• Fünfzehn Tage sind für immer

    Fünfzehn Tage sind für immer

    Vitor Martins

    one

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    15 Tage Ferien sehen beim 17-jährigen Felipe wie folgt aus: Netflix, Kuchensamstag, Musical-Mittwoch und Zeit mit seiner Mãe. Das alles zuhause, wo keiner ihn und seine Körpermasse verurteilen kann. Vor Caio, den Nachbarsjungen, den er seit einer Weile anhimmelt, kann er sich nicht mehr verstecken, denn mit Ferienbeginn soll ausgerechnet er 15 Tage bei ihnen verbringen. So hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt, doch Caio lebt sich schnell bei ihm und seiner herzlichen Mutter ein und Felipe lernt nicht nur aus der Komfortzone herauszukommen. 
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    Die Beschreibung “Own-Voice” bedeutet, dass der Autor dem Text seine eigene Stimme verleiht, also eigene Erfahrungen einbringt, häufig bei sensiblen Themen und Diversität. Das heißt nicht, dass Vitor Martins hier seine Geschichte niedergeschrieben hat, jedoch leiht er seine Stimme jemandem, der vielleicht in einer ähnlichen Situation ist wie Felipe oder Caio. Beim Lesen erkennt man den Unterschied zur einfachen Ich-Perspektive, denn die ist hier tiefer, emotionaler und vor allem authentisch. Felipes Unsicherheit wird bei jedem seiner Gedankenkarussells, seinen ausgetüftelten Horrorszenarien und den direkten Fragen an die Lesenden („Wisst ihr, was ich meine? Ist auch egal.”) mehr als offensichtlich, genau wie seine Verknalltheit in Caio. Obwohl der Plot eben um diese gestrickt ist, macht Felipe eine tolle Entwicklung unabhängig von seinem Beziehungsstatus durch. Was Felipe nur in indirekter Form im “Zauberer von Oz” gefunden hat, schafft der Autor durch diesen Young Adult Roman: Ein Buch mit Botschaft, das denen, die sich sonst nicht repräsentiert fühlen, Mut verleiht, sie selbst zu sein. Wie nebenbei darf man sich außerdem über eine niedliche Verliebtheit, lustige Protagonisten, ganz viel Herz und jede Menge Filmtipps von Felipe höchstpersönlich freuen, auch wenn er in den 15 Tagen deutlich weniger zum Verweilen auf Netflix kam. Ohne schmerzliche Stellen kommt so ein persönlicher Roman nicht aus, weswegen es auf Seite 286 eine Triggerwarnung dazu gibt. 
    
    Raphaela Brosseron
  • Bone Music

    Bone Music

    David Almond

    Freies Geistesleben

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Sylvias Mum ist ganz begeistert von der Urlaubsplanung: raus aus der Stadt, rein in die Natur von Northumberland. So ganz nebenbei kann sie sich dann Gedanken über ihre Ehe machen. Ohne Handyempfang bleibt der 15-Jährigen Sylvia nichts anderes übrig, als die Natur zu erkunden. Dabei macht sie einige mystische Entdeckungen, vor allem mit ihren Ohren. 
    Alleine bleibt sie bei der Entdeckung ihrer Verbundenheit mit der Natur nicht, denn sie lernt einen Jungen kennen, der ganz altertümlich eine Knochenflöte spielt. 
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    Es ist schwer zu greifen, was genau die Handlung ist. Es geht vielmehr um das Wahrnehmen, das in-sich-kehren, ohne Ablenkung sein und die Erkundung der Vergangenheit. Für Jugendliche ist es vielleicht nicht ganz so leicht dranzubleiben, wenn nichts Einschlägiges passiert. Dafür ist der deskriptive Schreibstil sehr fesselnd und das Cover ergänzt die Vorstellung von Sylvia, der Musik und der Natur perfekt. Es ist gar nicht so leicht, Gefühle und Empfindungen, die von Klängen verursacht werden, in einem Buch einzufangen, als Hörspiel stelle ich es mir gerade an einem verregneten Tag jedoch wirklich stimmungsvoll vor.  Zum Lesen muss man sich definitiv erst mal drauf einlassen, aber auch dann kann es bestimmt ein magisches (Lese-)Erlebnis werden. 
    
    Raphaela Brosseron
  • Was du nicht erwartest

    Was du nicht erwartest

    Jan Cole

    Verlag Monika Fuchs

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Diese Story war tatsächlich nicht zu erwarten!
    Nik ist Autist, soziale Situationen bereiten ihm Schwierigkeiten und sobald er etwas nicht in Form von Zahlen und Listen kontrollieren kann, bereitet er die Schwierigkeiten, vor allem seiner Mutter. Als Nik Stella sieht, versucht er ein Experiment, das so schief geht, dass eine Mutter einen vorübergehenden Aufenthalt in einer Klinik für ihn beschließt. Für Nik eine Horrorvorstellung.
    Auch Maike braucht Kontrolle - allerdings über ihre Kalorien und ihr Gewicht. Dass ihre Essstörung ihre Gesundheit gefährdet, reicht nicht, um sich nicht gegen den Klinikaufenthalt zu wehren.
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    Trotz ihrer Verschiedenheit vereint die beiden eins: Der Kontrollverlust motiviert beide, nicht in der Klinik bleiben zu wollen und so entsteht ein ungewöhnliches Duo, das auf eine doch sehr gefährliche Tour geht, wobei sowohl sie als auch der Leser viel über ihre Krankheiten lernen.
    Die Idee, Autismus und Magersucht in einem Roman zu kombinieren und so darüber aufzuklären ist sehr geschickt, Nik und Maike ergänzen und verstehen sich, vielleicht fast zu gut, denn Nik findet ihr Verlangen Kalorien zu zählen eher spannend als beunruhigend. 
    
    Wir erleben beide abwechselnd aus der Ich-Perspektive und dementsprechend ihre Wahrnehmung der Dinge, das ist einerseits sehr aufschlussreich, andererseits gerade bei Maike erschreckend realistisch. Der Autor, der noch einen speziellen, ungewöhnlichen, aber auch unterhaltsamen Einfluss auf die Geschichte nehmen wird, hat sich sehr viel Mühe gegeben hinter die Essstörung zu blicken und ich kann mir vorstellen, dass sich viele Betroffene wiedererkennen. Gerade deswegen würde ich ihnen das Buch nur bedingt empfehlen, da es doch alte Wunden aufreißen könnte. Alle anderen, die auf eine einfühlsame und auch humorvolle Weise Einblick in Maikes und Niks Lebensrealität bekommen möchten, werden in ihren Erwartungen vielleicht sogar übertroffen.
    
