• Das Feuer vergessen wir nicht  

    Das Feuer vergessen wir nicht  

    Sarah Jäger

    Rotfuchs

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Kennst du das, wenn du ein Buch schnell auslesen möchtest, weil es dich so interessiert, du dann aber traurig bist, dass es zu Ende ist. Du hättest gerne noch so viel erfahren wollen. Mir ging es mit diesem Buch so. 
    Ari lebt mit ihrer schwangeren Schwester und ihrer Mutter zusammen in einem Haus, in dem sich die Bewohner*innen als Freunde betrachten und sich auch so verhalten.
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    Mirjam und Milan kennt Ari schon ihr Leben lang und sie nennt sie kurz ihre MiMis. Die drei verbringen ihre Tage und manchmal auch ihre Nächte zusammen und kennen sich total gut. 
    Ari liest, um etwas Geld zu verdienen, in einem Altersheim vor. Dort trifft sie Flint, der hier aushilft. Die beiden verbindet etwas und es ist angenehm zu lesen, wie Ari dieses Zusammentreffen empfindet. Etwas Zartes wird sich entwickeln. Als die alte Frau Martin, die nie spricht, Ari Streichholzmädchen nennt, möchte Ari gerne verstehen, was sie damit gemeint hat. So erfährt sie von einem Streik, der vor 100 Jahren in einer englischen Streichholzfabrik stattfand. Und für sie taucht die Frage auf, was in 100 Jahren noch von ihr übrig sein wird.
    Schnell war ich beim Lesen in den Zauber dieser jungen Liebe eingetaucht, aber auch in die äußeren Umstände, die nicht so einfach waren, die ich aber durch den Zusammenhalt und die Freundschaft rund um Ari so angenehm empfunden habe. Das Ungeborene der Schwester wurde „das kleine Wesen“ genannt, daraus spricht die ganze Zärtlichkeit einer werdenden Tante. Die Berührung von Flints Hand so zart und forschend, die ein Kribbeln bei Ari auslöst, da kann ich beim Lesen die Schmetterlinge spüren.
    Das etwas karge Cover passt hervorragend zur Geschichte, die zum Ende noch an Dramatik zunimmt. Ein Buch geschrieben für Jugendliche, ein Coming-of-Age-Roman, wie es heute genannt wird. Ich kann aber auch allen Erwachsenen dieses Buch ans Herz legen.

    Dagmar Mägdefrau
  • Girls Trip – Vier Freundinne. Eine Luxusjacht. Eine tödliche Reise

    Girls Trip – Vier Freundinne. Eine Luxusjacht. Eine tödliche Reise

    Jan Gangsei

    Übersetzt von Sabine Schilasky

    one

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Wer einmal von einer Jacht verschwindet, gilt quasi schon als tot. Als dann noch Videobeweise auftauchen, die zeigen, wie Giselle absichtlich über Bord gestoßen wird, und dies ausgerechnet von der mysteriösen Neuen der Gruppe, liegt der Verdacht auf Mord nahe. 
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    Der Fall wird rückwärts aufgerollt: Wie kam es dazu? Warum reden die Mädchen so schlecht über Maggie? Und was hat sie überhaupt als „armes Mädchen“ auf der Luxusjacht zu suchen?
    Besonders interessant sind die Einblicke in Maggies Sicht und Giselles Briefe an ihre verstorbene Mutter, die eine Art Tagebuch ersetzen. Giselle hat viele Probleme, vor allem finanzieller Art, während es Maggie vergleichsweise gut geht. Trotzdem freunden sich die beiden an. Erfrischend dabei: Giselle ist nicht naiv, sie durchschaut Maggies Lügen, auch wenn ihr der Grund zunächst unklar bleibt.
    Das Locked-Room-Szenario ist hier gelungen. Eine Jacht mit Personal und Menschen, die glauben, sich alles mit Geld kaufen zu können, ist von sich aus schon gruselig. Das mysteriöse Verschwinden am Anfang nimmt die Hoffnung auf ein Happy End und steigert dadurch die Spannung.
    Ganz gepackt hat mich der Thriller allerdings nicht. Keine der Figuren blieb mir wirklich im Gedächtnis, und anfangs haben mich Maggies Beweggründe zum Lügen kaum interessiert. Erst ab der Mitte des Buches nahm die Geschichte richtig Fahrt auf.
    Ein Punkt, der mich gestört hat, sind die Tagebucheinträge. Wenn sie zu erklärend wirken, nach dem Motto „wie du weißt, ist XY meine Freundin“, verlieren sie für mich an Authentizität. Genau das war bei Giselles Briefen der Fall. Trotzdem fand ich Giselle mit ihrer ambivalenten Art noch spannend.
    Alles in allem ein solider Thriller: unterhaltsam, wenn man keine zu tiefgründigen Einblicke in die Dynamiken der Figuren erwartet und mit einigen Klischees leben kann.

    Raphaela Brosseron

  • Engel der Nacht

    Engel der Nacht

    Nils Mohl

    Rotfuchs

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Buch des Monats Mai 2025

    Kester träumt aus unterschiedlichen Gründen von der Nacht der Nächte. Für ihn fühlt sich das Ende der Schulzeit nicht wie ein Neuanfang an, sondern wie ein letzter Höhepunkt. Erwachsenwerden? Klingt nach Enttäuschung. Und als beim Feiern des Abiturs eine Situation eskaliert, ist für Kester klar: Diese Nacht soll die letzte sein, ganz oder gar nicht.
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    Mit dieser radikalen Haltung stürzt er sich in das nächtliche Hamburg, begegnet Menschen, denen er im Alltag nie begegnet wäre, schillernden, verletzlichen, rätselhaften Figuren, die alle ihre eigene Geschichte mit sich tragen. Doch keine Begegnung, keine Version dieser Nacht erfüllt seinen Traum. Kester sucht weiter, fragt sich, wie sein Leben und sogar sein Tod aussehen soll. Vielleicht denkt er zu viel, vielleicht ist es Blanka, die ihn nicht loslässt. Klar ist: Eine Erzählweise reicht nicht. Die Nacht der Nächte braucht mehr.
    Gerade darin liegt der Reiz dieses Romans: Er ist offen, vieldeutig, widersprüchlich und genau deshalb so nah dran an der Wirklichkeit junger Menschen im Umbruch. Der Roman fordert definitiv seine Leser*innen heraus. Er spricht wichtige Fragen an: Was kommt nach der Schule? Was macht das Leben lebenswert? Und wer rettet eigentlich wen? Der Freund, der Engel, oder eine fremde Gestalt in einer Sommernacht?
    Der Roman ist nicht die leichteste Kost, aber ein intensives, atmosphärisches Leseerlebnis. Ein Buch für Jugendliche eher ab etwa 16, die Lust auf Tiefe, ehrliche Gefühle und ein bisschen Magie inmitten der Realität haben.

