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Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung

Barbara Yelin
Reprodukt
Keine Altersempfehlung
Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2024
Gustav-Heinemann-Friedenspreis 2024
Die Autorin Barbara Yelin, die auch die Bilder dieser Graphic Novel gezeichnet hat, hat viele Jahre die Titelgeberin Emmie Arbel besucht oder sich mit ihr getroffen, um sich von der alten Dame aus ihrem Leben berichten zu lassen. 1937 in Holland geboren, wird das kleine Mädchen 1942 zusammen mit seiner Familie nach Ravensbrück und später nach Bergen-Belsen deportiert.
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Sie und ihre Brüder überleben und werden nach dem Krieg von einem holländischen Ehepaar aufgenommen. Mit ihnen wandern die drei Geschwister 1949 nach Israel aus, hier wird Emmie ihr Leben verbringen, heiraten, Kinder bekommen, ihren Militärdienst ableisten, arbeiten und sich später ehrenamtlich engagieren. Lange Jahre kann sie mit niemanden über ihr Schicksal sprechen, erst einer Therapeutin kann sie sich öffnen. So schafft sie es, wieder nach Deutschland zu reisen und dort als Zeitzeugin in Schulen jungen Menschen von sich zu berichten und damit dazu beizutragen, dass der Holocaust nicht vergessen oder geleugnet wird.
In dem Buch gibt es viele Zeitsprünge, trotzdem kann man der Erzählung gut folgen. Emmie spricht immer wieder davon, dass sie sich nicht erinnert, doch dann kann sie doch von einige Szenen ihrer schlimmen Vergangenheit berichten. Barbara Yelin hat diese Sprünge vom Jetzt in die Vergangenheit meist farblich verdeutlicht und so wurde der Horror für mich fühlbar. Emmie, die häufig rauchend abgebildet wird, berichtet stockend von ihrer Zeit im Lager und der schrecklichen Zeit in Holland, erzählt aber auch, wie jede Mutter und Großmutter, von ihren Kindern und Enkelkindern, die sie oft besuchen und deshalb auch auf den kleinen Bildern zu sehen sind.
Die Graphic Novel, in der ich Emmie Arbel kennenlernen durfte, zeigt mit kurzen Dialogen und beeindruckenden Bildern sehr viel, aber die Stimmung wird hauptsächlich durch die Art der Zeichnung und die Farben bestimmt, nicht durch beängstigende Abbildungen.
Ich hoffe, dass dieses Buch gerade von jungen Leuten, die nicht gerne lesen, zur Hand genommen wird.
Dagmar Mägdefrau -
Die Schatzinsel

Robert L. Stevenson
Walter Paget
Hase und Igel
Verlagsempfehlung Klasse 5, 6, und 7
Der Klassiker aus dem 19. Jahrhundert wird hier in leichter Sprache angeboten. Große Buchstaben zeichnen das leichte Lesen aus und zusätzlich gibt es schwarz-weiß gedruckte Illustrationen, die sich an dem Alter des Buches orientieren. Das Buch besteht aus sechs Kapiteln mit weiteren kurzen Unterteilungen. Dadurch sind die Texte meist nur einige Seiten lang.
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Jim Hawkins, der Ich-Erzähler dieses Abenteuers, berichtet vom Zusammentreffen des angetrunkenen Kapitäns und Dr. Livesey in der Kneipe seiner Eltern dem „Admiral Benbow“. Der Kapitän wohnt schon einige Tage in der Schänke, als der „schwarze Hund“, ein anderer Seemann, auftaucht, und es zum Kampf kommt, bei dem sich der Kapitän zwar behaupten kann, dann aber einen Schlaganfall erleidet. Einige Tage danach taucht noch ein blinder Bettler auf und nach seinem Besuch fällt Käpten Flint tot um. Noch bevor die Piraten gemeinsam zurückkehren, können Jim und seine Mutter die Sachen aus der Kiste des Kapitäns an sich nehmen und sie Dr. Livesey bringen. Das Wettrennen um den Piratenschatz, der auf einer Insel vergraben sein soll, beginnt.
Piraten, Kämpfe und Abenteuer verspricht die Geschichte zu Recht. Da wird nicht lange gefackelt, da kommt es immer wieder zu Gefechten und schon die Charaktere der Piraten sind verwegen und furchtlos.