    Raphaela Brosseron

    Ein Buch, dass in vielem überrascht und das eine unerwartete Geschichte erzählt. Erzählt wird das Buch abwechseln von Nik, dem Autisten und Maike, die gegen ihre Magersucht kämpft.
    Beide begegnen sich in der geschlossenen Psychiatrie und trotz ihrer Verschiedenheit, laufen sie gemeinsam fort. Niks Denkweise und sein ständiges Zählen und alles aufzulisten wird sehr realistisch geschildert. Er kann körperliche Nähe nicht ertragen, auch eine Umarmung der Mutter ist für ihn der reinste Horror. Das Zimmer im Krankenhaus bringt ihn völlig aus dem Gleichgewicht, es entspricht nicht seinem Standard.
    Maike will sich nicht helfen lassen und verweigert auch in der Klinik die Nahrung, wird aber ständig gezwungen viele Kalorien zu sich zu nehmen. Da Nik ihre Situation und die Todesgefahr, die damit verbunden ist, erst spät erkennt, kommen die beiden gut miteinander aus. 
    
    Ich fand es sehr spannend in die Köpfe der beiden Protagonisten schauen zu können und die für mich oft unbegreiflichen Beweggründe ihres Handels besser verstehen zu können.
    Der Buchtitel erklärt sich am Ende auf eine ungewöhnlich Art, so wie sich einiges anders entwickelt als ich es erwartet habe.
    
    Zu Beginn des Buches gibt es eine Triggerwarnung, die man auf jeden Fall beachten sollte. 
    
    Dagmar Mägdefrau
  • Blindfisch

    Blindfisch

    Susann Fessel

    Oetinger

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Lon, am seltenen Usher-Syndrom erkrankt, hat sich bereits an ein Leben mit Hörgerät gewöhnt und ist sportlich, beliebt und sympathisch. Als sich nun auch das Sehvermögen anfängt zu verschlechtern, versucht Lon sich noch mehr Zeit im “normalen” Leben zu geben und weiht niemanden ein. 
    Das macht den Alltag nicht gerade einfacher, vor allem wenn man sich als Jugendlicher sowieso noch mit anderen Dingen auseinandersetzen muss: Liebe, Freundschaft, Familie und Sexualität. 
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     Die Kapitel sind kurz, häufig einfache Sätze wie Gedankenfetzen, ein sparsamer, aber gewählter Umgang mit den Worten, die Lons Gefühlslage aus der Ich-Perspektive auf den Punkt bringen. Gedanken, die sich ein gesunder Mensch nicht machen muss. Wie wird es sein, wenn alle einen sehen aber man selbst nicht mehr, wenn man altert, das eigene Umfeld im Kopf aber immer jung aussehen wird? Wie viel Selbstständigkeit wird noch bleiben, genau das, wonach sich doch alle Jugendlichen sowieso sehnen?

    Queerness durchzieht den Roman ganz nebenbei, sie wird nicht großartig thematisiert, sie ist einfach da und bereitet niemandem ein Problem, das ist eine erfrischende Herangehensweise. Tatsächlich könnte Lon sowohl weiblich als auch männlich sein, es gibt wenige bis gar keine Stellen, die eindeutige Aussagen treffen. Die Geschichte hätte auch kaum Raum gegeben, dies noch weiter zu thematisieren, das eigentliche Thema kam schon etwas zu kurz. Man würde gerne mehr über die Krankheit, die Ursachen und den Verlauf erfahren, auch das Ende war sehr abrupt. Aber gerade wegen dieser Kürze ist Lons seltenes Schicksal ein umso intensiveres Leseerlebnis ,welches man gar nicht aus der Hand legen möchte.

    Raphaela Brosseron
  • Dunkelnacht

    Dunkelnacht

    Kirsten Boje

    Oetinger

    Verlagsempfehlung ab 15 Jahre

    „Zum ersten Mal verliebt sein in dieser Zeit: Wie soll das gehen?” Schorsch und Marie, zwei Jugendliche, die in Penzberg leben, entdecken ihre Gefühle füreinander, doch viel Aufmerksamkeit können sie dieser Erfahrung nicht widmen, denn die Ereignisse überschlagen sich: Eine Botschaft aus dem Radio am Morgen des 28.April 1945 lässt vermuten, dass der Krieg vorbei sei. Die Bewohner der Stadt können es kaum glauben, schieben ihre Zweifel aber beiseite und handeln dementsprechend. 
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    Währenddessen erfahren wir noch von einem weiteren Penzberger Jugendlichen, Gustl. Dieser ist ein besonders engagiertes Mitglied der Hitlerjugend in Großhadern und glaubt noch an einen Endsieg, außerdem ist auch er in Marie verliebt. In einer friedlichen Welt wäre so ein Liebesdreieck vermutlich ihr größtes Problem, jedoch müssen alle drei in dieser Nacht Zeugen von brutalen Morden werden, die später als Penzberger Mordnacht bekannt wird.
    
    Raphaela Brosseron

    Auf nicht mal 120 Seiten wird szenenhaft von den Geschehnissen erzählt. Kurz und knapp lässt die Autorin die Handlungen für sich sprechen, ohne sie durch zu viele Worte auszuschmücken. So spitzt sich die Geschichte schnell zu, von der man sich wünscht, die Autorin hätte sich mehr ausdenken müssen: Lediglich die drei Jugendlichen gab es nicht wirklich, alle anderen, seien es Täter oder Opfer werden namentlich genannt. Die historischen Erläuterungen und die Perspektiven von Schorsch, Marie und Gustl machen den Inhalt für Jugendliche aber auch Erwachsene nahbar und zeigen erschreckend klar und ungefiltert die brutale Willkür der Kriegszeit. Dabei bleibt die Erzählung sehr respektvoll und erinnert uns daran, nicht zu vergessen.
    Das dünne Büchlein zeigt schon in seiner Aufmachung, in welcher Zeit die Geschichte spielt. 
    
    Auf der grünen Seite zwei Gestalten in der Dämmerung und rechts das Foto einer bayrischen Kleinstadt um 1945. Das C des Titels wurde durch eine Hakenkreuz-Nadel ersetzt. 
    Die Autorin hat die Geschichte Prenzbergs vom 28.4.1945 und der darauffolgenden Nacht zum Anlass genommen, diese Novelle zu schreiben. In ihrem Nachwort erklärt sie, dass es für diese Taten den Begriff „Endphasenverbrechen“ gibt. 
    
    Das Buch besteht aus zwei Teilen, die Mordtag und Mordnacht überschrieben sind. Im Gegensatz zu den Opfern sind Marie, die Metzgerstochter und Schorsch, der Polizistensohn, sowie Gustl, Sohn als Roter verschriener Eltern, keine realen Figuren. Marie wird von beiden Jungen umschwärmt, doch Gustl hat sich den Wehrwölfen angeschlossen und kehrt erst in der Mordnacht in seinen Heimatort zurück. So erleben wir den Beginn der zarten Liebe zwischen Marie und Schorsch. Viele Szene sehen wir auch durch die Augen dieser jungen Protagonisten.
    Am Morgen des 28.4. erfahren die Bewohner des Ortes, dass der Radiosender von der „Freiheitsaktion Bayern“ besetzt wurde, dass die Amerikaner nah sind und der Krieg zu Ende. So kommen die alten Honoratioren der Gemeinde zusammen und übernehmen das Rathaus ohne Gewalt. Am selben Tag marschiert ein Regiment von der französischen Front kommend in den Ort ein. Die Soldaten wollen weiter zur Alpenfestung und wundern sich über die Lage im Ort. Befehlsgewohnt und Führergläubig wollen sie den NSDAP-Bürgermeister wieder einsetzen. 
    In der Nähe befindet sich auch ein Rudel Wehrwölfe. Leitwolf Hans Löblein soll, nachdem die Soldaten abmarschiert sind, im Ort für Ordnung sorgen. Jeder weiß, dass Prenzberg rot ist, also fordert er zunächst eine Liste dieser Personen. So wird die Nacht in dem verdunkelten Ort zur Mordnacht.
    
