die alten Schätze finden, die wohlhabende Familien längst verloren glaubten.
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Doch als ihr Vater wegen hoher Spielschulden in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, nimmt Lilly einen besonders riskanten Auftrag an. Sie reist allein auf die Titanic, vier Tage, bevor das Schiff untergeht. Und als wäre das nicht schon dramatisch genug, verliebt sie sich dort auch noch in Ray. Eine Liebe, die eigentlich keine Zukunft haben kann …
Zeitreisen sind erzählerisch echt knifflig, weil man sie nicht einfach nur mit Magie erklären kann, schließlich spielt echte Geschichte eine Rolle. Aber genau das ist hier gut gelungen: Die historischen Details rund um die Titanic wirken glaubwürdig und gut recherchiert. Obwohl man natürlich weiß, dass die Titanic sinken wird, verliert sie wohl niemals an Spannung.
Was Damien Belmont bzw. Ray betrifft: Auch er kann durch die Zeit reisen, allerdings fand ich seine Beweggründe weniger überzeugend. Sein Vater wird zu sehr als Antagonist, als “Ober-Bösewicht” dargestellt, während Damien in eine Märtyrer-Rolle gerät. Lillys Perspektiv fand ich daher viel authentischer, es erzählen aber beide abwechselnd.
Wer Gwendolyn und Gideon aus Rubinrot mochte, wird hier auf jeden Fall Parallelen entdecken: Auch hier wird klar, dass Liebe durch alle Zeit nicht gerade hilft, wenn man eine Mission zu erfüllen hat.
Eine klare Empfehlung für alle, die Zeitreise-Stories mit Romantik, Spannung und einem Hauch Geschichte lieben – besonders Fans von Rubinrot werden hier auf ihre Kosten kommen!
Raphaela Brosseron
Der Hund von Baskerville

Athur Coban Doyle
Sidney Paget
Hase und Igel
Verlagsempfehlung ab 5./6./7. Klasse
Wie die meisten von uns kenne ich die Geschichten von Sherlock Holmes nur aus Filmen und Fernsehproduktionen. Ich habe nur einige wenige Bücher gelesen. Dieses Buch über den unheimlichen Hund von Baskerville ist in großen Buchstaben gedruckt, verfügt über einige Schwarz-weiß-Zeichnungen und ist auf unter 160 Seiten gekürzt zu lesen.
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Dr. James Mortimer berichtete Holmes von dem Fluch der Baskervilles, einer Sage, die von Hugo Baskerville berichtet. Er war ein skrupelloser Mann, der ein Bauernmädchen mit einer Hundemeute hetzte, der aber selbst von einem „riesenhaften, schwarzen Hund“ getötet wurde. Mortimers Freund Charles Baskerville ist nun ebenfalls auf rätselhafte Weise zu Tode gekommen und neben seiner Leiche wurden Spuren eines großen Hundes gefunden. Der berühmte Detektiv aus der Baker Street in London schickt seinen Freund Dr. Watson nach Baskerville, er soll dem Höllenhund, der dort sein Unwesen treibt, auf die Spur kommen.
Ein klassischer Kriminalfall, der nichts von seiner Spannung eingebüßt hat und der hier gut lesbar aufbereitet wurde. Zu empfehlen für Jugendliche, die sich vor dicken Büchern scheuen oder für Menschen, die sich schnell über diese spannende Geschichte informieren möchten.
Dagmar Mägdefrau
Hunting Souls – Unsere verräterischen Seelen – Band 1

Tina Köpke
Coppenrath
Hunting Souls
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Das eindrucksvolle Cover und der stimmige Titel bereiten perfekt auf den Inhalt vor. Die Geschichte dreht sich um Katrina, deren untote Existenz viel besser zu ihr passt als ein menschliches Leben. Gefühle zeigt sie nur gegenüber ihren Vampir-Eltern und ihrer Hexenschwester.
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Denn entgegen allen Erwartungen können Wesen unterschiedlicher Art eine Familie bilden und unauffällig unter Menschen leben. Die größte Bedrohung für sie sind jedoch die Jäger – weshalb es für Katrina eine bittere Ironie ist, dass sie ausgerechnet durch einen Fluch an den 18-jährigen Tate gebunden wird, der aus einer Jägerfamilie stammt. Widerwillig müssen sie zusammenarbeiten, doch mit der Zeit gewöhnen sie sich aneinander. Ist es das magische Band zwischen ihnen – oder beginnt Katrina wider Erwarten, echte menschliche Gefühle zu entwickeln?
Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass hier typische Klischees bedient werden: Die unnahbare, "besondere" Protagonistin, die dadurch für den männlichen Gegenpart besonders reizvoll wird, oder eine klassische Enemies-to-Lovers-Geschichte, wie man sie schon oft gelesen hat – diesmal eben mit übernatürlichem Touch. Doch glücklicherweise geht die Erzählung einen anderen Weg. Katrina und Tate lernen sich auf eine authentische Weise kennen, und es ist nicht ihre Gegensätzlichkeit, die sie anzieht, sondern die Gemeinsamkeiten, die sich im Laufe ihrer unfreiwilligen Partnerschaft zeigen. Besonders gelungen ist, dass beide ihre eigene Perspektive erzählen dürfen, was ihre Charaktere noch greifbarer macht.
Auch die Fantasywelt rund um die beiden ist stimmig und gut durchdacht. Zwar gibt es einige Passagen, die sich etwas ziehen und manche Entwicklungen sind vorhersehbar, doch die starke Dynamik zwischen Katrina und Tate gleicht das aus. Da die Geschichte in einem zweiten Teil fortgesetzt wird, hoffe ich auf einige unerwartete Wendungen – denn am Ende dieses Bandes blieb ich etwas ratlos zurück, wie es weitergehen könnte. Allerdings würde ich das Buch eher ab 16 Jahren empfehlen, immerhin wird von der sexuellen Anziehung Volljähriger erzählt.
Raphaela Brosseron
Zweiklang

Elin Hansson
Arctis
Leseempfehlung ab 14 Jahre
Liebe-Buchtipp April 2025
Obwohl das Cover sehr japanisch anmutet, spielt die Geschichte in Norwegen, allerdings übernimmt ein japanischer Dozent eine wichtige Rolle ein.
Torleif bezeichnet sich selbst als queer und das Internat in der Stadt macht ihm auch gar keine Schwierigkeiten.
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Seinen besten Kumpel Kim, der ebenfalls homosexuell ist, unterstütze ich sehr, denn er ist bei seiner Mutter sehr frei aufgewachsen.
Torleif hingegen hatte in seinem Heimatdorf Probleme mit den Vorurteilen der anderen Bewohner, deshalb hat er seine sexuelle Ausrichtung auch immer verschwiegen. Seit dem Tod seiner Mutter hat er es auch vermieden, nach Hause zu Vater und Bruder zu fahren, deren großes Hobby die Jagd ist. Doch dann hat sein Großvater, den er Goffa nennt und der ein großer Geigenbauer ist, einen Schlaganfall und Torleif fährt zu seiner Unterstützung in das kleine Dorf in den Bergen. Schon bald trifft er auf seinen alten Freund, der sich außer, dass er dicker geworden ist, nicht verändert hat. Torleif spielt selbst sehr gut Geige und wird von Anne, seiner alten Dozentin, gebeten, sie zu vertreten. So lernt er den japanischen Künstler Horimyo kennen, von dem er sich magisch angezogen fühlt.
Das Buch zeigt, wie schwer es ist, sich zu outen und seiner Umgebung zu gestehen, dass man queer ist. Torleif ist ein junger Mann, der die Trauer um seine Mutter immer noch nicht verarbeitet hat und der von seinem Vater und seinem älteren Bruder keine Unterstützung erwartet. Ganz anders ist sein Verhältnis zu seinem Goffa. Der alte Mann kann die Gefühle seinen Enkels gut erkennen und er gibt ihm immer wieder Mut, sich dem Leben zu stellen.
Toreif erzählt seine Geschichte in dem Buch selbst, so konnte ich seine Gefühle sehr gut mitempfinden und mit ihm leiden. Ein sehr sensibel geschriebenes Buch mit viel Musik (die Playlist kann man herunterladen) und wundervollen Aussagen. Zitat Goffa: „Jeder muss so sein dürfen, wie er ist.“
Dagmar Mägdefrau
Hotel Ambrosia – Du. Entkommst. Nicht.