    Raphaela Brosseron

    Auf dem fast weißen Cover (es hat zarte kleine graue Sprenkel) sehen wir den 17-jährigen Kester, der gerade sein Abiturzeugnis bekommen hat, mit einem brennenden Bengalo in der Hand.
    Kester ist der Junge, dem immer alles gelang in der Schule, der ohne große Schwierigkeiten alle Aufgaben lösen konnte und der nun die Nacht nach der Zeugnisvergabe zu einer besonderen machen möchte. Weil seine Freundin Blanka ihn gedrängt hat, ist er mit den Jugendlichen aus seiner Klasse am Strand unterwegs. Es wird getrunken und herumgeschwafelt. Doch Kester hängt sich immer wieder daran auf, dass die Nacht eine besondere, einzigartige werden soll. Muss sie dann auch zwangsläufig die letzte sein? Die anderen wollen feiern und die Nacht genießen, vielleicht später bei Klassentreffen davon schwärmen, doch Kester ist es Ernst. So fährt er mit Blankas Auto nach Hamburg, dort will er erleben, wie es ist, im legendären Bunker zu feiern und zu tanzen. Denn bisher hat er davon nicht viel gehalten, seine Freizeit so zu verbringen. In Hamburg begegnet er Bruno, der behauptet, ein Engel zu sein.
    Wie in Sarah Jägers Buch „Die Nacht so groß wie wir“ geht es um die Nacht nach der Abiturzeugnisvergabe, die ja wohl für die jungen Menschen, für die nun ein ganz neuer Lebensabschnitt beginnt, eine ganz besondere ist.
    Aber Kester weiß nichts, mit seiner Zukunft anzufangen, er hat keine Pläne und ob er auch weiter „Kester, mein Bester“, der alles kann und weiß, sein wird, ist für ihn fraglich. Die Party der anderen macht ihm keinen Spaß und deshalb will er das ausprobieren, wovon Blanka immer schwärmt, im Bunker tanzen und alles um sich herum vergessen. Er mag nicht tanzen und kann es auch nicht, trotzdem will auch er dieses Gefühl spüren.
    Das Buch hat mehrere Abschnitte, die immer durch graue Seiten abgeteilt sind. Während Kester auf den weißen Seiten erzählt, ist der Text der grauen Seiten neutral geschrieben. Die nächste Geschichte fängt früher an als die vorhergehende und das macht das Lesen noch einmal spannender.
    Kester ist ein Jugendlicher, der sucht und der seiner Sehnsucht nach dem Tod Ausdruck verleiht, der Gefühle nicht zulassen will und er dadurch noch verletzlicher ist. Keine einfache Lektüre, mit der man sensible Leserinnen und Leser nicht allein lassen sollte.

    Dagmar Mägdefrau
  • People Pleaser – Eine für alle und alle für sich

    People Pleaser – Eine für alle und alle für sich

    Anna Dimitrova

    Arctis

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    KORBINIAN -Paul-Maar-Preis 2025

    Nina geht es gut, wenn sie anderen helfen kann. Sie bringt ihren besten Freund*innen Frühstück mit in die Schule, schreibt Hausaufgaben doppelt ab. Alles, um zu helfen. 
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    Vielleicht liegt das auch an ihren bulgarischen Wurzeln: Ihre Mutter hat ihr beigebracht, dass Frauen in ihrer Familie niemals stillstehen dürfen. Ganz anders ihr kleiner Bruder Ivo, der chillt sich durchs Leben als wäre es ein Vollzeitjob.Besonders intensiv lebt Nina ihre „Fürsorge“ gegenüber ihrer besten Freundin Teo aus. Doch bei Theo spürt sie auch eine gewisse Distanz, irgendwas ist anders zwischen ihnen. Und dann ist da noch Aleks, der neue Bad Boy in Theos Leben. Nina geht so weit, ihn "retten" zu wollen, ohne zu merken, dass sie dabei ihre eigenen Freundschaften vernachlässigt.
    Nina sieht häufig das Problem vor lauter “People Pleasen” nicht, vor allem nicht, dass das “Pleasen” nicht immer positiv ist. Das ist teilweise so unangenehm, wie sie wirklich gar nicht für sich und ihre Bedürfnisse einsteht, dass es weh tut. Gerade dadurch entstehen aber auch spannende Dynamiken, die zum Nachdenken bringen: Was bedeutet Freundschaft eigentlich, wenn nur eine Seite sich öffnet und die andere immer nur hilft? Ist das wirklich fair? Tut Nina Theo damit überhaupt einen Gefallen?
    Auch die anderen Figuren greifen diese Dynamik auf und wirken dabei super echt. Wie schon in Kanak Kids bringt Dimitrova auch hier viel Humor rein. So schlagfertig wie Dimitrovas Figuren wäre ich gerne mal!
    Der Roman zeigt, wie es ist, wenn man immer nur für andere lebt und dabei sich selbst vergisst. Woher kommt das? Was ist erlernt, was ist vielleicht auch Erwartung von außen? Und wie oft machen wir Dinge für andere, ohne zu fragen, ob sie das überhaupt wollen? Wie wenn man jemandem immer den letzten Keks überlässt, ohne zu wissen, ob der andere überhaupt Appetit hat.
    Ein kluger, zeitgemäßer Roman mit viel Gefühl und Witz, der zum Reflektieren einlädt, ohne belehrend zu sein.

    Raphaela Brosseron


    Mir sagte der Begriff „People Pleaser“ nichts, deshalb hier die Definition: „...versteht man eine Person, die es allen anderen Menschen recht machen möchte. Nicht selten vergisst der „People Pleaser“ dabei seine eigenen Bedürfnisse.“
    Nina orientiert sich an ihrer Mutter, die immer bereit ist, anderen zu helfen. Neben Beruf und Haushalt kümmert sie auch um andere Menschen. So verhält sich auch Nina, die kurz vor dem Abitur steht. Da ihre langjährige Freundin Teo seit zwei Jahren ein Problem mit sich herumschleppt, das auch ihre Freundschaft belastet, besucht Nina eine Therapeutin, damit sie ihrer Freundin helfen kann. Leider gerät Teo auch immer an die falschen Jungs und diesmal ist es Aleks, der ihr gefällt. Aleks hat das Abi nicht geschafft und kommt deshalb neu in Ninas Freundesgruppe. Er tritt selbstbewusst auf und verbringt seine Zeit in einem Gym, um stundenlang zu trainieren. Nina befürchtet, dass Teos Freundschaft zu ihm toxische Züge haben wird und entschließt sich, mittel Deeptalk seinen Charakter zu verbessern. Doch dann erfährt sie, was sich hinter Aleks smarter Fassade verbirgt.
    Die Autorin stellt bulgarische Familien so dar, dass die Frauen sich für die Familie aufopfern, während Männer sich bedienen lassen. Entstehen so Vorurteile?
    Auf fast 400 Seiten erzählt uns in erster Linie Nina von ihren Bemühungen, immer Hilfe anzubieten und sich ausschließlich über diese Hilfe zu definieren. Damit schreckt sie Teo immer mehr ab und Aleks will sie mit ihren Deeptalks zu einem besseren Freund machen, damit Teo endlich eine gute Beziehung hat. Doch dabei erkennt sie nicht die echten Probleme ihrer Freundin und erst recht nicht ihre eigenen Probleme.
    Ein Buch, dass man nicht so leicht vergessen kann und was dazu führt, dass man seine eigenen Motive hinterfragt.