    Eine furchtbare Geschichte, die sicher in vielen Orten Deutschlands in den letzten Kriegstagen so oder ähnlich hätte geschehen können. Was geschieht, wenn die Alliierten kommen? Aber was ist, wenn nicht und das 3. Reich weiter besteht? Wie verhält man sich, ohne, dass es zukünftig Probleme gibt?
    Ein lesenswertes Buch, dass ein Kapitel beleuchtet, das uns nicht so allgegenwärtig ist. Dass aber auch zu kontroversen Diskussionen anregen wird.
    
    Dagmar Mägdefrau
  • Die Nacht so groß wie wir

    Die Nacht so groß wie wir

    Sarah Jäger

    Rowohlt rotfuchs

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Ein schwarzes Cover mit vielen verschiedenfarbigen Lichtern, die keine gerade Linie bilden und doch irgendwie zusammenfinden. So in etwa könnte man auch Suse, Pavlow, Maja, Tolga und Bo beschreiben und die Nacht, in der sie ihren Abschluss feiern. Die fünfköpfige Freundesgruppe blickt auf das Ende einer langen, prägenden Schulzeit zurück und in eine ungewisse Zukunft. Um diesen Schnitt besonders zu machen, schlägt Pavlow vor, in dieser Nacht ihre Ungeheuer zu überwinden. Ihnen stehen einige Stunden voller Erlebnisse, Offenbarungen und Veränderungen bevor - welche Auswirkungen diese wohl auf ihre Freundschaft haben?
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    Die Clique scheint zusammengewürfelt und gleichzeitig ergibt ihre Kombination Sinn. Wer von ihnen aus der Ich-Perspektive erzählt, wechselt mit jedem Kapitel. Die fünf Charaktere sind so unterschiedlich, dass sie sich perfekt ergänzen, eine Vielfalt von Gedanken, Problemen und Sorgen, die nicht nur Jugendliche kennen, kommen vor. Auch die sprachliche Gestaltung hat Sarah Jäger individuell an ihre Figuren angepasst, sodass ich auch ohne die Angabe erkennen könnte, wer erzählt: Sei es Suse und ihre Verteilung von Adjektiven, Maja mit ihrer altklugen Art, der einnehmende Pavlow oder Bo und seine abgehackten Gedanken.
    Nur in Tolgas Kopf kann keiner so richtig schauen, auch wir als Leser*innen nicht. Durch kursiv geschriebene Flashbacks erfährt man zusätzlich von den Hintergründen der Jugendlichen, so lassen sich die Geschehnisse der Nacht besser einordnen. Die bildliche Sprache im Zusammenspiel mit der richtigen Mischung aus Spannung, Ernsthaftigkeit und Witz und den authentischen Figuren sind Grund genug «Die Nacht so groß wie wir» für den Deutschen Jugendliteraturpreis zu nominieren. Sarah Jäger findet viele einfühlsame, witzige und vor allem kluge Worte über die Freundschaft, das Leben und über das Erwachsenwerden.
    
    Manche Stellen könnten eine sehr aufwühlende Wirkung haben, da auch Gewalt und Tod thematisiert werden, wer damit kein Problem hat, sollte den Roman unbedingt selber lesen!
    
    Raphaela Brosseron

    Suse und Bastian, der jetzt Pavlow genannt wird, und Maja und Tolga sind seit langer Zeit Freunde, sie besuchten dasselbe Gymnasium und bekommen heute ihre Zeugnisse. Dann ist da noch Bo, der sein Abi auf der Gesamtschule nicht geschafft hat und der erst später durch seine Freundschaft zu Suse in die Gruppe gerät. Diese Fünf wollen, dass die Nacht eine ganz besondere wird. Pavlow fasst seine Erwartungen in Worte: „Das ist die Nacht, in der wir sterben müssen, vom Ungeheuer verschlungen und dann Widergeboren.“
    Jede*r in dieser Gruppe hat ein anderes Geheimnis, dass in dieser ungewöhnlichen Nacht alles verändert. Die Abi-Feier findet nicht in einem feierlichen Rahmen statt, sondern in der Turnhalle der Schule. Nicht alle Mitschüler wollten das so und die Fünf zieht es auch nicht wirklich dorthin. 
    Die einzelnen Kapitel werden jeweils von einem der Freund*innen erzählt und mir fehlt ein wenig die Differenzierung in der Sprache. Sie bleibt durchgehend gleich. Eine sehr moderne Sprache, ohne in die Jugendsprache abzudrehen.
    Gut gefallen haben mir die Adjektive mit der Suse ihre Mitschüler*innen bezeichnet, wie „Fusselige Ana oder der gestreifte Henning“.
    Nicht alle Andeutungen werden aufgeklärt, trotzdem kann man sich ein Bild machen. Es gibt trotz aller Offenheit viel Ungesagtes zwischen den Fünfen. Manches macht traurig und anderes bringt mich auch zum Lachen.
    Ein Buch mit vielen Fassetten, nicht immer ganz einfach zu lesen. Zurück bleibt die Erkenntnis, dass der „Start ins Leben“, nach dem Abitur auch nicht so einfach verläuft und der wahre Satz „Narben haben wir doch alle irgendwo.“

    Dagmar Mägdefrau

  • Die Königinnen der Würstchen

    Die Königinnen der Würstchen

    Clémentine Beauvais

    Carlsen

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Cybermobbing wie es im Buche steht: Auf Facebook wählen die Schüler*innen des Marie Darrieuussecq-Gymnasium in Bourg-en-Bresse die “Wurst des Jahres”, um die Kandidatinnen nach ihrem Aussehen abzuwerten, quasi das Gegenteil eines Schönheitswettbewerb. Mireille, 15, kennt das Spiel seit Jahren, zudem war der Erfinder dieser Aktion, Malo, einst ihr bester Freund. Es ist quasi schon Gewohnheit. Nicht so für die anderen beiden der Top drei: Hakima und Astrid. Astrid und Mireille lernen sich kennen und suchen gemeinsam auch die jüngere Hakima auf, um bei ihr zuhause festzustellen, dass es für alle drei eine Motivation, gibt am Nationalfeiertag im Élysée-Palast zu sein.
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    Schon beschließen die drei unter dem Vorwand Würstchen verkaufen zu wollen, sich in Begleitung von Hakimas Bruder auf die Reise zu begeben, bei der sie noch so viel mehr finden, als ursprünglich geplant.
    