Katie Kento
one
Verlagsempfehlung junge Erwachsene
Die 17-jährige Robyn ist ein großer True-Crime-Fan und wohnt passenderweise direkt gegenüber dem Ambrosia-Hotel, das eine düstere Vergangenheit voller Verbrechen und Mysterien birgt. Fasziniert von diesem Ort schreibt sie ihrer Lieblings-Podcast-Hostin Ivy von Whispering Ivy eine E-Mail und weist sie auf das Hotel hin.
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Ivy ist sofort Feuer und Flamme und bittet Robyn, auf ihren Namen und mit ihrer Bezahlung dort einzuchecken, um Material für den Podcast zu sammeln. Doch Robyn leidet an ME/CFS – einer Krankheit, die ähnliche Symptome wie Long Covid hat und sie an schlechten Tagen ans Bett oder in den Rollstuhl fesselt. Vielleicht gerade deshalb hat sie das Hotel von außen bereits in- und auswendig studiert und ist regelrecht besessen davon.
Als plötzlich A.J., ein obdachloser Jugendlicher, in ihrem Appartement auftaucht, überredet sie ihn, für sie im Ambrosia einzuchecken. So erhält sie doch eine – wenn auch widerwillige – Innenperspektive. Während Robyn aus sicherer Entfernung die Stellung hält, setzt sich A.J. zunehmend in Gefahr. Und all das muss sie vor ihrer Großtante Nelly verheimlichen, die sich ohnehin Sorgen um sie macht.
Mit der Perspektive einer eingeschränkten Beobachterin erinnert der Thriller unweigerlich an Hitchcocks Das Fenster zum Hof, was Robyn selbst thematisiert. Auch ihre Leidenschaft für True-Crime-Podcasts weckt Assoziationen zu Holly Jacksons A Good Girl’s Guide to Murder. Doch dieser Thriller ist weit mehr als eine bloße Hommage – er überrascht mit einer innovativen, unvorhersehbaren Story. Obwohl Robyn das Geschehen nicht aktiv beeinflussen kann, bleibt die Spannung konstant hoch. Das Setting ist beinahe kammerstückartig, doch die Atmosphäre ist so intensiv und realistisch, dass es an nichts fehlt.
Robyns Fixierung auf das Hotel wirkt absolut glaubwürdig – schließlich ist es ihre einzige Ablenkung von der Krankheit. Zu den Menschen, die sie über die Zeit beobachtet hat, entwickelt sie fast eine parasoziale Beziehung und gibt ihnen Namen aus der griechischen Mythologie. Ihre Skizzen des Hotels und der Bewohner ergänzt sie mit A.J.s Erkenntnissen, was für eine faszinierende Struktur sorgt. Die Dynamik zwischen Robyn und A.J. ist ebenfalls ein Highlight: Sein trockener Humor und seine pragmatische Art bringen eine willkommene Prise Leichtigkeit in die düstere Geschichte.
Als Robyn beginnt, an ihrem Verstand zu zweifeln, verschwimmen auch für die Leser:innen die Grenzen zwischen Realität und Fieberwahn. Und gerade, wenn man glaubt, das Rätsel durchschaut zu haben, sorgen unerwartete Wendungen dafür, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Ein absolut modernes Highlight für alle Thriller- und True-Crime-Fans!
Raphaela Brosseron
Kristinas Mutprobe

Carolin Philipps
Petra Dorkenwald
Hase und Igel
Verlagsempfehlung Klasse 5, 6 und 7
Die zwölfjährige Kristina lebt mit ihrer Mutter in einer nicht sehr guten Wohngegend, hier gibt es kleine Hochhäuser, die immer wieder besprayt werden. Aufgrund der Berichterstattung in der Zeitung hat Kristinas Mutter Angst, wenn ihre Tochter hier alleine unterwegs ist. Da sie schon nach Schulschluss und dann bis in den später Abend arbeitet, muss Kristina allein in der Wohnung bleiben.
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Das ist natürlich sehr langweilig, auch wenn sie genügend Videospiele zur Verfügung hat. Doch dann klopft Tobias, der Chef einer Sprayerbande, an ihre Wohnungstür und weil sie seine Angst spürt, lässt sie ihn in die Wohnung. So wird die Wohnung zum Hauptquartier der Jungen, obwohl sie im Gebiet einer anderen Bande liegt und deren Chef Kristina unter Druck setzt.
Zusammen mit den Jungen erlebt Kristina gefährliche Abenteuer, aber erst als sie, um zur Bande zu gehören, eine Mutprobe ablegen soll, muss Kristina eine Entscheidung treffen.
Im Buch geht es ums Sprayen, um U-Bahn-Surfen und Steine auf die Autobahn werfen. Nicht alle Aktionen bleiben ohne Folgen und da denke ich, werden die Leser*innen sich Gedanken machen müssen und Position beziehen. Kristinas Leben bekommt durch die Jungen viel Spannung, aber sie entfernt sich auch immer weiter von ihrer Mutter, ihre Noten leiden und letztlich nutzen die Jungen sie auch aus. Am Rande geht es auch um zerbrochene Biografien und häusliche Gewalt, alles Themen, die sicher jugendlichen Leser*innen nicht fremd sein dürften.
Das Buch wird in elf Kapiteln erzählt, es gibt einige farbige, erläuternde Bilder dazu. Die Identifikation mit den Protagonisten wird den Leser‘*innen wohl nicht allzu schwerfallen.
Dagmar Mägdefrau
Die 12-jährige Kristina verbringt ihre Nachmittage alleine in der Wohnung und fühlt sich wie eingesperrt, denn ihre alleinerziehende Mutter ist bis zum späten Abend arbeiten und traut Kristina nicht zu, sich in der Zeit außerhalb der vier Wände zu bewegen. Faktisch ist das Leben auf den Straßen vor dem Wohnungskomplex, in dem die beiden leben, gar nicht mal so sicher, dafür recht lebendig: Zwei Banden treffen dort aufeinander, die sich als Gegner verstehen. Dieser kleine Krieg macht nicht vor Kristinas Haustür halt, und Tobias flüchtet zufällig zu ihr. Da die Mutter nie da ist, scheint die Wohnung das perfekte Bandenquartier zu sein…
Kristina wird schnell ein Teil der Bande aus 14-jährigen Jungen und lernt die anderen Extremen des Lebens kennen: Nervenkitzel und Gefahr. Vom Sprayen bis hin zu gefährlichem S-Bahn-Surfen, die Langeweile treibt die Truppe zum Äußersten. Für mich war am eindrucksvollsten, wie die Beweggründe der Jugendlichen zu solchem Leichtsinn deutlich wurden: zum einen die Langeweile, zum anderen der Mangel an Alternativen. Klar, die anderen aus der Klasse können sich mit Geld ein Surfbrett holen und in den Urlaub fahren, Kristina halt nicht. Da ist das S-Bahn-Surfen für sie und die anderen eine logische Alternative.
Gott sei Dank zeigt der Roman deutlich die Konsequenzen dieses Trends auf, der tödlich sein kann. Auch die letztliche Mutprobe ist gefährlich und Kristina muss sich überlegen, was Mut eigentlich wirklich ist.
Nach dem Lesen ist mir klar, warum das Buch eine beliebte Schullektüre ist, wohl auch schon seit langem. Es ist halt alles sehr kompakt geschrieben, viele Aspekte würde man normalerweise mehr ausarbeiten. Das aktuelle Cover ist recht modern gestaltet, weswegen mir fast gar nicht aufgefallen wäre, dass die Geschichte schon 2011 veröffentlicht wurde. Eine wichtige Lektion über Mut.
Raphaela Brosseron
Das Buch gibt es auch als X-light-Version, zusätzlich werden Materialien für die Klassenlektüre angeboten.
Brennendes Wasser