    Dagmar Mägdefrau

  • Academy of Lies – Anatomie einer Verschwörung                             

    Academy of Lies – Anatomie einer Verschwörung                             

    Nina Scheweling

    Loewe

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Quinn Schreiber hat mit 8 Jahren ein Spenderherz bekommen. Sie weiß: So ein Herz hält vielleicht zehn Jahre, wenn man Glück hat. Doch anstatt sich davon unterkriegen zu lassen, beginnt sie, sich intensiv mit dem Tod zu beschäftigen. 
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    Nicht, weil sie ihn besiegen will, sondern weil sie ihn verstehen möchte. In einem Tagebuch sammelt sie seit Jahren Todesursachen, analysiert sie und erklärt sie sachlich.
    Jetzt schreibt sie sich an der renommierten, elitären Schreiber-Akademie ein, mitgegründet von ihrem Großvater. Auch ihr Bruder studiert dort bereits im zweiten Jahr und scheint in etwas Geheimes verwickelt zu sein. Doch das ist erstmal Nebensache, denn gleich zu Beginn wird Quinn Zeugin eines Mordes. Und zwar an niemand Geringerem als dem neuen Direktor der Akademie.
    Quinn hat einen klaren, fast sterilen und emotionslosen Blick auf alles (außer ihren Bruder). Was sie zu einer gut geeigneten Medizinstudentin macht, aber vermutlich würde sie keine gute Ärztin werden. Ihre Art fand ich total spannend, weil sie viele Fragen aufwirft: Darf man sich mit dem Tod abfinden, obwohl man noch lebt? Muss man deshalb aufhören, das Leben zu genießen? Diese Fragen stellt sich nicht nur Quinn, auch ihr Bruder bringt sie ins Spiel.
    Toll fand ich, dass Quinn sich im Laufe der Geschichte subtil weiterentwickelt, ohne sich dabei untreu zu werden. Ihr Bruder, der schon auf dem Klappentext erwähnt wird, bleibt lange eher im Hintergrund. Erst gegen Ende wird es um ihn richtig spannend. Deshalb würde ich ihn im Klappentext vielleicht gar nicht extra hervorheben.
    Die Akademie, die Verbindung, das medizinische Wissen und die dunkle Atmosphäre schaffen natürlich Spannung und die besagte Dark Academia Stimmung. Zwar empfand ich bei der Handlung zwischendurch ein Plateau, für das rasante Ende, aber wenn man in mehreren Teilen denkt, ist das vielleicht durchaus sinnvoll.
    Ein besonderer Thriller mit einer starken Idee, spannender Umsetzung und einer Hauptfigur, die so ganz anders ist als typische Ermittler*innen.

    Raphaela Brosseron

  • Schloss der Lügen

    Schloss der Lügen

    Mara Rutherford

    Arctis W1

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    „Eldridge Hall war auf Lügen gebaut“ – so beginnt der Roman und sofort wird klar, wie brüchig und vielschichtig dieses Lügengebäude ist. Allein deshalb finde ich den deutschen Titel viel treffender als den englischen A Multitude of Dreams, denn er bringt das zentrale Thema auf den Punkt: Schein und Wahrheit.
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    Die Geschichte spielt in einer düsteren, abgeschotteten Welt: Das Königreich Goslind wurde vor Jahren von der Mori Roja, der tödlichen Pest, heimgesucht. Seitdem herrscht auf Eldridge Hall ein bizarrer Alltag: streng geregelt, vollkommen abgeschirmt von der Außenwelt. Niemand verlässt das Schloss, niemand schaut nach draußen. Was passiert, wenn die Vorräte zur Neige gehen, bleibt ungewiss.
    Im Mittelpunkt stehen zwei Figuren, deren Fokus kapitelweise wechselt: Prinzessin Imogene, die im goldenen Käfig lebt, und Nico, der draußen überlebt hat, immun gegen die Pest. Als er beginnt, seine Vergangenheit und die offizielle Version der Geschichte zu hinterfragen, stößt er auf eine verstörende Wahrheit: Neben Toten und Überlebenden gibt es auch Wiedergeborene: Mittlerweile blutsaugende Kreaturen.
    Eine große Lüge, die mit einer geheimen Identität verknüpft ist, wird recht früh enthüllt, aber ihr voller Umfang entfaltet sich erst nach und nach, was den Spannungsbogen abrundet. Ich habe einige Kritiken gelesen, die den Plot als unlogisch oder unausgewogen bezeichnen, das konnte ich persönlich nicht so nachvollziehen. Klar, manches hätte etwas ausführlicher erklärt werden können, etwa die Herkunft und Natur der Wiedergeborenen, aber insgesamt fand ich die Spannung gut gehalten.
    Besonders positiv fand ich, dass das Buch auch gesellschaftlich relevante Themen anspricht, etwa soziale Ungleichheit und Antisemitismus. Das verleiht der Geschichte Tiefe, ohne aufgesetzt zu wirken. Auch der Umgang mit Liebesbeziehungen war für mich erfrischend anders: Es läuft nicht sofort auf die eine große, vorhersehbare Liebe hinaus. Die Figuren begegnen mehreren Menschen, mit denen etwas möglich wäre. Logisch, denn in einer Welt, die von Angst und Isolation geprägt ist, steht Romantik nicht an erster Stelle.
    Zugegeben: Ohne den Fantasy-Aspekt hätte mir das Buch vielleicht noch besser gefallen, gleichzeitig wären dann aber auch die Monster, und damit die große, spannende Bedrohung, weggefallen.
    Fazit: Wer Geschichten mag, die in einer mittelalterlich angehauchten, düsteren Welt spielen, gerne mit Fantasy-Elementen, aber auch ernsten Themen und glaubwürdigen Figuren, dem*der kann ich Eldridge Hall wirklich empfehlen. Ein Buch, das mehr ist als eine typische Liebesgeschichte und dabei nicht nur an der Oberfläche bleibt. Außerdem ist es ein recht geschlossenes Ende, weil nicht, wie sonst auch gerne üblich, auf eine Trilogie hingearbeitet wird.