    Die Themen, die der Roman aufgreift, sind eigentlich genauso einschneidend wie auch aktuell und alltäglich: Freundschaft, Erwachsenwerden, Gruppenzugehörigkeit, Mobbing, soziale Netzwerke, Familie und Behinderung. Alles andere als alltäglich ist die Erzählerin, Mireille: Schlagfertig und frech kommentiert sie das Geschehen - ohne dabei in Selbstmitleid zu versinken. Man könnte hinter dieser zynischen Art einen Schutzmechanismus vermuten. Doch gerade dadurch legt sie den Finger direkt in die Wunde, sie spricht die Leser*innen direkt an und zeigt durchaus auch ihre emotionale Seite. Zwar wird damit ernst auf das Thema Mobbing eingegangen, jedoch überwiegt der lustige Unterton und die doch etwas unrealistischen Aktionen der drei Heldinnen, wodurch das, was ihnen in der Schule passiert ein wenig verharmlost scheint. Insgesamt ist es aber eine schöne und vor allem amüsante Geschichte über Freundinnen, die zusammen über sich hinauswachsen.
    
    Raphaela Brosseron

    Ich muss sagen, dass ich mich vom Titel habe abschrecken lassen. Was für ein Blödsinn kann sich schon dahinter verbergen?
    Mirelle, die Tochter einer Lehrerin und eines hässlichen Philosophen, der aber nichts von ihr weiß, hatte in ihrer Kindheit einen Freund Malo. Der hat aber später feststellen muss, dass „Mirelle eine fette Kuh ist“. Dann kam er auf die schreckliche Idee einen Wettbewerb in Facebook zu starten: Gesuchte wurde das hässlichste Mädchen, eben die „Wurst des Jahres“.
    Da Mirelle in diesem Jahr nur den dritten Platz gemacht hat, nimmt sie Kontakt zu den beide anderen Mädchen auf. Es entsteht eine Freundschaft zwischen ihr Astrid und Hakima. Mirelle möchte ihren Vater in Paris, der inzwischen mit der französischen Präsidentin verheiratet ist und mit ihr drei Söhne hat, über ihre Existenz informieren. Astrid  schwärmt für die Gruppe Indochine, die am Nationalfeiertag auftreten wird und Hakimas Bruder Kader sitzt im Rollstuhl, weil ein General ihn in einen Kampf geschickt hat und dieser General soll an diesem Tag geehrt werden.
    So kommt es, dass die drei Mädchen und Kader, der von Mirelle in Gedanken Sonnenschein genannt wird, sich auf den Weg nach Paris machen. Ihre drei Fahrräder werden vor einen Wagen gespannt und so können sie auf der Reise Würstchen verkaufen. Ihre Fahrt wird durch die sozialen Medien und die Presse begleitet.
    Als die Vier in Paris ankommen entwickelt sich alles etwas anders als geplant, aber die Mädchen sind auch ein ganzes Stück erwachsener und selbstbewusster geworden.

    Da sieht man, eine gutes Buch kann man nicht unbedingt am Titel erkennen und wenn man den Inhalt kennt, macht der Titel auch wieder Sinn.
    Geschrieben ist das Buch aus Sicht der 15-jährigen Mirelle, die sich nach außen cool und abgeklärt gibt, aber oft damit nur ihre Probleme übespielt.
    Ein sehr modernes Buch, dass sich mit Mobbing im Internet und seinen Folgen beschäftigt, und hier eine tolle Lösung des Problems anbietet.

    Dagmar Mägdefrau

  • Heul doch nicht, du lebst ja noch

    Heul doch nicht, du lebst ja noch

    Kirsten Boie

    Oetinger

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Kirsten Boie ist es mit diesem Buch wieder gelungen ein Stück deutscher Geschichte in die Erzählung über einiger Jugendliche zu verpacken. Es spielt in den Tagen vom 22. bis 28.6.1945 in Hamburg. 
    Die Kapitel sind mit den Namen der Protagonisten überschrieben und erzählen jeweils von deren Erleben. Da ist zunächst Jakob, dessen arischer Vater bei Arbeiten der „Organisation Todt“ tödlich verunglückte und dessen jüdische Mutter erst im Februar nach Theresienstadt müsste. Er schlägt sich mit Hilfe von Herrn Hofmann in einem Zimmer auf einem Trümmergrundstück durch.
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    Doch dann muss er selbst schauen, wie er an Essen kommt, denn Herr Hofmann taucht nicht mehr auf. Der ehemalige HJ-Führer Hermann muss sich um seinen Vater kümmern, der im Krieg seine Beine verlor. Seine Mutter verdient das Geld für die Familie als Trümmerfrau. Traute ist die Tochter eines Bäckers und muss mit ihren Eltern im Schlafzimmer hausen, weil im Wohnzimmer eine geflüchtete Familie aus Ostpreußen lebt.
    Wir erfahren viel von den Gefühlen, Ängsten und Hoffnung der drei und leiden und hoffen mit ihnen.
    Der Text lässt uns in diese Tage direkt nach dem Ende des Krieges eintauchen, Essen gibt es auf Marken, der Schwarzmarkt blüht, englische Soldaten fahren Streife. Auch der Umgang mit den Juden während der Hitlerzeit und jetzt mit den Flüchtlingen (Polacken) sowie das fehlende Schuldbewusstsein wird durch die Handlung sehr gut beschrieben. 
    
    Ein Buch, dass mich sehr berührt hat und das ich nur jedem empfehlen kann. 
    
    Dagmar Mägdefrau
  • Lost – In der Wildnis hört dich niemand

    Lost – In der Wildnis hört dich niemand

    Mindy McGinnis

    Rowohlt Rotfuchs

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Ashley ist in der Wildnis unfreiwilliger Weise auf sich gestellt und kann so ihren Gedanken und der Vergangenheit ebenso wenig entkommen wie der Gefahren im Wald. Ein Kampf, nicht nur ums Überleben. Eine Gruppe von Freunden, die zusammen einen Campingausflug in den Wald machen, es hätte so schön werden können. Doch die zwischenmenschlichen Probleme arten aus und Ashley verliert sich bei ihrer Flucht vor diesen alleine im Wald. Man könnte fast von Glück reden, dass es sie trifft und keinen der anderen, denn sie kennt die Natur und weiß wie man mit der Wildnis zurechtkommt.
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    Doch auf das, was sie erwartet, konnte auch sie nicht gefasst sein. 
    Ashley ist eine sehr gewöhnungsbedürftige Erzählerin. Man merkt deutlich, dass sie sehr aggressiv ist und stark auf ihrer taffen Rolle beharrt. In dieser stellt sie sich gerne über andere Mädchen und betont gerne: „Ich bin nicht wie die anderen.” Im Wald merkt man durch Rückblicke schnell, wie sie so geworden ist und dass dieses ablehnende Verhalten auf Unsicherheit beruht. Die Rückblicke sind generell eine gute Taktik, die Protagonistin besser kennenzulernen und auch andere Themen als den reinen Überlebenskampf zu thematisieren. Denn Ashley hat(te) eine Beziehung, Freundinnen und Hobbies, an die sie nun nur noch wehmütig denken kann.
    Die Survival Story an sich ist spannend und man lernt tatsächlich einiges, in der Hoffnung, dieses Wissen nie anwenden zu müssen. Allerdings haben sich hier und da Logikfehler eingeschlichen, die das Ganze sehr unglaubwürdig machen. Auch wie kühl Ashley teilweise agiert, kaufe ich ihr trotz aller Robustheit nicht ab. Manche Stellen sind sehr detailliert und definitiv nichts für schwache Nerven oder wenn man gerade etwas gegessen hat. 
    