Lukas Erler
Arena
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Nach der Wiederwahl Trumps wird das Thema Fracking wieder aktuell werden. Dieses Buch, das erstmals 2014 erschienen ist, nimmt sich dem Thema als Thriller an.
In der Nähe von Kantheim im Norden Deutschland beobachten drei junge Leute, wie ein wunderlicher alter Mann das Wasser aus dem Hahn mit seiner Pfeife ansteckt und mit dem Haus in die Luft fliegt.
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Caro gibt den Vorfall zu Protokoll und zieht damit das Interesse eines Managers aus Toronto auf sich. Zeitgleich dringt der Bauernjunge Gary in die Chefetage eines Gaskonzerns ein und zwingt die Manager, „unbedenkliches“ Wasser zu trinken. Seine Anwältin kann ihn vor einer Verurteilung bewahren, doch der Konzern will Rache.
Gut recherchiert, wird hier über die Folgen von Fracking berichtet, über Manager, die für ihren Reibach buchstäblich über Leichen gehen. Mich erschreckt es immer wieder, was wir unserer Natur und dem Lebensraum von Mensch und Tier antun, nur um an fossile Energien zu kommen. Spannende Verfechtungen, glaubwürdig konstruierte Szenarien machen dieses Buch zu einem Thriller besonderer Güte.
Gut zu lesen und voller Spannung.
Dagmar Mägdefrau
In Kantheim entfacht nach jugendlichem Leichtsinn ein flammendes Drama, als das Haus, in dem der ulkige Alte eben noch getanzt hat, in Brand gerät. Caro, Josh und Speedy hatten ihn dabei beobachtet und gefilmt, sie landen nach schweren Verletzungen im Krankenhaus. Caro ist sich sicher: Das, was sie gesehen hat, war nicht normal, doch das Video ist vorerst verschwunden. In Colorado zwingt Gary die hohen Tiere einer Öl- und Gasfirma, ihr eigenes verschmutztes Wasser zu trinken – eine Konsequenz des Frackings.Auch wenn man grob weiß, dass die Öl- und Gaskonzerne Umwelt nicht zu ihrer höheren Priorität zählen, wird das Problem des Fracking hier sehr deutlich und die Folgen wie “brennendes Wasser” erreichen hier sogar Deutschland. Die brisante Verbindung zwischen beiden Vorfällen wird schnell enthüllt und die Bedrohung für die deutschen Jugendlichen steigt. Der Thriller verwebt geschickt Amerika und Deutschland, macht das brisante Fracking-Thema greifbar und verleiht der Geschichte eine fesselnde Realität. Bis zuletzt bleibt es spannend, wobei die Verknüpfung von Fiktion und realen Umweltproblemen gekonnt für Spannung und Wissensvermittlung sorgt. Ich kann mir das Buch gut als Schullektüre vorstellen, die Handlung ist natürlich manchmal einfach gestrickt, aber das darf das Genre, das Thema erscheint mir gut recherchiert und aufgearbeitet.
Raphaela Brosseron
Kindergarten WARS 01

You Chiba
Loewe
Verlagsempfehlung ab 16 Jahre
Ein Auftragskiller wird auf einen kleinen Jungen angesetzt. Der befindet sich in einem Elite-Kindergarten, ist dort jedoch nicht allein. Ihm zur Seite steht eine junge Erzieherin – die allerdings selbst mehr ist, als sie zunächst scheint:
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Rita ist eine ehemalige Häftling und Mörderin, deren eigentlicher Auftrag darin besteht, genau diesen Kindergarten zu beschützen. So schaltet sie nicht nur den Killer mit den schönen schwarzen Haaren aus, sondern erledigt im Verlauf von sieben Kapiteln noch weitere Bedrohungen.
Soweit die Handlung – aber ehrlich gesagt: Ich habe überhaupt keine Ahnung, an welche Zielgruppe sich dieser Manga richten soll. Ich jedenfalls gehöre nicht dazu. Die Geschichte springt ohne wirklichen Aufbau mitten hinein in eine Szene, in der ein Auftragsmörder offenbar keinerlei Skrupel hat, ein Kind zu töten. Von da an folgen fast ausschließlich Gewalt, überzogene Action und zusammenhanglose Wortfetzen in den Sprechblasen. Für mich ergibt das weder eine schlüssige Handlung noch eine durchdachte Erzählweise.
Ich finde den Manga weder clever noch spannend inszeniert – eher ziemlich trashig. Und ich glaube nicht, dass das an der Textsorte „Manga“ liegt. Natürlich unterscheidet sich das Genre von klassischer Literatur, aber ich habe durchaus auch Mangas gelesen, die eine nachvollziehbare Handlung, Charme oder zumindest etwas Humor hatten. Dieser hier fällt für mich in keine dieser Kategorien.
Sehr seltsames Werk – ich kann es leider niemandem weiterempfehlen. Offenbar kommt es trotzdem bei manchen Leser*innen an, aber mir erschließt sich nicht, warum.
Raphaela Brosseron
Auf dem Cover bedroht uns Rita, die Killerin, die in einer Kita Kinder beschützen soll, mit einer Schusswaffe. Wie bei klassischen japanischen Mangas üblich wird auch dieses Buch von hinten nach vorn gelesen und auch die Seiten sind von rechts nach links aufgebaut. So ganz einfach war das Lesen dadurch für mich nicht.In den Kindergarten Löwenzahn gehen Kinder berühmter Elter. Sie sind deshalb ständig in Gefahr, entführt oder getötet zu werden. Rita kam aus dem Gefängnis in die Kita, um die Kinder zu beschützen. Nach einem Jahr guter Arbeit käme sie frei.
Allerdings sucht Rita auch einen schönen Mann, den findet sie bei ihrem ersten Fall, doch da der Mann, die von Rita gestellte Frage in Ritas Sinne nicht richtig beantwortet, erschießt sie ihn kaltblütig. Die zweite Geschichte entspricht der Ersten in Variationen, auch hier wird der Killer erschossen.
Sieben Kapitel beinhaltet das Buch und es werden dutzende von Verbrechern erschossen oder auf andere Art liquidiert. Eine kleine Episode spielt in der Kita und alle singen gemeinsam mit den Kleinen ein Lied. Das Buch beginnt mit „Vorhang auf für diese Action-Komödie…“. - Ich habe vielleicht den falschen Humor, aber ich finde an so vielen Toten und so viel Blut (zum Glück ist das Buch nur schwarz-weiß gedruckt) wirklich nichts lustig.
Ich war sehr neugierig auf diese Form der Literatur und bin zumindest von diesem Buch enttäuscht, auch wenn die Autorin in Japan für diese Serie gefeiert wird.
Dagmar Mägdefrau
Kaugummis machen nicht satt