    Raphaela Brosseron

  • Theo, Tim, Kurkuma und ich

    Theo, Tim, Kurkuma und ich

    Margarita Kistner

    Tyrolia

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    „In der Küche bin ich dir tausendmal näher als auf dem dämlichen Friedhof. Auch wenn ich zu den Red Hot Chili Peppers tanze [...] überall bin ich dir näher als auf diesem scheußlichen Friedhof.‟
    Amelies Stiefvater lebt seit anderthalb Jahren nicht mehr, was ihr Bedürfnis, mit ihm zu sprechen, nur noch größer macht.
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    In ihrer Erzählung spricht sie ihn weiterhin mit „Du“ an und baut dabei eine neue, ganz eigene Beziehung zu ihm auf: Sie nimmt ihn mit in ihre Klasse, tanzt zu der Musik seiner Lieblingsband, den Red Hot Chili Peppers, erzählt von Mitschüler*innen, ihrer Leidenschaft für Fotografie, ihren alten und neuen Sorgen als Teenager, der mit einem schweren Verlust leben muss und mit einer Mutter, die die Liebe ihres Lebens verloren hat.
    So bekommen wir einen sehr persönlichen und ehrlichen Einblick in Amelies Gefühlswelt. Sie musste plötzlich Verantwortung übernehmen, ihre Freundschaft zu Selina hat sich verändert, und die Fotografie wird für sie zu einem wichtigen Ventil. Und dann ist da noch Theo, ein schräger, aber irgendwie lieber Typ, bei dem sie einfach sie selbst sein kann: ein trauerndes Mädchen, das versucht, mit all dem Schmerz klarzukommen. Und bei allem, was sie tut, ist Stefan in Gedanken dabei, sie fragt sich immer wieder, was er wohl denken würde.
    Besonders interessant finde ich, dass die titelgebenden Figuren erst relativ spät alle auftauchen. Das nimmt ihnen nicht ihre Bedeutung, gibt Amelie aber den Raum, erst einmal ihre eigene Geschichte zu erzählen. Auch die Rolle von Kunst und Freundschaft im Trauerprozess wird auf sehr einfühlsame Weise gezeigt.
    Eine berührende Geschichte über Trauer, Neuanfänge und darüber, wie sehr ein einziger Mensch fehlen kann, erzählt mit viel Gefühl und von schönen und stimmungsvollen Illustrationen begleitet.

    Raphaela Brosseron
  • Der Duft von Grün

    Der Duft von Grün

    Pamela Sharon

    Freies Geistesleben

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Nominiert für den Jugendliteraturpreis 2025

    Das Cover ist schwarz und hat oben einige lila und unten einige grüne Punkte, die in Brailleschrift „Duft“ und „Grün“ bedeuten. Raven ist blind und sie trägt zum Ärger ihrer Freundin May-Lin gerne grün, während sie lila bevorzugt.

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    Raaf, wie Raven meist genannt wird, erzählt uns ganz genau, wie die Farbe, nachdem sie Lin kennenlernte und sie Freundinnen wurden, in ihr Leben kam. Deshalb hat jedes Kapitel eine Farbe, die die Stimmung von Raaf darstellt. Nachdem Raaf auf der Förderschule sehr gut war, kommt sie in eine Schule, in der sie das einzige blinde Mädchen ist. Die Reaktionen der anderen haben eine Bandbreite von Neugier, guten Ratschlägen bis hin zu Mobbing. Doch Raaf hat Lin an ihrer Seite, die sie begleitet, führt und beschützt. Das sie damit aber auch Raaf einengt und ihr ihre Meinung aufdrängt, bemerkt Raaf nicht. Sie ist ihrer Freundin dankbar und kann sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Ihre Eltern leben getrennt und ihr älterer Brüder wohnt beim Vater, während Raaf auch aus praktischen Erwägungen bei ihrer übervorsichtigen Mutter blieb. Der gefällt Ravens Freundschaft zu May-Lin nicht, denn die schwänzt immer wieder mit Raaf Schulstunden. Doch dann passiert ein schreckliches Unglück und Raven muss sich neu orientieren. Aber es taucht auch Roan, ein künstlerisch begabter jungen Studienabbrecher auf, der ihr eine neue Welt voller Liebe eröffnet.
    Raaf sieht sich, das stellt sie selbst immer wieder fest, als Opfer, oft nimmt das Selbstmitleid überhand. Ich glaube, dass man für diese Lebenseinstellung nicht unbedingt blind sein muss, hier hat das Verhalten allerdings einen handfesten Grund. Lin sieht in ihr das Mädchen, und behandelt sie so, allerdings empfind ich ihr Verhalten auch als toxisch. Es ist schön Raafs Liebe zu Roan mitzuerleben und sie beim Selbstständig werden zu begleiten.

    Dagmar Mägdefrau
  • Spark of Time – Ein Date mit Mr. Darcy – Band 2

    Spark of Time – Ein Date mit Mr. Darcy – Band 2

    Kira Licht

    one

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Lillys Herz ist gebrochen. Ray – alias Damien – kann ebenfalls durch die Zeit reisen und wollte ihr einst sogar das Zahnrad stehlen. Seine Sorge um seine Schwester Ruby kann Lilly zwar nachvollziehen, doch verzeihen kann sie ihm (noch) nicht. 
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    Dennoch bleibt ihnen keine Wahl: Sie müssen erneut gemeinsam in die Vergangenheit reisen, denn Damiens Vater erpresst Lilly – mit dem Schicksal ihres eigenen Vaters.
    Die Reise führt sie ins England der Regency-Zeit, mitten hinein in das Leben von Jane Austen. Dort treffen sie nicht nur auf die berühmte Autorin von Stolz und Vorurteil, sondern auch auf ihren ganz realen Mr. Darcy. Die gesellschaftlichen Normen dieser Epoche bringen die beiden mehr als einmal in prekäre Situationen – und in große Gefahr. Lilly ist von der historischen Kulisse fasziniert und glänzt mit ihrem geschichtlichen Wissen.
    Doch zwischen ihr und Damien knistert es – trotz Vertrauensproblemen ist da etwas. Dieses "Etwas" wird allerdings in einer viel zu ausufernden und unpassenden Sexszene derart übertrieben dargestellt, dass es den Lesefluss stört. Die Szene wirkt fehl am Platz und hätte der Geschichte nicht gefehlt – im Gegenteil.
    Auch der Fokus auf die eigentliche Mission geht stellenweise verloren. Die Handlung in der Vergangenheit ist so spannend und atmosphärisch dicht, dass man leicht vergisst, in welcher Gefahr die Figuren eigentlich schweben. Das liegt auch daran, dass Damiens Vater von Beginn an überzeichnet böse dargestellt wird – ohne klare Entwicklung oder Aufbau. Dadurch fehlt es an echter Bedrohung oder Spannung.
    Zudem wird am Ende eine weitere Figur plötzlich als Gegenspieler enthüllt, was eher verwirrt als überrascht und die Handlung auf eher merkwürdige Weise weiterspinnt.
    Trotzdem: Die historischen Fakten und die Einbindung Jane Austens und ihrer Zeit sind großartig gelungen. Eine tolle Geschichte für Zeitreise-Fans – mit einer Einschränkung: Würde man auf die erwähnte Szene verzichten, wäre das Buch auch für jüngere Leser:innen geeignet.

    Raphaela Brosseron



  • Spark of Time – Rendezvous auf der Titanic – Band 1

    Spark of Time – Rendezvous auf der Titanic – Band 1

    Kira Licht

    one

    Spark of Time

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Eigentlich reist Lilly nur durch die Zeit, um das Antiquariat ihres Vaters am Laufen zu halten. Klingt vernünftig – schließlich muss ja jemand die alten Schätze finden, die wohlhabende Familien längst verloren glaubten. 
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    Doch als ihr Vater wegen hoher Spielschulden in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, nimmt Lilly einen besonders riskanten Auftrag an. Sie reist allein auf die Titanic, vier Tage, bevor das Schiff untergeht. Und als wäre das nicht schon dramatisch genug, verliebt sie sich dort auch noch in Ray. Eine Liebe, die eigentlich keine Zukunft haben kann …
    Zeitreisen sind erzählerisch echt knifflig, weil man sie nicht einfach nur mit Magie erklären kann, schließlich spielt echte Geschichte eine Rolle. Aber genau das ist hier gut gelungen: Die historischen Details rund um die Titanic wirken glaubwürdig und gut recherchiert. Obwohl man natürlich weiß, dass die Titanic sinken wird, verliert sie wohl niemals an Spannung.
    Was Damien Belmont bzw. Ray betrifft: Auch er kann durch die Zeit reisen, allerdings fand ich seine Beweggründe weniger überzeugend. Sein Vater wird zu sehr als Antagonist, als “Ober-Bösewicht” dargestellt, während Damien in eine Märtyrer-Rolle gerät. Lillys Perspektiv fand ich daher viel authentischer, es erzählen aber beide abwechselnd.
    Wer Gwendolyn und Gideon aus Rubinrot mochte, wird hier auf jeden Fall Parallelen entdecken: Auch hier wird klar, dass Liebe durch alle Zeit nicht gerade hilft, wenn man eine Mission zu erfüllen hat.
    Eine klare Empfehlung für alle, die Zeitreise-Stories mit Romantik, Spannung und einem Hauch Geschichte lieben – besonders Fans von Rubinrot werden hier auf ihre Kosten kommen!