    Ein Kampf ums Überleben, aber auch mit sich selbst. Spannend ist dieser Jugendroman, ähnlich wie bei Stephen Kings “Das Mädchen” auch sehr auf die Psyche des Alleinseins bedacht. Auf den gerade 220 Seiten wird einem zumindest nicht langweilig
    
    Raphaela Brosseron

    Selten ist es mir so schwer gefallen ein Buch zu bewerten. Ashley lebt, nachdem ihre Mutter sie als Kind verlassen hat, zusammen mit ihrem Vater in einem alten Trailer. Obwohl der Vater Doppelschichten arbeitet, muss sie manchmal hungern. Doch sie erfährt dann Unterstützung durch ihre Freundin Meredith, die so ganz anders ist als sie. 
    Mit siebzehn trifft sie sich mit einer Gruppe Freunde mitten im Wald, um viel Alkohol zu trinken. Nach einer bösen Überraschung läuft Ashley kopflos los. Leider auch ohne ihre Schuhe, so verirrt sie sich nicht nur, sie verletzt auch ihren Fuß. Und jetzt wird es schwierig, ohne viel zu verraten kann ich leider meine Meinung nicht erklären. Ashley irrt tagelang durch den Wald, wir erfahren dabei einiges aus ihrer traurigen Vergangenheit und nehmen Anteil an ihrem immer schlechter werdenden körperlichen Zustand.
    Dann geschehen aber Sachen, die ich so einfach nicht für möglich halte. Leider finde ich nirgendwo eine Information, ob diese Geschichte auf irgendeinem realen Geschehen basiert. Ich kann es mir auch wirklich nicht vorstellen. Ich muss auch davor warnen, dass schon sehr heftige Dinge beschrieben werden und einige Leser*innen das sicher nur schwer aushalten werden. Trotzdem habe ich das Buch aufgrund seiner Spannung und weil ich wissen wollte, wie es ausgeht, zügig gelesen. 

    Dagmar Mägdefrau

  • Die gigantischen Dinge des Lebens

    Die gigantischen Dinge des Lebens

    Susin Mielsen

    Urachhaus

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Als Wilbur mit seinen beiden Müttern nach Toronto zieht, besucht er erstmals eine Schule. Durch dumme Umstände werden seine Probleme und Wünsche von einem Mitschüler öffentlich gemacht. So lernt Wilbur, den alle Wichs nennen, sich unauffällig zu verhalten. Sein bester Freund ist 85 Jahre alt und die beiden teilen die Liebe zu Fulton, dem Dinosaurier aus dem Naturkundemuseum. 
    Als sein Schulfreund Alex sich outet und sich mit Fabrizio anfreundet, gibt es Eifersucht auf beiden Seiten und es braucht viel Zeit, bis sich die beiden zusammenraufen.
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    Erst die Französin Charlie, die aufgrund des männlichen Namens bei Willbur einzieht, erweckt ich ihm den Wünsch aus seiner Unauffälligkeit mit grauen Pullovern und beigen Hosen aufzutauchen. Nach einer Fernsehsendung wird ein Selbstoptimierungsprogramm aufgestellt, dass die Freunde für ihn zusammenstellen. Willbur verändert nicht nur sein Äußeres, er bekommt auch mehr Selbstbewusstsein und kann sich letztlich auf den Weg nach Paris machen.
    Es sind schon alles besondere Typen in diesem witzigen Buch. Der alte Sal, der durch Willbur wieder Lebensmut bekommt, die schwulen Freunde und die übereifrigen Mütter. Es gibt Geldprobleme zu lösen und schlecht gekochte Mahlzeiten zu überstehen. Und dann sind da noch Freundschaften und der Beginn einer Liebe.
    
    Da Willbur Gedichte schreibt, beginnt jedes Kapitel mit einem Auszug aus einem seiner Gedichte. Mir hat das gut gefallen. 
    Witzig, gut zu lesen und mit Tiefgang, was kann eine Buch noch bieten?
    
    Dagmar Mägdefrau
  • Das rote Band der Hoffnung

    Das rote Band der Hoffnung

    Lucy Adlington

    magellan

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    „Hier machen Menschen die Erfahrung, dass Kleidung doch keine belanglose Sache ist. Nicht wenn man keine hat.”
    Ein blauweiß gestreiftes Cover, das an die Häftlingskleidung der Konzentrationslager erinnert, lässt bereits tief in die Geschichte einblicken. Ella ist 14 Jahre alt, als sie in Birkenau landet. Von ihrer Großmutter hat sie die Liebe zur Mode und zum Nähen mitbekommen, doch gefangen im Konzentrationslager bleibt ihr für sich selbst nur noch die blau-weiß gestreifte Uniform.
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    Die einzige Möglichkeit, weiterhin in Verbindung mit ihrer Leidenschaft zu bleiben, ist die Stelle in einer Nähwerkstätte im Gefangenenlager, von der Ehefrau eines Offiziers ins Leben gerufen. Gleichzeitig ist diese Arbeit ihre einzige Chance, am Leben zu bleiben, denn wer nicht arbeitet, kommt in die Gaskammer. So gibt sie sich besonders Mühe ausgerechnet jene KZ-Aufseherinnen und Offiziers-Gattinnen gut einzukleiden, die in ihr noch nicht mal einen Menschen sehen. Obwohl Ella noch ein Kind und vor allem selber Opfer ist, muss sie sich dieser Zerrissenheit stellen: Wie kann man dort überleben, ohne die eigene Menschlichkeit zu verlieren? Nicht umsonst vergleicht sie jeden, den sie sieht mit einem Tier, doch wer gehört zu den Raubtieren? Schnell findet sie in der verträumten Rose eine Freundin. Ihre naive und selbstvergessene Art ist für Ella beides: ein sicherer Anker und eine Gefahrenquelle im Kampf ums Überleben. Was beide gemeinsam haben ist die Hoffnung, welche sie mit einem roten Band symbolisch bei sich tragen und bis zum Schluss nicht aufgeben.