Katia Simon
Hase und Igel
Verlagsempfehlung Klasse 7, 8, 9 und 10
Marie möchte als Sängerin Siria einen Talentwettbewerb gewinnen, ihre beste Freundin Hilda hilft ihr dabei. Doch in Hildas Zuhause sieht sie das, was sie zuhause so schmerzlich vermisst: Liebende, fürsorgliche Eltern und Geschwister.
Abwechselnd schildern Hilda und Marie die Ereignisse der Tage bis zum Wettbewerb – Tage voller Höhen und Tiefen.
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Maries schwerwiegende Essstörung tritt zunehmend zutage, und Hilda stößt auf einen beunruhigenden Hinweis: Maries heimlichen TikTok-Kanal. Unter dem Hashtag #Thinspo veröffentlicht Marie sogenannte Bodychecks, die auf ihre problematischen Gedanken und ihr gestörtes Selbstbild hindeuten. Hilda reagiert genau richtig, reicht Marie eine helfende Hand und bietet ihr Unterstützung an. Doch Marie muss erst auf schmerzhafte Weise selbst erkennen, dass sie Hilfe braucht.
Parallel laufen die Vorbereitungen für den Wettbewerb auf Hochtouren. Die Spannung steigt, als eine Jungsgruppe als ernstzunehmende Konkurrenz die Bühne betritt und die Dynamik aufmischt.
Die Geschichte zeigt die Perspektiven beider Freundinnen: einerseits die äußere Wahrnehmung einer Essstörung und andererseits Maries inneren Kampf. Besonders eindrücklich wird beschrieben, wie Marie ihre Probleme geschickt zu verbergen versucht – mit Ausreden, warum sie nicht essen kann, oder dem überzeugenden Vorspielen, bereits gegessen zu haben. Es zeigt sich, dass eine Essstörung mehr als das ist: Sie ist oft mit tiefliegenden Gefühlen und Gedanken verbunden, wie Perfektionismus, Selbstzweifel und dem belastenden Gefühl, nie gut genug zu sein.
Marie merkt, dass sie nicht alleine ist und hoffentlich viele Leser*innen auch, bei welchen Problemen auch immer.
Raphaela Brosseron
Sowohl der Titel als auch das Coverbild weisen auf das Thema des Buches hin. Magersucht ist leider ein häufiges Problem Jugendlicher. Marie, deren großer Traum es ist, Sängerin zu werden, hat sich im Jugendhaus zu einem Wettbewerb angemeldet. Sie übt mit ihrer besten Freundin Hilda auf deren Dachboden. Hildas unterstützt ihre Freundin nicht nur als Backgroundsängerin.
Meist sind die beiden nach der Schule bei Hilda, deren große Familie zusammen in einem Haus wohnt. Hier gibt es immer ein gutes Mittagessen, denn Hildas Oma, die sich politisch engagiert, kocht sehr gut für alle. Aber niemand bemerkt zunächst, dass Marie immer neue Ausreden findet, um nicht mitessen zu müssen. Sie selbst lebt bei ihren Eltern, die beide sehr viel Zeit in ihrer Firma verbringen und von Marie exzellente Schulleistungen erwarten. Marie möchte ihre Eltern mit ihrem öffentlichen Auftritt überraschen und hofft auf ihren Sieg.
Doch als die beiden Mädchen den perfekten Auftritt einiger Mitschüler erleben, ist Marie nicht mehr von ihrem Können überzeugt. Frustriert will sie den Wettbewerb absagen.
Hilda erkennt langsam Maries Problem und informiert sich, wie sie der Freundin helfen kann.
Gleichzeitig begegnet ihr Arian, der mit den Staircase Boys auftritt, und sie ist sich ihrer Gefühle nicht ganz sicher, sie mag Arian, will aber Marie nicht verraten.
Die zwanzig Kapitel werden abwechselnd von den beiden Mädchen erzählt, da neben der Überschrift immer ein kleines Bild zu sehen ist, war leicht zu erkennen, wer da erzählt. So konnte ich sehr gut die Gefühle und Sichtweisen der Protagonistinnen nachempfinden. Besonders Maries Gedanken, die ihre Magersucht rechtfertigen sollen und zeigen, dass sie in erster Linie die Kontrolle behalten möchte, fand ich sehr berührend. Die Erwartungen der Eltern und ihr Ehrgeiz beim Wettbewerb haben Marie einfach überfordert. Wie schön, dass sie in Hilda ein gute und aufmerksame Freundin hat.
Neben der spannend erzählten Freundschaftsgeschichte gibt es viele Informationen über die Magersucht. Meine Tochter las als Jugendliche ebenfalls ein Buch zu diesem Thema und hat deshalb die Magersucht einer Freundin erkennen können. Deshalb ist es gut, über das Thema informiert zu sein und diese Informationen bietet dieses Buch gut verpackt. Die positive Darstellung der Beratungsstelle fand ich sehr gelungen.
Dagmar Mägdefrau
Die Elite von Ashriver – Hidden Secrets – Band 1

Valentina Fast
one
Hidden Secrets
Verlagsempfehlung ab 16 Jahre
Dieses optisch beeindruckende Buch mit seinem tiefroten Farbschnitt, einem Titel, der Geheimnisse verspricht, und der goldenen Schrift scheint direkt aus der Welt der Dark Academia zu stammen. Die Protagonistin Jade, die zugleich eine der Erzählerfiguren ist, erfüllt sich ihren Traum, an der renommierten Ashriver Academy aufgenommen zu werden. Doch mit ihrem Neuanfang verbinden sich düstere Geheimnisse, die niemand ans Licht bringen darf…
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Jade ist eine Sirene und an der Akademie endlich unter Gleichgesinnten. Die Schule unterteilt ihre Schüler in acht übernatürliche Spezialbereiche, darunter Seher, Tierwandler, Elementare, Magier und eben Sirenen. Als Sirene übt Jade eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf andere aus, was ihr in der Vergangenheit bereits zum Verhängnis wurde. Gleich an ihrem ersten Tag trifft sie auf den charmanten Ash, zu dem sie sich auf magische Weise hingezogen fühlt. Doch Ash ist mit ihrer Cousine befreundet, die Jade gegenüber alles andere als wohlgesinnt ist …
Wer nun auf eine tiefgründige, übernatürliche Welt und spannende Einblicke ins Akademieleben hofft – wie es das Dark-Academia-Versprechen suggeriert – könnte enttäuscht werden. Außer gegen Ende, als es um die Prüfungen geht, bleibt die Handlung in erster Linie auf romantisches Drama fokussiert. Die Anziehung zwischen Ash und Jade, den beiden Erzählerfiguren, erscheint wenig nachvollziehbar und scheint vor allem auf äußerlicher Attraktivität zu beruhen.
Jade selbst ist jedoch eine interessante Protagonistin mit Ecken und Kanten, die ernsthaft daran interessiert ist, ihre magischen Kräfte zu beherrschen. Leider bleibt die magische Welt insgesamt unterentwickelt und ohne klare Konturen, sodass ich kurz nach dem Lesen schon vergessen habe, warum es sich überhaupt um Romantasy und nicht nur Romance handelt. Gar nicht gefallen haben mir diverse übertrieben antagonistisch gezeichnete Charaktere wie Jades Mutter oder Ezra. Ich finde, das zeugt immer von einer gewissen narrativen Faulheit, um Handlungsstränge später einfach auflösen zu können.
Insgesamt war der Schreibstil jedoch echt fesselnd, nicht weiterlesen war nie eine Option. Vielleicht birgt der zweite Teil der Reihe das, was mir im ersten fehlt, ich bin gespannt.
Raphaela Brosseron
Zeit heilt keine Wunden – Das Leben des Ernst Grube