    Raphaela Brosseron
  • Hunting Souls – Unsere verräterischen Seelen – Band 1   

    Hunting Souls – Unsere verräterischen Seelen – Band 1   

    Tina Köpke

    Coppenrath

    Hunting Souls

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Das eindrucksvolle Cover und der stimmige Titel bereiten perfekt auf den Inhalt vor. Die Geschichte dreht sich um Katrina, deren untote Existenz viel besser zu ihr passt als ein menschliches Leben. Gefühle zeigt sie nur gegenüber ihren Vampir-Eltern und ihrer Hexenschwester. 
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    Denn entgegen allen Erwartungen können Wesen unterschiedlicher Art eine Familie bilden und unauffällig unter Menschen leben. Die größte Bedrohung für sie sind jedoch die Jäger – weshalb es für Katrina eine bittere Ironie ist, dass sie ausgerechnet durch einen Fluch an den 18-jährigen Tate gebunden wird, der aus einer Jägerfamilie stammt. Widerwillig müssen sie zusammenarbeiten, doch mit der Zeit gewöhnen sie sich aneinander. Ist es das magische Band zwischen ihnen – oder beginnt Katrina wider Erwarten, echte menschliche Gefühle zu entwickeln?
    Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass hier typische Klischees bedient werden: Die unnahbare, "besondere" Protagonistin, die dadurch für den männlichen Gegenpart besonders reizvoll wird, oder eine klassische Enemies-to-Lovers-Geschichte, wie man sie schon oft gelesen hat – diesmal eben mit übernatürlichem Touch. Doch glücklicherweise geht die Erzählung einen anderen Weg. Katrina und Tate lernen sich auf eine authentische Weise kennen, und es ist nicht ihre Gegensätzlichkeit, die sie anzieht, sondern die Gemeinsamkeiten, die sich im Laufe ihrer unfreiwilligen Partnerschaft zeigen. Besonders gelungen ist, dass beide ihre eigene Perspektive erzählen dürfen, was ihre Charaktere noch greifbarer macht.
    Auch die Fantasywelt rund um die beiden ist stimmig und gut durchdacht. Zwar gibt es einige Passagen, die sich etwas ziehen und manche Entwicklungen sind vorhersehbar, doch die starke Dynamik zwischen Katrina und Tate gleicht das aus. Da die Geschichte in einem zweiten Teil fortgesetzt wird, hoffe ich auf einige unerwartete Wendungen – denn am Ende dieses Bandes blieb ich etwas ratlos zurück, wie es weitergehen könnte. Allerdings würde ich das Buch eher ab 16 Jahren empfehlen, immerhin wird von der sexuellen Anziehung Volljähriger erzählt.

    Raphaela Brosseron

  • Zweiklang       

    Zweiklang       

    Elin Hansson

    Arctis

    Leseempfehlung ab 14 Jahre

    Liebe-Buchtipp April 2025

    Obwohl das Cover sehr japanisch anmutet, spielt die Geschichte in Norwegen, allerdings übernimmt ein japanischer Dozent eine wichtige Rolle ein.
    Torleif bezeichnet sich selbst als queer und das Internat in der Stadt macht ihm auch gar keine Schwierigkeiten.
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    Seinen besten Kumpel Kim, der ebenfalls homosexuell ist, unterstütze ich sehr, denn er ist bei seiner Mutter sehr frei aufgewachsen. 
    Torleif hingegen hatte in seinem Heimatdorf Probleme mit den Vorurteilen der anderen Bewohner, deshalb hat er seine sexuelle Ausrichtung auch immer verschwiegen. Seit dem Tod seiner Mutter hat er es auch vermieden, nach Hause zu Vater und Bruder zu fahren, deren großes Hobby die Jagd ist. Doch dann hat sein Großvater, den er Goffa nennt und der ein großer Geigenbauer ist, einen Schlaganfall und Torleif fährt zu seiner Unterstützung in das kleine Dorf in den Bergen. Schon bald trifft er auf seinen alten Freund, der sich außer, dass er dicker geworden ist, nicht verändert hat. Torleif spielt selbst sehr gut Geige und wird von Anne, seiner alten Dozentin, gebeten, sie zu vertreten. So lernt er den japanischen Künstler Horimyo kennen, von dem er sich magisch angezogen fühlt.
    Das Buch zeigt, wie schwer es ist, sich zu outen und seiner Umgebung zu gestehen, dass man queer ist. Torleif ist ein junger Mann, der die Trauer um seine Mutter immer noch nicht verarbeitet hat und der von seinem Vater und seinem älteren Bruder keine Unterstützung erwartet. Ganz anders ist sein Verhältnis zu seinem Goffa. Der alte Mann kann die Gefühle seinen Enkels gut erkennen und er gibt ihm immer wieder Mut, sich dem Leben zu stellen.
    Toreif erzählt seine Geschichte in dem Buch selbst, so konnte ich seine Gefühle sehr gut mitempfinden und mit ihm leiden. Ein sehr sensibel geschriebenes Buch mit viel Musik (die Playlist kann man herunterladen) und wundervollen Aussagen. Zitat Goffa: „Jeder muss so sein dürfen, wie er ist.“

    Dagmar Mägdefrau
  • Brennendes Wasser

    Brennendes Wasser

    Lukas Erler

    Arena

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Nach der Wiederwahl Trumps wird das Thema Fracking wieder aktuell werden. Dieses Buch, das erstmals 2014 erschienen ist, nimmt sich dem Thema als Thriller an.
    In der Nähe von Kantheim im Norden Deutschland beobachten drei junge Leute, wie ein wunderlicher alter Mann das Wasser aus dem Hahn mit seiner Pfeife ansteckt und mit dem Haus in die Luft fliegt.
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    Caro gibt den Vorfall zu Protokoll und zieht damit das Interesse eines Managers aus Toronto auf sich. Zeitgleich dringt der Bauernjunge Gary in die Chefetage eines Gaskonzerns ein und zwingt die Manager, „unbedenkliches“ Wasser zu trinken. Seine Anwältin kann ihn vor einer Verurteilung bewahren, doch der Konzern will Rache. 
    Gut recherchiert, wird hier über die Folgen von Fracking berichtet, über Manager, die für ihren Reibach buchstäblich über Leichen gehen. Mich erschreckt es immer wieder, was wir unserer Natur und dem Lebensraum von Mensch und Tier antun, nur um an fossile Energien zu kommen. Spannende Verfechtungen, glaubwürdig konstruierte Szenarien machen dieses Buch zu einem Thriller besonderer Güte.
    Gut zu lesen und voller Spannung.