    Der Alltag der Näherinnen ist hart, sie haben Hunger, Angst und werden streng beobachtet, willkürliche Gewalt steht an der Tagesordnung. Doch diese wird nicht zu eingehend dargestellt, trotzdem wird die Grausamkeit dieser Lebenswelt im Detail eingefangen. Ella und Rose sind noch lange nicht erwachsen und mit den tiefsten Abgründen der Menschlichkeit konfrontiert. Die Autorin zeigt anhand der unterschiedlichen Mädchen, was diese Erfahrung für die jungen Menschen vor Ort bedeutete. Ella und Rose sind zwar ausgedachte Figuren, doch die Nähwerkstatt gab es auf dem Lagergelände tatsächlich.

    Ein schöner und berührender Jugendroman, der an die Frauen erinnert, die für ihr Leben nähten.

    Raphaela Brosseron


    Ella ist 14 als man sie auf dem Heimweg von der Schule gefasst und nach Auschwitz-Birkenau gebracht hat. Sie hat bei ihren Großeltern und gelebt und weil ihre Großmutter eine versierte Näherin war, hat sie in ihren jungen Jahren schon viel von ihr gelernt. So schafft sie es in die Näherei zu kommen und entgeht dadurch zunächst dem Tod. Sie muss nicht „durch den Kamin“ wie es die Gefangenen nennen.
    Mina, der Kapo der Nähwerkstatt, ist hart und unerbittlich gegenüber den Näherinnen, die allesamt junge Frauen mit schrecklichen Schicksalen sind. Die meisten tragen wie Ella den gelben Stern, nur die nativ anmutende Rose, die so schone Geschichten erzählen kann, ist eine „Politische“.
    Ella entwirft und schneidert elegante Kleidung für die Ausseherin Carla. Die sich mit kleinen Zuwendungen, wie Zigaretten erkenntlich zeigt. Die aber auch mit ihrem Hund beim Apell die Gefangenen schikaniert.
    Ella sieht in den Menschen um sie herum gerne Tiere, so ist Rose ein Eichhörnchen und die Gefangenen nennt sie wegen der gestreiften Kleidung Zebras. Ich fand das sehr anschaulich. 
    Für Ella ist Kleidung sehr wichtig und es entstehen immer wieder Situationen, in denen sich das bewahrheitet. 
    
    Das Cover zeigt den Stoff aus der die grobe Kleidung der Gefangenen gemacht ist, auch die im Buch sind die Seiten vor den neuen Kapiteln mit diesem Muster bedruckt. Die Figuren im Buch sind fiktiv, aber man erfährt viel aus dem Alltag der Menschen dort. Die Boshaftigkeit mit der die Menschen dort zusammengetrieben und aussortiert werden, aber auch die Wanzen am Körper und die Gemeinheiten untereinander. Der mögliche Tod lauert überall.
    
    Das Buch zeigt, dass Hoffnung wichtig ist in aussichtslosen Situationen. Oder wie die viel zitierte Großmutter sagt „Wenn die Sonne nicht scheint, dann mach was aus dem Regen.“
    
    Dagmar Mägdefrau
  • Reden ist Verrat – Nach der wahren Geschichte des Freddie Oversteegen

    Reden ist Verrat – Nach der wahren Geschichte des Freddie Oversteegen

    Wilma Geldorf

    Gerstenberg

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    „Du wolltest die Welt verändern, aber die Welt hat dich verändert”, wirft ausgerechnet Peter der 15-jährigen Freddie vor. In einem anderen Leben wären die beiden frisch verliebte  Teenager, deren größte Sorge die strengen Eltern sind. Doch in diesem Leben müssen sich die beiden über moralische Fragen in Kriegszeiten  streiten, denn während Freddie zusammen mit ihrer Schwester Truus in einer Widerstandsgruppe ist, tut Peter, laut Freddie, “nichts”.
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    Ihre besagte Veränderung dürfen wir im Roman eindringlich beobachten, denn das, was sie tut, lässt sie nicht los. Da hilft es auch nicht, töten “liquidieren” zu nennen, wie der Anführer der Widerstandsgruppe Frans es immer wieder tut. An solchen Liquidationen ist sie beteiligt, gleichzeitig steht bei ihr die Gerechtigkeit als übergreifendes Ziel immer im Vordergrund. Einerseits die Geschichte einer Heldin des Widerstands, andererseits die eines viel zu jungen Mädchen, das sich traumatischen Erfahrungen und moralischen Dilemmas stellen muss. Und das alles muss sie auch noch eigentlich mit sich selbst ausmachen, denn Reden ist Verrat.

    Ergänzend zu der fiktiven Rahmengeschichte, wird der wahre Kern in Bezug auf Freddie Oversteegen von der Autorin erklärt. Aufrüttelnd und erschütternd zugleich wird hier eine Geschichte erzählt, die leider so viel Wahrheit enthält. Eine wertvolle Ehrung und Erinnerung der Schwestern Freddie und Truus Oversteegen, besonders da Freddie lange nicht über ihre Erfahrungen sprach und erst 2014 offiziell geehrt wurde, wie man ebenfalls durch das Buch erfährt.

    Raphaela Brosseron


    Freddie Obersteegen wurde 1925 geboren und hat der Autorin vor ihrem Tod 2018 ihre Geschichte erzählt. Das Buch erzählt von ihrem Leben im Widerstand, ist aber keine Biografie.
    Die 17-jährige Freddie und ihre zwei Jahre ältere Schwester Truus leben mit ihrer Mutter, einer geschiedenen Kommunistin in niederländischen Harlem. Da auch die Mutter im Widerstand aktiv ist, werden die jungen Frauen gefragt, ob sie auch den Widerstand unterstützen wollen. Zunächst verteilen sie Zeitungen und beobachten die Mofen (abwertende Bezeichnung für Deutsche).
    Da Freddie noch gut für 12 durchgeht, besonders, wenn sie sich kindliche Zöpfe macht, ist dadurch nicht verdächtig. Bald soll Truus mit einem deutschen Offizier treffen und ihn in einen Hinterhalt locken. Doch Heinrich steht mehr auf ganz junge Mädchen und so wird Freddie der Lockvogel.

    Die spannend und einfühlsam geschriebene Geschichte wirft viele Fragen auf. Durfte man diese jungen Frauen für solche Aufgaben heranziehen und ihnen nicht nur ihre Jugend berauben, sondern sie auch für ihr Leben traumatisieren? Gegen Ende des Buches fragt man sich, war es das wert? Freddie und ihre Gruppe waren so überzeugt von ihrer Aufgabe und sie konnten nach der Befreiung hoch erhobenen Hauptes sagen, dass sie nicht nur zu- oder weggesehen haben.

    Ein lesenswertes Buch voller Spannung über eine Frau, die zu Recht für ihr Tun von den Niederlanden geehrt wurde, wenn auch erst 2014.