Hannah Brinkmann
avant-verlag
keine Altersempfehlung
Ernst Grube, über dessen Leben diese Graphic Novel erzählt, ist als alter Mann auf den Cover abgebildet. Neben den Judenstern ist sein Mitgliedsbuch der KPD und ein Abzeichen der FDJ abgebildet. Zunächst ist ein Zitat von Gerty Spies über „Des Unschuldigen Schuld“ abgedruckt, das mich wieder sehr nachdenklich macht.
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Der erste Teil des Buches ist mit „Die Kindheit überleben“ überschrieben. Herr Grube erzählt Schüler*innen eines Gymnasiums von sich. Einige große Illustrationen bilden verschlungen menschliche Augen ab, dazu ist eine Verordnung aus dem Jahr 1935 zu lesen, die beschreibt, wer zu dieser Zeit als Jude gilt. Clementine Grube, Ernsts Mutter, wirkt mit ihrer Brille sehr streng. Sie ist mit einem Arier verheiratet und hat mit ihm drei Kinder, die beiden großen Jungen und ein Mädchen, das im Laufe der Erzählung geboren wird. Hier taucht zum ersten Mal der Hahn auf, der im weitesten Sinne für die Nazis steht. Da die Wohnsituation für die Familie immer schwieriger und die Nahrungsbeschaffung immer schlimmer wird, entscheiden sich die Eltern, ihre Kinder in eine jüdisches Kinderheim zu geben. Hier werden die Kinder sehr gut versorgt und die Erzieherin ist sehr gewissenhaft. Die Illustrationen werden zu Ende immer krasser und aufrüttelnder. Am Ende sehen wir die sowjetische Fahne und den Satz „Wir sind frei.“
Im zweiten Teil wird „Eine deutsche Karriere“ geschildert. Er handelt von dem Juristen Kurt Weber, den seine jüdische Verlobte verlässt, weil ihm seine Kariere wichtiger ist als alles sonst. So tritt er, trotz seiner Bedenken, in die NSDAP ein und fordert Urteile im Namen des NS-Staates. Doch er schafft es, nach Ende der NS-Zeit als „Entlasteter“ anerkannt zu werden.
„Der lange Prozess“ berichtet vom inzwischen erwachsenen Ernst Grube, der sich in der FDJ verstanden und anerkannt fühlt. So wird er als verheirateter Mann und Vater Flugblätter in der inzwischen verbotenen KPD transportieren. Er wird angeklagt und trifft so auf den Richter Kurt Weber.
Einiges in diesem Buch war für mich unbekannt und wenn ich inzwischen weiß, dass die selben Menschen in der NS-Zeit und danach Ämter bekleideten, wurde für mich dadurch diese Geschichte noch intensiver, auch aufgrund der vielen aufrüttelnden Bilder. Und die Frage "Wie hätte ich mich verhalten?" bleibt wieder lange Zeit im Kopf.
Dagmar Mägdefrau
Ginette Kolinka – Adieu Birkenau – Eine Überlebende erzählt

Victor Matet
Cesc
Splitter
Ohne Altersangabe
In dieser Graphic Novel lernen wir die französische Jüdin Ginette Kolinka kennen. Auf dem Cover ist sie auf den Schienen, die sie selbst mit verlegt hat, als alte Frau zu sehen ist, neben ihr als Schatten sehen wir sie als junge Frau, im Hintergrund das Tor nach Birkenau.
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Ginette Kolinka ist mit einer französischen Schulklasse unterwegs in das Lager, in dem sie einige Jahre gefangen wurde. Sie will ihnen vom Holocaust erzählen, damit es weiterhin Menschen gibt, die sich erinnern und die verhindern werden, dass so ein Unrecht noch einmal geschieht.
Das Buch beginnt mit der Geburt ihres Sohnes, der sich später wundert, dass nicht alle Mütter eine Nummer auf dem Arm haben. Erst als ihm ein Buch über Auschwitz in die Hände fällt, werden ihm die Zusammenhänge klar. Dann lernen wir die alte Ginette Kolinka kennen, sie macht Sport und es gibt viele Anfragen an sie, dass sie in Schulen aus ihrer Zeit in den Lagern berichtet. So reist sie mit einer Klasse nach Birkenau. Hier wechseln die Gegenwart und ihre Erinnerungen miteinander ab. Sie erzählt und dann kommen die Bilder aus der Zeit. Zunächst schafft es die Familie, sich mit falschen Papieren in einen andere Stadt zu retten, doch dann wird Ginette mit ihrem Vater und ihrem Bruder in den Osten gebracht. Sie spricht davon, wie naiv sie war, dass sie glaubte, dass sie hier nur arbeiten sollten und hat erst später begriffen, dass es Glücksache war, dass sie diese Zeit überlebt hat. Wenn auch ihre Mutter sie wegen der kurzen Haare und ihrem Untergewicht für ihren jüngern Bruder gehalten hat.
Ginette Kolinka ist trotz ihrer schrecklichen Erfahrungen eine fröhliche und freundliche alte Dame, die sich auch mal gerne einen Scherz erlaubt. Ihr Enkel spielt in einer Band namens Téléphone und am Ende des Buches können wir einen Liedtext nachlesen, den sie für Ginette gesungen haben. Im Anhang des Buches sind auch noch einige Dokumente zu sehen, so ein Foto von Ginette als Kind.
Durch die Comic-Form ist die Geschichte sehr gut zu lesen, der Wechsel der Zeiten ist durch die Bilder sehr gut nachzuvollziehen.
Dagmar Mägdefrau
Who´s to Blame