Ich kann nicht beurteilen, wie spannend eine Geschichte, die vor so langer Zeit spielt, für heutige Kinder ist. Wir hatten in meiner Jugend viel Spaß an den Verfilmungen, die als Serie liefen. In jedem Fall lässt sich das Buch gut lesen und damit wird es auch für Wenig-Leser interessant.
Dagmar Mägdefrau
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Beat vor der Eins

Alexandra Helmig
Mixtversion
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Der Coming-of-Age-Roman thematisiert tagebuchartig die Gedankenwelt von Ina, einem 15-jährigen Mädchen, das versucht, trotz der zahlreichen Hürden des Erwachsenwerdens ihren Alltag zu meistern und sich selbst (neu) zu (er-)finden.
Während sie also inmitten der Turbulenzen der Pubertät steckt und mit vielen Unsicherheiten in ihrem Leben kämpft, kommt sie langsam zu der Erkenntnis, dass ihr innerer "Beat" aus dem Takt geraten ist:mehr oder weniger lesen
Ina ist unzufrieden mit ihrem Körper, fühlt sich unsicher in der Schule und muss sich mit der scheinbar bröckelnden Ehe ihrer Elternauseinandersetzen. Auch ihre eigenen Erfahrungen mit der Liebe sind chaotisch und durchaus mehr von Unsicherheit als von Erfüllung geprägt. Im Laufe des Romans reflektiert Ina also ihre Gefühle, Ängste und Träume und beleuchtet dabei immer wieder ihre inneren Kämpfe: Seien es familiäre Probleme, schlechte Noten, das Gefühl nicht verstanden und gesehen zu werden oder die erste Liebe.
Ein guter Ansatz, typische Teenager-Probleme zu Papier zu bringen, der Welt zu zeigen, was es heißt, ein Mädchen zu sein und die Message zu verbreiten, dass wir selbst die Personen sind, die uns manchmal am besten, aber manchmal auch am wenigsten kennen.
Hierbei gefällt mir besonders, dass Helmig durch Ina unsere Gesellschaft auch mal kritisch beäugt: Funktioniert unser aktuelles Schulsystem? Was fällt alles unter sexuelle Belästigung? Sind die aktuellen Schönheitsideale erreichbar?
Meiner Meinung nach wird hier jedoch nicht genug darauf geachtet, ob alle Inhalte denn wirklich altersgerecht herübergebracht wurden: Vor allem Inas Alkohol- und Zigarettenkonsum, sowie ihr Wunsch nach einem mageren Körper wird, wie ich finde, beinahe romantisiert, ohne über diese Gewohnheiten zu reflektieren und den Lesern zu vermitteln, dass all diese nicht sonderlich erstrebenswert sind. Auch, wie die Vergewaltigung Inas durch ihren Gastvater hier extrem bildlich und nicht dem durchschnittlichen Alter der Leser*innen entsprechend (“ab 14 Jahren”) dargestellt wird. Der Umgang mit den Problemen in ihrer Familie, der vermeintlichen Schwangerschaft und die Gegenüberstellung der verschiedenen Kulturkreise wird jedoch wiederum passend dargestellt.
Nichtsdestoweniger schafft es Helmig durch ihren Roman nicht nur ein authentisches Bild eines Teenagers zu zeichnen, sondern auch die Wichtigkeit der verschiedenen Sozialisationsinstanzen zu betonen.
Darüber hinaus nimmt sie die Bezeichnung “Coming-of-Age-Roman im Sound der 90er” sehr ernst und bemüht sich stets, ihre Leserschaft zu erreichen und versucht daher sehr identifizierbar zu schreiben, was ihre Werke sehr einzigartig macht: Eine passende Playlist und das tagebuchartige Schreiben sind nur wenige Indizien dafür, dass es nicht viele Worte braucht, um auszudrücken, wie es einem ergeht, sondern nur eine/n Zuhörer*in beziehungsweise ein/e Leser*in. Dies beweist sie beispielsweise mit dem aus nur zwei Wörtern bestehenden Tagebucheintrag “105 Fehlstunden”.
Auch bei der Figurengestaltung hat Alexandra Helmig keine Mühe gescheut: Wie die meisten Teenager ist auch Ina sehr neugierig und fragt sich ständig was hinter einem Menschen wirklich steckt, ist auch mal eifersüchtig auf ihre beste Freundin Vicki, welche es schafft, “ihr Leben in die Hand zu nehmen”, strebt nach einer schöneren Figur, fühlt sich nicht verstanden, planlos und unmotiviert.