    Dagmar Mägdefrau

  • Krummer Hund

    Krummer Hund

    Juliane Pickel

    BELTZ & Gelberg

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Peter-Härtling-Preis 2021, Monats-LUCHS (ZEIT / Radio Bremen) April 2021

    Leselotse Mai 2021 (Börsenblatt)

    Die besten 7 Bücher für junge Leser, August 2021 (Deutschlandfunk)

    Daniel ist 15 und vor einigen Jahren hat sein Vater ihm einen Hund geschenkt und hat dann seine Familie verlassen. Daniel leidet sehr unter dem Verlust und als jetzt sein Hund eingeschläfert werden muss, kann er nicht verstehen, dass seine Mutter mit dem Doc flirtet. Als dann der Tierarzt immer häufiger bei ihnen auftaucht und Daniel ihn gar nicht so schlimm findet, wie die vielen Vorgänger, keimt die Hoffnung nach einer Familie für ihn auf.
    Doch nach einem Unfall, beobachtet Daniel den Doc mit Misstrauen.

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    Mit seinem Freund Edgar teilt Daniel bisher alle Geheimnisse und die beiden beobachten Alina, die schöne, aber gemeine Mitschülerin.  Als Daniels Wutausbrüche immer gewalttätiger werden und er selbst sich sein Verhalten nicht erklären kann, schickt seine Mutter Daniel zu einer Psychologin, aber es muss noch einiges geschehen, bis der verunsicherte Junge die Hilfe nutzen kann.
    Wenn man in eine Situation gerät, die Wut in einem auslöst und für man nur durch Gewalt ein Ventil findet, dann kann man sich oft selbst nicht verstehen. Dass der Vater ein Kind einfach verlässt und sich nicht mehr meldet, ist so böse seinem Kind gegenüber, dass man es kaum glauben kann und Daniel hat seinen Vater als tollen Kerl in Erinnerung.
    Wer kann da Schuld an seinem Weggehen haben? Solch eine Situation macht Angst und die entlädt sich manchmal durch Wut. 

    Ein lesenswertes Buch nicht nur für Jugendliche, denn es veranschaulicht sehr gut die Emotionen des Jungen.

    Dagmar Mägdefrau

  • Searching Lucy

    Searching Lucy

    Christina Stein

    Sauerländer

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Eigentlich ist es eine normale Familie, die Zwillingschwestern Amber und Lucy, ihr kleiner Bruder Tom, der noch in die Kita geht, und die Eltern. Alle zusammen wohnen in einem Haus in einer kleinen Stadt. Der Vater arbeitet an der Schule der Töchter als Lehrer. Doch dann verschwindet plötzlich der Vater und an Halloween Lucy. 
    Amber will nicht hilflos sein, sie muss etwas tun, so kommt sie auf die Idee bei Leuten in der Nachbarschaft einzubrechen. Sie hofft, dass sie ihre verschwundene Schwester in einem Keller eingesperrt finden wird. Sie beherrscht mehrere Methoden des Einbruchs und scheut kein Risiko bei ihren Erkundungen.

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    Was sie findet ist meist ein trauriges, einsames Leben. Die Mutter hat begonnen zu trinken und wir erleben sie meist als hilflose Person. Besonders Tom leidet unter der Situation, die sich immer mehr verschlimmert. Amber entdeckt dadurch, dass sie auch GPS-Tracker benutzt, dass die Familie ihres ehemaligen Freundes Taylor nicht so schillernd ist, wie es von außen scheint.
    Auch ihr Mitschüler Jamie hat ein trauriges Geheimnis. Er will Amber zukünftig bei ihren Einbrüchen begleiten. Da die Polizei wohl in einer Sackgasse gelandet ist, versucht Amber alles um ihren Vater und besonders ihre Schwester zu finden.

    Die Beschreibung der Einbrüche und die mögliche Entdeckung nahm mir beim Lesen immer wieder den Atem. Die Spannung der Erzählung, die auch aus der Ichform (Amber) entsteht, nimmt immer mehr Fahrt auf und man muss einfach weiterlesen, um die ungewöhnliche Lösung des Falls zu erfahren.

    Dagmar Mägdefrau

  • Fürchtet uns, wir sind die Zukunft

    Fürchtet uns, wir sind die Zukunft

    Lea-Lina Oppermann

    BELTZ & Gelberg

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Der flotte Stil der jungen Autorin gefällt mir sehr gut. Viele Dialoge und kurze Blöcke mit großem Zeilenabstand und vielen freien Teilen, führt dazu, dass man das Buch schnell lesen kann.
    Theo Sandmann ist der Sohn eines Tänzerpaares und sein Vater starb, als Theo 5 Jahre alt war, bei einem Unfall. Das Buch beginnt mit Theos erstem Tag an der Akademie. Er ist Pianist und der berühmte Goldstein hat ihn zum Einzelunterricht angenommen. Er ist ein besonderer Lehrer mit wunderbaren Lehrmethoden, Theo ist sofort von ihm begeistert. Auch in der Pause wird sich an feste Zuordnungen gehalten, so sitzt Theo bei den anderen Pianisten und nicht bei Tofu, die er zunächst kennenlernt.

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    Werner Stenzel ist der große Förderer der Akademie und ein Redner auf der Gala. Dort hört Theo Aida singen und er ist ganz gebannt von ihr. Bei einer Party lernt er sie näher kennen und erfährt von ihrem Projekt, das so heiß, wie der Buchtitel. 
    Die jungen Leute unternehmen gefährliche Abenteuer und Theo muss dabei seine Höhenangst überwinden. Er bewundert und liebt Aida, die sich mit immer wechselnden Perücken auf ihrem kahlen Schädel inszeniert. Goldstein meldet Theo bei einem Wettbewerb an und er müsste dafür viel üben, aber das Zusammensein mit Aida ist ihm wichtiger, denn das scheint seine Zukunft.

    Die gut erzählte Geschichte nimmt dann eine Wendung, die ich auf mich ein Déjà-vu-Gefühl aufkommen lässt. Trotzdem bleibt es interessant und spannend. 
    Auch das zweite Buch von Lea-Lina Oppermann ist ein besonderes Buch und fordert dazu auf die Stimme zu erheben, so wie Theo.

    Dagmar Mägdefrau

  • Play

    Play

    Tobias Elsässer

    Hanser

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Zu diesem Buch fällt mir das Wort „Kammerspiel“ ein. Nach der Einleitung, in der der angetrunkene Abiturient Jonas seiner ehemaligen Lehrerin Anna näher kommt und wir seine Mutter, eine Performance-Künstlerin, die nur für Ihre Kunst lebt, kennen lernen, macht sich Jonas als Tramper auf den Weg.
    Er nutzt seit einiger Zeit eine App, die er aufgrund ihrer Aufmachung die Maschine nennt, und die ihm seine Zukunft geschildert hat. Sein Vater, der die Familie vor Jahren ganz plötzlich verlassen hat, und der jetzt als Anwalt erfolgreich ist, taucht in der Beschreibung auf und Jonas soll sich ähnlich wie er entwickeln. Das ist das Letzte, was Jonas sich wünscht, er will als Musiker berühmt werden. 

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    Schon an der ersten Raststätte begegnet Jonas Sun und ihren Freundinnen. Zusammen wollen sie, ebenfalls einer App folgend eine Party erreichen. Nach einer erlebnisreichen Feier fahren Jonas und Sun zusammen weiter. Ihr nächstes Ziel ist ein Ferienhaus im Taunus. Hier sind die beiden einige Tage allein und es entwickeln sich interessante Gespräche und spannende Situationen. 