Silke Heimes
Ueberreuter
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Es sollte eine normale Schulstunde kurz vor den Ferien werden …
Wir erfahren gerade mal, dass der Deutsch-LK zu einer Podiumsdiskussion am Nachmittag antanzen soll und davon ein wenig genervt ist, da kommt schon der fahrige Lehrer rein, verschließt die Tür und holt eine Waffe heraus.
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Genauso überrascht wie wir, halten die Schüler*innen das zunächst für einen Scherz, einen etwas komischen Einstieg. Bis sie den Ernst realisieren. Doch irgendwie wird nicht klar, worum es Herrn Riedl geht - er faselt von Gerechtigkeit und Schuld, anscheinend gibt er einigen der Schüler*innen ausgerechnet Schuld an dem Tod seiner Frau. Ein Spiel soll entscheiden, wer gehen darf und wer bleibt. Richtig Kontrolle hat niemand über die Situation, weder der verzweifelte Herr Riedl, noch die Schüler*innen, die versuchen, Antworten zu geben, die ihm gefallen, noch die Polizisten, die draußen stehen - eine davon ist auch Sams Tante und Sam sitzt im besagten Klassenraum.
Entgegen allen Erwartungen entfaltet sich die Situation als hochbrisant – doch auf eine völlig unerwartete Weise. Herr Weidl ist kein reiner Geiselnehmer, sondern ein zutiefst gebrochener Mensch, dessen Verzweiflung den Schüler*innen ihre eigenen Schwächen und Unsicherheiten vor Augen führt. Doch macht diese Verletzlichkeit seine Taten nachvollziehbarer? Kann man für jemanden Mitleid empfinden, der einem gerade Schaden zufügt?
Diese Situation wirft tiefgehende Fragen über die Menschlichkeit auf: Wer hält in solch extremen Momenten zusammen? Im Leistungskurs (LK) wird die Gruppe zu einem Spiegel der Gesellschaft, der sich den eigenen Fehlern stellt und schließlich auf das Gute im Menschen vertrauen muss. Die Perspektiven wechseln zwischen den Schüler*innen Sam und Liam sowie der Polizistin Alex, und die Kapitel enden stets so, dass man nicht aufhören kann, weiterzulesen.
Der durchgehende Einsatz von Gendern mag bei einigen Leser*innen kritisch aufgenommen werden, doch gerade in Bezug auf Sams Charakter und den Herausforderungen wird deutlich, warum es eine Rolle spielt – ein Aspekt, dem man sich durchaus einmal öffnen kann. Auch wenn einige Fragen am Ende offenbleiben und das Ende absehbar erscheint, bleibt der Thriller fesselnd und regt zum Nachdenken an. Ein spannender psychologischer Thriller über die Abgründe und die Menschlichkeit in uns allen und mentale Gesundheit.
Raphaela Brosseron
Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung

Barbara Yelin
Reprodukt
Keine Altersempfehlung
Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2024
Gustav-Heinemann-Friedenspreis 2024
Die Autorin Barbara Yelin, die auch die Bilder dieser Graphic Novel gezeichnet hat, hat viele Jahre die Titelgeberin Emmie Arbel besucht oder sich mit ihr getroffen, um sich von der alten Dame aus ihrem Leben berichten zu lassen. 1937 in Holland geboren, wird das kleine Mädchen 1942 zusammen mit seiner Familie nach Ravensbrück und später nach Bergen-Belsen deportiert.
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Sie und ihre Brüder überleben und werden nach dem Krieg von einem holländischen Ehepaar aufgenommen. Mit ihnen wandern die drei Geschwister 1949 nach Israel aus, hier wird Emmie ihr Leben verbringen, heiraten, Kinder bekommen, ihren Militärdienst ableisten, arbeiten und sich später ehrenamtlich engagieren. Lange Jahre kann sie mit niemanden über ihr Schicksal sprechen, erst einer Therapeutin kann sie sich öffnen. So schafft sie es, wieder nach Deutschland zu reisen und dort als Zeitzeugin in Schulen jungen Menschen von sich zu berichten und damit dazu beizutragen, dass der Holocaust nicht vergessen oder geleugnet wird.
In dem Buch gibt es viele Zeitsprünge, trotzdem kann man der Erzählung gut folgen. Emmie spricht immer wieder davon, dass sie sich nicht erinnert, doch dann kann sie doch von einige Szenen ihrer schlimmen Vergangenheit berichten. Barbara Yelin hat diese Sprünge vom Jetzt in die Vergangenheit meist farblich verdeutlicht und so wurde der Horror für mich fühlbar. Emmie, die häufig rauchend abgebildet wird, berichtet stockend von ihrer Zeit im Lager und der schrecklichen Zeit in Holland, erzählt aber auch, wie jede Mutter und Großmutter, von ihren Kindern und Enkelkindern, die sie oft besuchen und deshalb auch auf den kleinen Bildern zu sehen sind.
Die Graphic Novel, in der ich Emmie Arbel kennenlernen durfte, zeigt mit kurzen Dialogen und beeindruckenden Bildern sehr viel, aber die Stimmung wird hauptsächlich durch die Art der Zeichnung und die Farben bestimmt, nicht durch beängstigende Abbildungen.
Ich hoffe, dass dieses Buch gerade von jungen Leuten, die nicht gerne lesen, zur Hand genommen wird.
Dagmar Mägdefrau
Die Schatzinsel

Robert L. Stevenson
Walter Paget
Hase und Igel
Verlagsempfehlung Klasse 5, 6, und 7
Der Klassiker aus dem 19. Jahrhundert wird hier in leichter Sprache angeboten. Große Buchstaben zeichnen das leichte Lesen aus und zusätzlich gibt es schwarz-weiß gedruckte Illustrationen, die sich an dem Alter des Buches orientieren. Das Buch besteht aus sechs Kapiteln mit weiteren kurzen Unterteilungen. Dadurch sind die Texte meist nur einige Seiten lang.
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Jim Hawkins, der Ich-Erzähler dieses Abenteuers, berichtet vom Zusammentreffen des angetrunkenen Kapitäns und Dr. Livesey in der Kneipe seiner Eltern dem „Admiral Benbow“. Der Kapitän wohnt schon einige Tage in der Schänke, als der „schwarze Hund“, ein anderer Seemann, auftaucht, und es zum Kampf kommt, bei dem sich der Kapitän zwar behaupten kann, dann aber einen Schlaganfall erleidet. Einige Tage danach taucht noch ein blinder Bettler auf und nach seinem Besuch fällt Käpten Flint tot um. Noch bevor die Piraten gemeinsam zurückkehren, können Jim und seine Mutter die Sachen aus der Kiste des Kapitäns an sich nehmen und sie Dr. Livesey bringen. Das Wettrennen um den Piratenschatz, der auf einer Insel vergraben sein soll, beginnt.
Piraten, Kämpfe und Abenteuer verspricht die Geschichte zu Recht. Da wird nicht lange gefackelt, da kommt es immer wieder zu Gefechten und schon die Charaktere der Piraten sind verwegen und furchtlos.
Ich kann nicht beurteilen, wie spannend eine Geschichte, die vor so langer Zeit spielt, für heutige Kinder ist. Wir hatten in meiner Jugend viel Spaß an den Verfilmungen, die als Serie liefen. In jedem Fall lässt sich das Buch gut lesen und damit wird es auch für Wenig-Leser interessant.
Dagmar Mägdefrau
Beat vor der Eins