    Dagmar Mägdefrau

    In Kantheim entfacht nach jugendlichem Leichtsinn ein flammendes Drama, als das Haus, in dem der ulkige Alte eben noch getanzt hat, in Brand gerät. Caro, Josh und Speedy hatten ihn dabei beobachtet und gefilmt, sie landen nach schweren Verletzungen im Krankenhaus. Caro ist sich sicher: Das, was sie gesehen hat, war nicht normal, doch das Video ist vorerst verschwunden. In Colorado zwingt Gary die hohen Tiere einer Öl- und Gasfirma, ihr eigenes verschmutztes Wasser zu trinken – eine Konsequenz des Frackings.Auch wenn man grob weiß, dass die Öl- und Gaskonzerne Umwelt nicht zu ihrer höheren Priorität zählen, wird das Problem des Fracking hier sehr deutlich und die Folgen wie “brennendes Wasser” erreichen hier sogar Deutschland. Die brisante Verbindung zwischen beiden Vorfällen wird schnell enthüllt und die Bedrohung für die deutschen Jugendlichen steigt. Der Thriller verwebt geschickt Amerika und Deutschland, macht das brisante Fracking-Thema greifbar und verleiht der Geschichte eine fesselnde Realität. Bis zuletzt bleibt es spannend, wobei die Verknüpfung von Fiktion und realen Umweltproblemen gekonnt für Spannung und Wissensvermittlung sorgt. Ich kann mir das Buch gut als Schullektüre vorstellen, die Handlung ist natürlich manchmal einfach gestrickt, aber das darf das Genre, das Thema erscheint mir gut recherchiert und aufgearbeitet.

    Raphaela Brosseron


  • Who´s to Blame

    Who´s to Blame

    Silke Heimes

    Ueberreuter

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Es sollte eine normale Schulstunde kurz vor den Ferien werden …
    Wir erfahren gerade mal, dass der Deutsch-LK zu einer Podiumsdiskussion am Nachmittag antanzen soll und davon ein wenig genervt ist, da kommt schon der fahrige Lehrer rein, verschließt die Tür und holt eine Waffe heraus.
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    Genauso überrascht wie wir, halten die Schüler*innen das zunächst für einen Scherz, einen etwas komischen Einstieg. Bis sie den Ernst realisieren. Doch irgendwie wird nicht klar, worum es Herrn Riedl geht - er faselt von Gerechtigkeit und Schuld, anscheinend gibt er einigen der Schüler*innen ausgerechnet Schuld an dem Tod seiner Frau. Ein Spiel soll entscheiden, wer gehen darf und wer bleibt. Richtig Kontrolle hat niemand über die Situation, weder der verzweifelte Herr Riedl, noch die Schüler*innen, die versuchen, Antworten zu geben, die ihm gefallen, noch die Polizisten, die draußen stehen - eine davon ist auch Sams Tante und Sam sitzt im besagten Klassenraum. 
    Entgegen allen Erwartungen entfaltet sich die Situation als hochbrisant – doch auf eine völlig unerwartete Weise. Herr Weidl ist kein reiner Geiselnehmer, sondern ein zutiefst gebrochener Mensch, dessen Verzweiflung den Schüler*innen ihre eigenen Schwächen und Unsicherheiten vor Augen führt. Doch macht diese Verletzlichkeit seine Taten nachvollziehbarer? Kann man für jemanden Mitleid empfinden, der einem gerade Schaden zufügt?
    Diese Situation wirft tiefgehende Fragen über die Menschlichkeit auf: Wer hält in solch extremen Momenten zusammen? Im Leistungskurs (LK) wird die Gruppe zu einem Spiegel der Gesellschaft, der sich den eigenen Fehlern stellt und schließlich auf das Gute im Menschen vertrauen muss. Die Perspektiven wechseln zwischen den Schüler*innen Sam und Liam sowie der Polizistin Alex, und die Kapitel enden stets so, dass man nicht aufhören kann, weiterzulesen.
    Der durchgehende Einsatz von Gendern mag bei einigen Leser*innen kritisch aufgenommen werden, doch gerade in Bezug auf Sams Charakter und den Herausforderungen wird deutlich, warum es eine Rolle spielt – ein Aspekt, dem man sich durchaus einmal öffnen kann. Auch wenn einige Fragen am Ende offenbleiben und das Ende absehbar erscheint, bleibt der Thriller fesselnd und regt zum Nachdenken an. Ein spannender psychologischer Thriller über die Abgründe und die Menschlichkeit in uns allen und mentale Gesundheit.

    Raphaela Brosseron

  • Beat vor der Eins

    Beat vor der Eins

    Alexandra Helmig

    Mixtversion

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Der Coming-of-Age-Roman thematisiert tagebuchartig die Gedankenwelt von Ina, einem 15-jährigen Mädchen, das versucht, trotz der zahlreichen Hürden des Erwachsenwerdens ihren Alltag zu meistern und sich selbst (neu) zu (er-)finden.
    Während sie also inmitten der Turbulenzen der Pubertät steckt und mit vielen Unsicherheiten in ihrem Leben kämpft, kommt sie langsam zu der Erkenntnis, dass ihr innerer "Beat" aus dem Takt geraten ist:
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    Ina ist unzufrieden mit ihrem Körper, fühlt sich unsicher in der Schule und muss sich mit der scheinbar bröckelnden Ehe ihrer Elternauseinandersetzen. Auch ihre eigenen Erfahrungen mit der Liebe sind chaotisch und durchaus mehr von Unsicherheit als von Erfüllung geprägt. Im Laufe des Romans reflektiert Ina also ihre Gefühle, Ängste und Träume und beleuchtet dabei immer wieder ihre inneren Kämpfe: Seien es familiäre Probleme, schlechte Noten, das Gefühl nicht verstanden und gesehen zu werden oder die erste Liebe.

    Ein guter Ansatz, typische Teenager-Probleme zu Papier zu bringen, der Welt zu zeigen, was es heißt, ein Mädchen zu sein und die Message zu verbreiten, dass wir selbst die Personen sind, die uns manchmal am besten, aber manchmal auch am wenigsten kennen.
    Hierbei gefällt mir besonders, dass Helmig durch Ina unsere Gesellschaft auch mal kritisch beäugt: Funktioniert unser aktuelles Schulsystem? Was fällt alles unter sexuelle Belästigung? Sind die aktuellen Schönheitsideale erreichbar?