    Trotz des technischen Ausgangspunkts geht es in diesem Buch um Gefühle, Freundschaft, Liebe und Entscheidungen, die beide treffen müssen. Einiges entwickelt sich ganz anders als erwartet, Sun ist scheinbar sprunghaft und launisch, dann aber doch hilfreich und voller Gefühl. Obwohl der größte Teil des Buches aus Gesprächen und Gedanken besteht, hat es Spannung und ist lesenswert.

    Dagmar Mägdefrau

  • Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß

    Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß

    Manja Präkels

    Btb / Verbrecher-Verlag

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium 2018

    Deutscher Jugendliteraturpreis 2018

    Anna-Seghers-Preis 2018

    Mimi wird in der DDR groß, in einer Kleinstadt in Brandenburg. Sie erzählt uns von ihrer Schule und ihrem Freund Oliver, mit dem sie am Nachmittag angeln geht. Mimis Mutter ist Lehrerin und eine überzeugte Kommunistin. Mimis Vater ist eigentlich Verkäufer, aber aufgrund seiner Krankheit meist zu Hause. Mimis Oma stellt Mimi ein Zimmer in ihrer Wohnung zur Verfügung, als der kleine Bruder geboren wird. Mimi beschreibt keine Idylle, es wird viel getrunken, so kommt es auch, dass sie mit Oliver, der sich später Hitler nennt, die Schnapskirschen isst.

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    Erstaunt war ich über die Brutalität, die hier schon an der Tagesordnung war. Da wurden in bestimmten Straßen Kinder wie Mimi mit Flaschen beworfen.
    Erst auf Seite 80 tritt Honecker endlich zurück und die Situation in der Stadt wird dadurch nicht entspannter. Umgehend bilden sich Nazigruppen, die Zecken, die Mimi jagen. Erstaunlich, wie schnell diese Glatzen das Bild der Stadt prägen. Allen voran Oliver, jetzt Hitler. 

    In dem Buch wird viel geraucht und gesoffen, später kommen auch andere Drogen dazu. Hitler ist da ganz groß im Geschäft. Mimi distanziert sich zunächst auch äußerlich, färbt sich die Haare und entwickelt einen anderen Musikgeschmack. Später versucht sie, sich zu verstecken, gleicht sich äußerlich an und zieht nach Berlin, sie hat Angst ihren kranken Vater zu besuchen, weil es in ihrem Freundeskreis immer wieder zu Überfällen der Nazis kommt.
    Das Buch macht Angst, natürlich hat man zunächst Angst um Mimi und ihre Freunde, aber die ganze Situation beängstigt mich. Wie können junge Leute in den 1990er Jahren einfach solche Gewalt ausüben und sich als Nazis bezeichnen? 

    Angesichts der Vorfälle in Chemnitz oder Halle befürchte ich nach dieser Lektüre, dass es viel mehr Nazis gibt, als ich für möglich gehalten habe. Besonders die Gewaltbereitschaft dieser jungen Menschen entsetzt mich. Mimi musste um ihr Leben fürchten und ich fürchte mich mit ihr um unser Land. Ein wichtiges Buch, wenn mir das Lesen auch an manchen Stellen die Luft nahm und ich die Angst spüren konnte.

    Dagmar Mägdefrau

  • Bus 57

    Bus 57

    Dashka Slater

    Loewe

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020

    Schon auf dem Buchrücken kann man lesen, dass Sasha, ein agender Weißer, der gerne Röcke trägt, und Richard, ein Afroamerikaner, der schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, in der Buslinie 57 aufeinandertreffen. Animiert durch seine Freunde hält Richard ein Feuerzeug an den Rock des schlafenden Sasha. Der Fall ging 2015 durch die Presse und Dashka Slater nahm diesen Artikel zum Anlass, diesen Fall zu recherchieren.

    Sasha, der als Luke geboren wurde, identifiziert sich als nicht einem gestimmten Geschlecht zugehörig, also als Agender oder Neutrois. (Mein Word gibt beide Worte als Fehler an!) In dem Kapitel „Gender, Geschlecht, Sexualität, Romantik: ein paar Begriffe“ lese ich einige, mir bisher nicht bekannte Begriffe bzw. Begriffe, ich bislang nicht einordnen konnte.

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    „Genderqueer/Nichtbinär – Geschlechtsidentität passt nicht richtig in das Zweiersystem männlich/weiblich.“ Oder „Greysexuell – empfindet nur gelegentlich sexuelle Anziehung, meist aber nicht.“ Sasha hat sehr aufgeschlossenen Eltern und besucht eine Privatschule, in der die Mitschüler ihn voll akzeptieren. Auch als er sich entscheidet, Röcke zu tragen, nimmt keiner daran Anstoß. Aufgrund des Alperger-Syndroms wird Sasha als sehr schüchtern beschrieben, er hat aber einen Freundeskreis und alle zusammen spielen ein sehr kreatives Spiel, bei dem 1001 leere Karten mit Spielanweisungen gefüllt werden müssen.

    Richard lebt im armen Teil von Oakland, geht auf eine öffentliche Schule und war aufgrund einer Straftat schon in einer betreuten Wohngruppe untergebracht. Seine Mutter und auch eine pädagogische Kraft, die selbst eine bewegte Vergangenheit hat, und zur Ersatzmutter für viele Schüler wird, bemühen sich um den Jugendlichen. Er ist fröhlich, albert herum und macht gerne Streiche, ist sehr einfühlsam und kann gut auf andere eingehen. Dann gibt es diesen Moment, wo Richard einfach die Auswirkungen seiner Tat nicht bedenkt. Er zündet den duftigen Rock an und Sashas Leben besteht lange Zeit aus Schmerzen. Da es Videoaufnahmen der Tat gibt, wird Richard schnell verhaftet. Der zweite Teil des Buches befasst sich mit der Justiz der USA bzw. des Staates Kalifornien. Richard wird zunächst nach Erwachsenenrecht angeklagt, obwohl er erst sechzehn ist. Dieser Teil ist kompliziert zu lesen und macht mich als Leser wütend, weil es so ungerecht ist, wie mit Richard verfahren wird. 

    Gerade in der Situation, wo wir wieder erleben, wie rassistisch unserer Gesellschaft ist, zeigt sich in diesem Buch, dass Menschen, die nicht der binären Norm entsprechen, noch häufiger unter der Intoleranz der „Normalen“ zu leiden haben. Das Buch benutzt immer das Gender* und für mich unbekannte Pronomen, wie sier und sieren statt sie/er oder ihrer/seiner. Unter „Nichtbinär-Wiki“ habe ich aber auch andere Möglichkeiten gefunden. Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis sich unsere Sprache verändert.

    Ein interessantes Buch zu einem Thema, das in unserer Zeit immer mehr an die Öffentlichkeit dringt und über das ich bisher wenig Informationen habe.

    Dagmar Mägdefrau