Alexandra Helmig
Mixtversion
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Der Coming-of-Age-Roman thematisiert tagebuchartig die Gedankenwelt von Ina, einem 15-jährigen Mädchen, das versucht, trotz der zahlreichen Hürden des Erwachsenwerdens ihren Alltag zu meistern und sich selbst (neu) zu (er-)finden.
Während sie also inmitten der Turbulenzen der Pubertät steckt und mit vielen Unsicherheiten in ihrem Leben kämpft, kommt sie langsam zu der Erkenntnis, dass ihr innerer "Beat" aus dem Takt geraten ist:
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Ina ist unzufrieden mit ihrem Körper, fühlt sich unsicher in der Schule und muss sich mit der scheinbar bröckelnden Ehe ihrer Elternauseinandersetzen. Auch ihre eigenen Erfahrungen mit der Liebe sind chaotisch und durchaus mehr von Unsicherheit als von Erfüllung geprägt. Im Laufe des Romans reflektiert Ina also ihre Gefühle, Ängste und Träume und beleuchtet dabei immer wieder ihre inneren Kämpfe: Seien es familiäre Probleme, schlechte Noten, das Gefühl nicht verstanden und gesehen zu werden oder die erste Liebe.
Ein guter Ansatz, typische Teenager-Probleme zu Papier zu bringen, der Welt zu zeigen, was es heißt, ein Mädchen zu sein und die Message zu verbreiten, dass wir selbst die Personen sind, die uns manchmal am besten, aber manchmal auch am wenigsten kennen.
Hierbei gefällt mir besonders, dass Helmig durch Ina unsere Gesellschaft auch mal kritisch beäugt: Funktioniert unser aktuelles Schulsystem? Was fällt alles unter sexuelle Belästigung? Sind die aktuellen Schönheitsideale erreichbar?
Meiner Meinung nach wird hier jedoch nicht genug darauf geachtet, ob alle Inhalte denn wirklich altersgerecht herübergebracht wurden: Vor allem Inas Alkohol- und Zigarettenkonsum, sowie ihr Wunsch nach einem mageren Körper wird, wie ich finde, beinahe romantisiert, ohne über diese Gewohnheiten zu reflektieren und den Lesern zu vermitteln, dass all diese nicht sonderlich erstrebenswert sind. Auch, wie die Vergewaltigung Inas durch ihren Gastvater hier extrem bildlich und nicht dem durchschnittlichen Alter der Leser*innen entsprechend (“ab 14 Jahren”) dargestellt wird. Der Umgang mit den Problemen in ihrer Familie, der vermeintlichen Schwangerschaft und die Gegenüberstellung der verschiedenen Kulturkreise wird jedoch wiederum passend dargestellt.
Nichtsdestoweniger schafft es Helmig durch ihren Roman nicht nur ein authentisches Bild eines Teenagers zu zeichnen, sondern auch die Wichtigkeit der verschiedenen Sozialisationsinstanzen zu betonen.
Darüber hinaus nimmt sie die Bezeichnung “Coming-of-Age-Roman im Sound der 90er” sehr ernst und bemüht sich stets, ihre Leserschaft zu erreichen und versucht daher sehr identifizierbar zu schreiben, was ihre Werke sehr einzigartig macht: Eine passende Playlist und das tagebuchartige Schreiben sind nur wenige Indizien dafür, dass es nicht viele Worte braucht, um auszudrücken, wie es einem ergeht, sondern nur eine/n Zuhörer*in beziehungsweise ein/e Leser*in. Dies beweist sie beispielsweise mit dem aus nur zwei Wörtern bestehenden Tagebucheintrag “105 Fehlstunden”.
Auch bei der Figurengestaltung hat Alexandra Helmig keine Mühe gescheut: Wie die meisten Teenager ist auch Ina sehr neugierig und fragt sich ständig was hinter einem Menschen wirklich steckt, ist auch mal eifersüchtig auf ihre beste Freundin Vicki, welche es schafft, “ihr Leben in die Hand zu nehmen”, strebt nach einer schöneren Figur, fühlt sich nicht verstanden, planlos und unmotiviert.
Daher spielt auch Selbstzweifel in ihrem Leben eine erhebliche Rolle: Sie bezeichnet sich selbst als impulsiv, “falsche Schlange”, “kleine Koordinate”, kritisiert ihre eigenen Körper und ihre Körperbewegungen und ist unzufrieden mit dem, was sie hat. Ihr Leben ist halt eine “Endlosschleife”.
Zudem ist sie durch die fehlende Aufmerksamkeit ihrer Mutter auf der ständigen Suche nach einer Vertrauensperson, darunter ihr Klavierlehrer, und hat es satt, für die fehlgeschlagene Beziehung ihrer Eltern verantwortlich gemacht zu werden.
Zuletzt möchte ich auch auf den besonderen Schreibstil Helmigs eingehen. Diese schreibt nämlich sehr bildlich, emotional und nutzt eine ausdrucksstarke Wortwahl und kurze gedichtartige Absätze, um die Gefühle Inas zu unterstreichen. So schreibt sie beispielsweise, dass es ihr so vorkomme, als würde selbst das “Geräusch der Toilettenspülung” ihre Worte verschlucken. Dennoch finde ich hier die Nutzung der staccatoartigen Sätze eher unpassend, da diese zwar ihr Gefühlschaos widerspiegeln und Interesse wecken sollen, aber dennoch auf Dauer sehr monoton und ermüdend wirken und durch ihre Kürze nur wenig Emotionen herüberbringen.
Ferner lässt sich sagen, dass Helmig neben der Wortwahl, auch die Satzzeichen mit Bedacht wählt: Jedes Fragezeichen, Ausrufezeichen und jeder Punkt haben eine Bedeutung. Die Alltagssprache ist jedoch das, was den Roman so lebendig und jugendlich macht.
Zuletzt fallen auch die inspirierenden Erkenntnisse Inas auf, welche dem Leser viel Interpretationsspielraum bieten. Ein Beispiel dafür wäre das Zitat “Endlich habe ich mich entschieden, etwas zu tun, von dem alle gesagt haben, mach das bloß nicht.”
Kurz: Alexandra Helmigs „Beat vor der Eins“ ist ein eindrucksvoller Coming-of-Age-Roman, der die Unsicherheiten vieler Jugendlicher widerspiegelt, zum Nachdenken über gesellschaftliche Themen anregt und daher auch als wertvoller Beitrag zur Jugendliteratur angesehen werden kann.
Sedef Nur Elgün
Ina hat mitten in der Pubertät viel zu verarbeiten: Eine durch und durch ungesunde Beziehung der Eltern, Unverständnis der Eltern ihr gegenüber, ihr Körper und auch das Thema Liebe und Jungs. In ihrem Tagebuch schreibt sie all das auf, was sie ihrem Umfeld nicht mitteilen kann. Diese Einträge offenbaren das, was anderen fehlt, um Ina wirklich zu verstehen.
Die Sätze sind kurz und trotzdem mit viel Inhalt gefüllt, aus dem sich eine Geschichte ergibt, in der sehr deutlich wird, wie stark das Fehlverhalten der Erwachsenen eigentlicher Motor für so manch als pubertär abgestempeltes Verhalten ist. Der Gastvater in Frankreich, der ihr viel zu nahekommt, der 22-Jährig Yann und die Mutter, die ihre Erwachsenen-Probleme im Plural (“Wir”) formuliert und damit tatsächlich Ina meint.
Der Titel hat sich mir noch nicht ganz erschlossen, eventuell habe ich da was überlesen.
Wer aber einen kurzen, aber erkenntnisreichen Einblick in den Kopf eines Teenagers haben möchte oder sich in einem kurzen Roman wiederfinden will, ist mit diesem Roman wunderbar versorgt!
Raphaela Brosseron
Ein Sommer, drei Monde