    Meiner Meinung nach wird hier jedoch nicht genug darauf geachtet, ob alle Inhalte denn wirklich altersgerecht herübergebracht wurden: Vor allem Inas Alkohol- und Zigarettenkonsum, sowie ihr Wunsch nach einem mageren Körper wird, wie ich finde, beinahe romantisiert, ohne über diese Gewohnheiten zu reflektieren und den Lesern zu vermitteln, dass all diese nicht sonderlich erstrebenswert sind. Auch, wie die Vergewaltigung Inas durch ihren Gastvater hier extrem bildlich und nicht dem durchschnittlichen Alter der Leser*innen entsprechend (“ab 14 Jahren”) dargestellt wird. Der Umgang mit den Problemen in ihrer Familie, der vermeintlichen Schwangerschaft und die Gegenüberstellung der verschiedenen Kulturkreise wird jedoch wiederum passend dargestellt.

    Nichtsdestoweniger schafft es Helmig durch ihren Roman nicht nur ein authentisches Bild eines Teenagers zu zeichnen, sondern auch die Wichtigkeit der verschiedenen Sozialisationsinstanzen zu betonen.

    Darüber hinaus nimmt sie die Bezeichnung “Coming-of-Age-Roman im Sound der 90er” sehr ernst und bemüht sich stets, ihre Leserschaft zu erreichen und versucht daher sehr identifizierbar zu schreiben, was ihre Werke sehr einzigartig macht: Eine passende Playlist und das tagebuchartige Schreiben sind nur wenige Indizien dafür, dass es nicht viele Worte braucht, um auszudrücken, wie es einem ergeht, sondern nur eine/n Zuhörer*in beziehungsweise ein/e Leser*in. Dies beweist sie beispielsweise mit dem aus nur zwei Wörtern bestehenden Tagebucheintrag “105 Fehlstunden”.
    Auch bei der Figurengestaltung hat Alexandra Helmig keine Mühe gescheut: Wie die meisten Teenager ist auch Ina sehr neugierig und fragt sich ständig was hinter einem Menschen wirklich steckt, ist auch mal eifersüchtig auf ihre beste Freundin Vicki, welche es schafft, “ihr Leben in die Hand zu nehmen”, strebt nach einer schöneren Figur, fühlt sich nicht verstanden, planlos und unmotiviert.
    Daher spielt auch Selbstzweifel in ihrem Leben eine erhebliche Rolle: Sie bezeichnet sich selbst als impulsiv, “falsche Schlange”, “kleine Koordinate”, kritisiert ihre eigenen Körper und ihre Körperbewegungen und ist unzufrieden mit dem, was sie hat. Ihr Leben ist halt eine “Endlosschleife”.
    Zudem ist sie durch die fehlende Aufmerksamkeit ihrer Mutter auf der ständigen Suche nach einer Vertrauensperson, darunter ihr Klavierlehrer, und hat es satt, für die fehlgeschlagene Beziehung ihrer Eltern verantwortlich gemacht zu werden.

    Zuletzt möchte ich auch auf den besonderen Schreibstil Helmigs eingehen. Diese schreibt nämlich sehr bildlich, emotional und nutzt eine ausdrucksstarke Wortwahl und kurze gedichtartige Absätze, um die Gefühle Inas zu unterstreichen. So schreibt sie beispielsweise, dass es ihr so vorkomme, als würde selbst das “Geräusch der Toilettenspülung” ihre Worte verschlucken. Dennoch finde ich hier die Nutzung der staccatoartigen Sätze eher unpassend, da diese zwar ihr Gefühlschaos widerspiegeln und Interesse wecken sollen, aber dennoch auf Dauer sehr monoton und ermüdend wirken und durch ihre Kürze nur wenig Emotionen herüberbringen.
    Ferner lässt sich sagen, dass Helmig neben der Wortwahl, auch die Satzzeichen mit Bedacht wählt: Jedes Fragezeichen, Ausrufezeichen und jeder Punkt haben eine Bedeutung. Die Alltagssprache ist jedoch das, was den Roman so lebendig und jugendlich macht.

    Zuletzt fallen auch die inspirierenden Erkenntnisse Inas auf, welche dem Leser viel Interpretationsspielraum bieten. Ein Beispiel dafür wäre das Zitat “Endlich habe ich mich entschieden, etwas zu tun, von dem alle gesagt haben, mach das bloß nicht.”
    Kurz: Alexandra Helmigs „Beat vor der Eins“ ist ein eindrucksvoller Coming-of-Age-Roman, der die Unsicherheiten vieler Jugendlicher widerspiegelt, zum Nachdenken über gesellschaftliche Themen anregt und daher auch als wertvoller Beitrag zur Jugendliteratur angesehen werden kann.

    Sedef Nur Elgün

    Ina hat mitten in der Pubertät viel zu verarbeiten: Eine durch und durch ungesunde Beziehung der Eltern, Unverständnis der Eltern ihr gegenüber, ihr Körper und auch das Thema Liebe und Jungs. In ihrem Tagebuch schreibt sie all das auf, was sie ihrem Umfeld nicht mitteilen kann. Diese Einträge offenbaren das, was anderen fehlt, um Ina wirklich zu verstehen.
    Die Sätze sind kurz und trotzdem mit viel Inhalt gefüllt, aus dem sich eine Geschichte ergibt, in der sehr deutlich wird, wie stark das Fehlverhalten der Erwachsenen eigentlicher Motor für so manch als pubertär abgestempeltes Verhalten ist. Der Gastvater in Frankreich, der ihr viel zu nahekommt, der 22-Jährig Yann und die Mutter, die ihre Erwachsenen-Probleme im Plural (“Wir”) formuliert und damit tatsächlich Ina meint.
    Der Titel hat sich mir noch nicht ganz erschlossen, eventuell habe ich da was überlesen.
    Wer aber einen kurzen, aber erkenntnisreichen Einblick in den Kopf eines Teenagers haben möchte oder sich in einem kurzen Roman wiederfinden will, ist mit diesem Roman wunderbar versorgt!

    Raphaela Brosseron

  • Ein Sommer, drei Monde

    Ein Sommer, drei Monde

    Silke Sutcliffe

    Monika Fuchs

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    “In Kunst setzt sich Bastian zwischen uns.” 

    Doch es bleibt nicht nur beim Kunstunterricht, in dem Bastian sich zwischen die Freundinnen drängt. Zu Beginn des Sommers sind Alicia und Jule noch beste Freundinnen – seit ihrer Kindheit unzertrennlich, am selben Tag geboren.
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    Doch am Ende des Sommers sitzen sie schweigend zusammen im Zug, wie bereits im Prolog angedeutet wird. Dazwischen liegt ein Sommer, in dem Bastian irgendwie dazwischenkommt. Er wirkt sehr anziehend, während Alicia ihm eher kühl begegnet, doch Jule scheint immer mehr Gefallen an ihm zu finden. Bastian spricht oft von einem Hund, den niemand je zu Gesicht bekommt, und nicht alles, was er erzählt, ergibt Sinn. Doch trotz seiner Ungereimtheiten will man ihm glauben. Alicia, die auch die Erzählerin ist, bleibt von Bastians Einfluss nicht unberührt und setzt damit ihre Freundschaft zu Jule aufs Spiel.
    Alicias Perspektive hat mir besonders gut gefallen, da sie Bastian anfangs rationaler zu beurteilen scheint als ihre beste Freundin Jule. Sie beschäftigt sich zudem mit eigenen Problemen, etwa der schwierigen Beziehung zu ihrer Mutter. Dass auch sie sich letztlich Bastians Lügen nicht ganz entziehen kann, verdeutlicht auf subtile Weise, wie geschickt er – bewusst oder unbewusst – die Dynamik zwischen den beiden Freundinnen manipuliert.
    Der Schreibstil ist außergewöhnlich und gleichzeitig unaufdringlich. Er lässt viel Raum für eigene Interpretationen und Bilder, was angesichts des Themas „Lügen“ besonders passend ist. Und auch sonst mag ich das, wenn Autor*innen ihre Leser*innen für schlau genug halten, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen. So auch z.B. die Mondmetapher. Eigentlich ist nur Jule besessen vom Mond und sieht in seiner Form ein Zeichen. Doch irgendwie ändert auch Bastian seine Gestalt, je nach Zeit und Ort.
    Ein toller Roman, der ganz überheblich von Jugendlichen erzählt und durch Sprache, Stil und Inhalt überzeugt.