Daher spielt auch Selbstzweifel in ihrem Leben eine erhebliche Rolle: Sie bezeichnet sich selbst als impulsiv, “falsche Schlange”, “kleine Koordinate”, kritisiert ihre eigenen Körper und ihre Körperbewegungen und ist unzufrieden mit dem, was sie hat. Ihr Leben ist halt eine “Endlosschleife”.
Zudem ist sie durch die fehlende Aufmerksamkeit ihrer Mutter auf der ständigen Suche nach einer Vertrauensperson, darunter ihr Klavierlehrer, und hat es satt, für die fehlgeschlagene Beziehung ihrer Eltern verantwortlich gemacht zu werden.
Zuletzt möchte ich auch auf den besonderen Schreibstil Helmigs eingehen. Diese schreibt nämlich sehr bildlich, emotional und nutzt eine ausdrucksstarke Wortwahl und kurze gedichtartige Absätze, um die Gefühle Inas zu unterstreichen. So schreibt sie beispielsweise, dass es ihr so vorkomme, als würde selbst das “Geräusch der Toilettenspülung” ihre Worte verschlucken. Dennoch finde ich hier die Nutzung der staccatoartigen Sätze eher unpassend, da diese zwar ihr Gefühlschaos widerspiegeln und Interesse wecken sollen, aber dennoch auf Dauer sehr monoton und ermüdend wirken und durch ihre Kürze nur wenig Emotionen herüberbringen.
Ferner lässt sich sagen, dass Helmig neben der Wortwahl, auch die Satzzeichen mit Bedacht wählt: Jedes Fragezeichen, Ausrufezeichen und jeder Punkt haben eine Bedeutung. Die Alltagssprache ist jedoch das, was den Roman so lebendig und jugendlich macht.
Zuletzt fallen auch die inspirierenden Erkenntnisse Inas auf, welche dem Leser viel Interpretationsspielraum bieten. Ein Beispiel dafür wäre das Zitat “Endlich habe ich mich entschieden, etwas zu tun, von dem alle gesagt haben, mach das bloß nicht.”
Kurz: Alexandra Helmigs „Beat vor der Eins“ ist ein eindrucksvoller Coming-of-Age-Roman, der die Unsicherheiten vieler Jugendlicher widerspiegelt, zum Nachdenken über gesellschaftliche Themen anregt und daher auch als wertvoller Beitrag zur Jugendliteratur angesehen werden kann.
Sedef Nur Elgün
Ina hat mitten in der Pubertät viel zu verarbeiten: Eine durch und durch ungesunde Beziehung der Eltern, Unverständnis der Eltern ihr gegenüber, ihr Körper und auch das Thema Liebe und Jungs. In ihrem Tagebuch schreibt sie all das auf, was sie ihrem Umfeld nicht mitteilen kann. Diese Einträge offenbaren das, was anderen fehlt, um Ina wirklich zu verstehen.
Die Sätze sind kurz und trotzdem mit viel Inhalt gefüllt, aus dem sich eine Geschichte ergibt, in der sehr deutlich wird, wie stark das Fehlverhalten der Erwachsenen eigentlicher Motor für so manch als pubertär abgestempeltes Verhalten ist. Der Gastvater in Frankreich, der ihr viel zu nahekommt, der 22-Jährig Yann und die Mutter, die ihre Erwachsenen-Probleme im Plural (“Wir”) formuliert und damit tatsächlich Ina meint.
Der Titel hat sich mir noch nicht ganz erschlossen, eventuell habe ich da was überlesen.
Wer aber einen kurzen, aber erkenntnisreichen Einblick in den Kopf eines Teenagers haben möchte oder sich in einem kurzen Roman wiederfinden will, ist mit diesem Roman wunderbar versorgt!
Raphaela Brosseron -
Ein Sommer, drei Monde

Silke Sutcliffe
Monika Fuchs
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
“In Kunst setzt sich Bastian zwischen uns.”
Doch es bleibt nicht nur beim Kunstunterricht, in dem Bastian sich zwischen die Freundinnen drängt. Zu Beginn des Sommers sind Alicia und Jule noch beste Freundinnen – seit ihrer Kindheit unzertrennlich, am selben Tag geboren.mehr oder weniger lesen
Doch am Ende des Sommers sitzen sie schweigend zusammen im Zug, wie bereits im Prolog angedeutet wird. Dazwischen liegt ein Sommer, in dem Bastian irgendwie dazwischenkommt. Er wirkt sehr anziehend, während Alicia ihm eher kühl begegnet, doch Jule scheint immer mehr Gefallen an ihm zu finden. Bastian spricht oft von einem Hund, den niemand je zu Gesicht bekommt, und nicht alles, was er erzählt, ergibt Sinn. Doch trotz seiner Ungereimtheiten will man ihm glauben. Alicia, die auch die Erzählerin ist, bleibt von Bastians Einfluss nicht unberührt und setzt damit ihre Freundschaft zu Jule aufs Spiel.