Silke Sutcliffe
Monika Fuchs
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
“In Kunst setzt sich Bastian zwischen uns.”
Doch es bleibt nicht nur beim Kunstunterricht, in dem Bastian sich zwischen die Freundinnen drängt. Zu Beginn des Sommers sind Alicia und Jule noch beste Freundinnen – seit ihrer Kindheit unzertrennlich, am selben Tag geboren.
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Doch am Ende des Sommers sitzen sie schweigend zusammen im Zug, wie bereits im Prolog angedeutet wird. Dazwischen liegt ein Sommer, in dem Bastian irgendwie dazwischenkommt. Er wirkt sehr anziehend, während Alicia ihm eher kühl begegnet, doch Jule scheint immer mehr Gefallen an ihm zu finden. Bastian spricht oft von einem Hund, den niemand je zu Gesicht bekommt, und nicht alles, was er erzählt, ergibt Sinn. Doch trotz seiner Ungereimtheiten will man ihm glauben. Alicia, die auch die Erzählerin ist, bleibt von Bastians Einfluss nicht unberührt und setzt damit ihre Freundschaft zu Jule aufs Spiel.
Alicias Perspektive hat mir besonders gut gefallen, da sie Bastian anfangs rationaler zu beurteilen scheint als ihre beste Freundin Jule. Sie beschäftigt sich zudem mit eigenen Problemen, etwa der schwierigen Beziehung zu ihrer Mutter. Dass auch sie sich letztlich Bastians Lügen nicht ganz entziehen kann, verdeutlicht auf subtile Weise, wie geschickt er – bewusst oder unbewusst – die Dynamik zwischen den beiden Freundinnen manipuliert.
Der Schreibstil ist außergewöhnlich und gleichzeitig unaufdringlich. Er lässt viel Raum für eigene Interpretationen und Bilder, was angesichts des Themas „Lügen“ besonders passend ist. Und auch sonst mag ich das, wenn Autor*innen ihre Leser*innen für schlau genug halten, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen. So auch z.B. die Mondmetapher. Eigentlich ist nur Jule besessen vom Mond und sieht in seiner Form ein Zeichen. Doch irgendwie ändert auch Bastian seine Gestalt, je nach Zeit und Ort.
Ein toller Roman, der ganz überheblich von Jugendlichen erzählt und durch Sprache, Stil und Inhalt überzeugt.
Raphaela Brosseron
Alice wird im Laufe des Buches genau wie ihre Freundin Jule 16 Jahre alt. Die beiden kennen sich seit ihrer Geburt und feiern immer gemeinsam mit Jules Schildkröte. Doch dieses Jahr ist alles ganz anders, denn Bastian kommt in ihre Klasse und der strenge Lehrer nimmt sehr viel Rücksicht auf ihn. Bald erzählt Bastian den Mädchen so einiges und es bleibt immer wieder die Frage offen, erzählt er wirklich die Wahrheit?
Dazu kommt, dass Bastian immer waghalsigere Aktionen unternimmt und dabei seinen Tod in Kauf nimmt. Die Freundschaft der beiden Mädchen leidet sehr unter Bastians Benehmen und Alice, die uns von diesem Sommer erzählt, weiß nie so genau, ob sie Bastian, der so verständnisvoll auf die Abwesenheit von Alice Mutter regiert, wirklich vertrauen kann.
Der Titel des Buches bezieht sich auf Jules Vorliebe zum Mond, sie nutzt einen Mondkalender und versucht Gegebenheiten durch die Mondkonstellation zu erklären. Im Laufe der Geschichte werden immer wieder Lieder erwähnt, dessen Texte sich auf die Handlung beziehen und die man sich am Ende des Buches als Playlist herunterladen kann.
Am Anfang des Buches gibt es einen Warnhinweis, der sich auf die Handlung bezieht und der anzeigt, dass Despression und Krebs im Buch eine Rolle spielen. Besonders die psychischen Erkrankungen werden im Buch mit all ihren Problemen für Familie und Freund*innen geschildert. Ich fand das Buch sehr spannend und bewegend. Ich kann es als Jugendbuch, das sich gut in die Situation der jungen Erwachsenen einfühlen kann, sehr empfehlen.
Dagmar Mägdefrau
The Reappearance of Rachel Price

Holly Jackson
one
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Holly Jackson greift nach ihrer Erfolgsreihe A Good Girl’s Guide to Murder erneut das True-Crime-Phänomen auf und entwickelt daraus eine fesselnde Geschichte. Dieses Mal steht ein Dokumentarfilm im Zentrum der Handlung, ganz im Stil jener, die auf Plattformen wie Netflix wahre Kriminalfälle zum Medienhype machen.
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So muss die Protagonistin Bel vor der Kamera erklären, dass sie keine Erinnerung daran hat, was mit ihrer Mutter geschehen ist – obwohl sie beim Verschwinden dabei war. Allerdings war Bel zu dem Zeitpunkt erst zwei Jahre alt, und das Ereignis liegt bereits 16 Jahre zurück.
Während der Fall bei vielen großes Interesse auslöst, bleibt Bel selbst erstaunlich distanziert. Außenstehende behandeln ihre Familiengeschichte wie einen packenden True-Crime-Fall, was oft dazu führt, dass ihr Vater unter Verdacht gerät. Diese ständige Sensationsgier erklärt Bels abweisendes Verhalten – auch gegenüber der Filmcrew und dem freundlichen Assistenten Ash. Nur zu ihrem Vater und ihrer Cousine Carter zeigt sie eine weiche, beinahe liebevolle Seite.
Jackson beleuchtet in ihrem Thriller indirekt viele der problematischen Aspekte von True-Crime-Produktionen. Was für die Zuschauer spannendes Entertainment ist, ist für die Betroffenen bittere Realität. Diese Geschichte jedoch kann man ohne schlechtes Gewissen genießen, denn sie ist rein fiktiv. Besonders gelungen ist die Idee mit der Filmcrew, die zeigt, wie viel in solchen Produktionen inszeniert wird und wie wenig tatsächlich „true“ ist. Bels schroffe Art verleiht der Handlung eine besondere Würze – sie ist sich durchaus bewusst, dass sie nicht immer nett wirkt, was oft für humorvolle Momente sorgt. Ihr Misstrauen gegenüber Rachel und deren Version der Geschichte ist jederzeit nachvollziehbar.
Das Ende macht mich nicht ganz so zufrieden. Man bekommt zwar eine Auflösung, aber der Umgang damit ist ein wenig typisch für Holly Jackson: Wenig Vertrauen in das Justizsystem. Mehr möchte ich nicht verraten, es ist insgesamt wieder ein packender, moderner und spannender Thriller.
Raphaela Brosseron
Homeboy

Theo Parish
Loewe Graphix
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Theo Parish hat die eigene Geschichte zu sich selbst in einen liebevoll gestalteten Graphic Novel verarbeitet. Alleine das hat meine ganze Bewunderung. Theo erzählt, wie sier dazu kam, sich im eigenen Körper zuhause zu fühlen - und dafür muss man manchmal was ändern, wie bei einem richtigen Haus (Homebody!).
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Generell ist Theo stark darin, nicht nur zu illustrieren, sondern auch Bilder für Botschaften zu verwenden. Für sier ist das Nicht-Binär-sein eine Reise, die auch Spaß macht, wenn man manchmal einfach noch nicht weiß, wohin es geht. Dass manche das nur als Trend auffassen, von Leuten, die sich wichtigmachen wollen, ist natürlich verletzend. Und Theo will den anderen gar nicht so einen Stress mit Pronomen und Namen machen, aber wenn sier sich nun mal wohler fühlt, nicht mit dem Geburtsnamen oder er/ sie angesprochen zu werden: Ist es dann wirklich zu viel verlangt? Theo hat ein verständnisvolles Umfeld und es war toll, die Reise mit diesen wunderschönen Illustrationen zu begleiten. Schade, dass diejenigen, die diese Perspektive nie eingenommen haben, vermutlich nie zu diesem Graphic Novel greifen werden, denn das Buch war wirklich erhellend und erwärmend. Besonders witzig fand ich das Eingehen auf ein Shakespear-Zitat: “Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften.” und Theo stellt klar: So ein Name kann trotzdem superwichtig sein.
Ein schöner und persönlicher Graphic Novel, so bunt wie die Menschen, für alle, die ein wenig mehr verstehen oder sich verstanden fühlen wollen.
Raphaela Brosseron