    Raphaela Brosseron

    Alice wird im Laufe des Buches genau wie ihre Freundin Jule 16 Jahre alt. Die beiden kennen sich seit ihrer Geburt und feiern immer gemeinsam mit Jules Schildkröte. Doch dieses Jahr ist alles ganz anders, denn Bastian kommt in ihre Klasse und der strenge Lehrer nimmt sehr viel Rücksicht auf ihn. Bald erzählt Bastian den Mädchen so einiges und es bleibt immer wieder die Frage offen, erzählt er wirklich die Wahrheit?
    Dazu kommt, dass Bastian immer waghalsigere Aktionen unternimmt und dabei seinen Tod in Kauf nimmt. Die Freundschaft der beiden Mädchen leidet sehr unter Bastians Benehmen und Alice, die uns von diesem Sommer erzählt, weiß nie so genau, ob sie Bastian, der so verständnisvoll auf die Abwesenheit von Alice Mutter regiert, wirklich vertrauen kann.
    Der Titel des Buches bezieht sich auf Jules Vorliebe zum Mond, sie nutzt einen Mondkalender und versucht Gegebenheiten durch die Mondkonstellation zu erklären. Im Laufe der Geschichte werden immer wieder Lieder erwähnt, dessen Texte sich auf die Handlung beziehen und die man sich am Ende des Buches als Playlist herunterladen kann.
    Am Anfang des Buches gibt es einen Warnhinweis, der sich auf die Handlung bezieht und der anzeigt, dass Despression und Krebs im Buch eine Rolle spielen. Besonders die psychischen Erkrankungen werden im Buch mit all ihren Problemen für Familie und Freund*innen geschildert. Ich fand das Buch sehr spannend und bewegend. Ich kann es als Jugendbuch, das sich gut in die Situation der jungen Erwachsenen einfühlen kann, sehr empfehlen.

    Dagmar Mägdefrau
  • The Reappearance of Rachel Price

    The Reappearance of Rachel Price

    Holly Jackson

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    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Holly Jackson greift nach ihrer Erfolgsreihe A Good Girl’s Guide to Murder erneut das True-Crime-Phänomen auf und entwickelt daraus eine fesselnde Geschichte. Dieses Mal steht ein Dokumentarfilm im Zentrum der Handlung, ganz im Stil jener, die auf Plattformen wie Netflix wahre Kriminalfälle zum Medienhype machen. 
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    So muss die Protagonistin Bel vor der Kamera erklären, dass sie keine Erinnerung daran hat, was mit ihrer Mutter geschehen ist – obwohl sie beim Verschwinden dabei war. Allerdings war Bel zu dem Zeitpunkt erst zwei Jahre alt, und das Ereignis liegt bereits 16 Jahre zurück.
    Während der Fall bei vielen großes Interesse auslöst, bleibt Bel selbst erstaunlich distanziert. Außenstehende behandeln ihre Familiengeschichte wie einen packenden True-Crime-Fall, was oft dazu führt, dass ihr Vater unter Verdacht gerät. Diese ständige Sensationsgier erklärt Bels abweisendes Verhalten – auch gegenüber der Filmcrew und dem freundlichen Assistenten Ash. Nur zu ihrem Vater und ihrer Cousine Carter zeigt sie eine weiche, beinahe liebevolle Seite.
    Jackson beleuchtet in ihrem Thriller indirekt viele der problematischen Aspekte von True-Crime-Produktionen. Was für die Zuschauer spannendes Entertainment ist, ist für die Betroffenen bittere Realität. Diese Geschichte jedoch kann man ohne schlechtes Gewissen genießen, denn sie ist rein fiktiv. Besonders gelungen ist die Idee mit der Filmcrew, die zeigt, wie viel in solchen Produktionen inszeniert wird und wie wenig tatsächlich „true“ ist. Bels schroffe Art verleiht der Handlung eine besondere Würze – sie ist sich durchaus bewusst, dass sie nicht immer nett wirkt, was oft für humorvolle Momente sorgt. Ihr Misstrauen gegenüber Rachel und deren Version der Geschichte ist jederzeit nachvollziehbar.

    Das Ende macht mich nicht ganz so zufrieden. Man bekommt zwar eine Auflösung, aber der Umgang damit ist ein wenig typisch für Holly Jackson: Wenig Vertrauen in das Justizsystem. Mehr möchte ich nicht verraten, es ist insgesamt wieder ein packender, moderner und spannender Thriller.

    Raphaela Brosseron

  • Homeboy

    Homeboy

    Theo Parish

    Loewe Graphix

    Verlagsempfehlung ab 14 Jahre

    Theo Parish hat die eigene Geschichte zu sich selbst in einen liebevoll gestalteten Graphic Novel verarbeitet. Alleine das hat meine ganze Bewunderung. Theo erzählt, wie sier dazu kam, sich im eigenen Körper zuhause zu fühlen - und dafür muss man manchmal was ändern, wie bei einem richtigen Haus (Homebody!). 
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    Generell ist Theo stark darin, nicht nur zu illustrieren, sondern auch Bilder für Botschaften zu verwenden. Für sier ist das Nicht-Binär-sein eine Reise, die auch Spaß macht, wenn man manchmal einfach noch nicht weiß, wohin es geht. Dass manche das nur als Trend auffassen, von Leuten, die sich wichtigmachen wollen, ist natürlich verletzend. Und Theo will den anderen gar nicht so einen Stress mit Pronomen und Namen machen, aber wenn sier sich nun mal wohler fühlt, nicht mit dem Geburtsnamen oder er/ sie angesprochen zu werden: Ist es dann wirklich zu viel verlangt? Theo hat ein verständnisvolles Umfeld und es war toll, die Reise mit diesen wunderschönen Illustrationen zu begleiten. Schade, dass diejenigen, die diese Perspektive nie eingenommen haben, vermutlich nie zu diesem Graphic Novel greifen werden, denn das Buch war wirklich erhellend und erwärmend. Besonders witzig fand ich das Eingehen auf ein Shakespear-Zitat: “Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften.” und Theo stellt klar: So ein Name kann trotzdem superwichtig sein. 
    Ein schöner und persönlicher Graphic Novel, so bunt wie die Menschen, für alle, die ein wenig mehr verstehen oder sich verstanden fühlen wollen.

    Raphaela Brosseron