Alicias Perspektive hat mir besonders gut gefallen, da sie Bastian anfangs rationaler zu beurteilen scheint als ihre beste Freundin Jule. Sie beschäftigt sich zudem mit eigenen Problemen, etwa der schwierigen Beziehung zu ihrer Mutter. Dass auch sie sich letztlich Bastians Lügen nicht ganz entziehen kann, verdeutlicht auf subtile Weise, wie geschickt er – bewusst oder unbewusst – die Dynamik zwischen den beiden Freundinnen manipuliert.
Der Schreibstil ist außergewöhnlich und gleichzeitig unaufdringlich. Er lässt viel Raum für eigene Interpretationen und Bilder, was angesichts des Themas „Lügen“ besonders passend ist. Und auch sonst mag ich das, wenn Autor*innen ihre Leser*innen für schlau genug halten, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen. So auch z.B. die Mondmetapher. Eigentlich ist nur Jule besessen vom Mond und sieht in seiner Form ein Zeichen. Doch irgendwie ändert auch Bastian seine Gestalt, je nach Zeit und Ort.
Ein toller Roman, der ganz überheblich von Jugendlichen erzählt und durch Sprache, Stil und Inhalt überzeugt.
Raphaela Brosseron
Alice wird im Laufe des Buches genau wie ihre Freundin Jule 16 Jahre alt. Die beiden kennen sich seit ihrer Geburt und feiern immer gemeinsam mit Jules Schildkröte. Doch dieses Jahr ist alles ganz anders, denn Bastian kommt in ihre Klasse und der strenge Lehrer nimmt sehr viel Rücksicht auf ihn. Bald erzählt Bastian den Mädchen so einiges und es bleibt immer wieder die Frage offen, erzählt er wirklich die Wahrheit?
Dazu kommt, dass Bastian immer waghalsigere Aktionen unternimmt und dabei seinen Tod in Kauf nimmt. Die Freundschaft der beiden Mädchen leidet sehr unter Bastians Benehmen und Alice, die uns von diesem Sommer erzählt, weiß nie so genau, ob sie Bastian, der so verständnisvoll auf die Abwesenheit von Alice Mutter regiert, wirklich vertrauen kann.
Der Titel des Buches bezieht sich auf Jules Vorliebe zum Mond, sie nutzt einen Mondkalender und versucht Gegebenheiten durch die Mondkonstellation zu erklären. Im Laufe der Geschichte werden immer wieder Lieder erwähnt, dessen Texte sich auf die Handlung beziehen und die man sich am Ende des Buches als Playlist herunterladen kann.
Am Anfang des Buches gibt es einen Warnhinweis, der sich auf die Handlung bezieht und der anzeigt, dass Despression und Krebs im Buch eine Rolle spielen. Besonders die psychischen Erkrankungen werden im Buch mit all ihren Problemen für Familie und Freund*innen geschildert. Ich fand das Buch sehr spannend und bewegend. Ich kann es als Jugendbuch, das sich gut in die Situation der jungen Erwachsenen einfühlen kann, sehr empfehlen.
Dagmar Mägdefrau -
The Reappearance of Rachel Price

Holly Jackson
one
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Holly Jackson greift nach ihrer Erfolgsreihe A Good Girl’s Guide to Murder erneut das True-Crime-Phänomen auf und entwickelt daraus eine fesselnde Geschichte. Dieses Mal steht ein Dokumentarfilm im Zentrum der Handlung, ganz im Stil jener, die auf Plattformen wie Netflix wahre Kriminalfälle zum Medienhype machen.
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So muss die Protagonistin Bel vor der Kamera erklären, dass sie keine Erinnerung daran hat, was mit ihrer Mutter geschehen ist – obwohl sie beim Verschwinden dabei war. Allerdings war Bel zu dem Zeitpunkt erst zwei Jahre alt, und das Ereignis liegt bereits 16 Jahre zurück.
Während der Fall bei vielen großes Interesse auslöst, bleibt Bel selbst erstaunlich distanziert. Außenstehende behandeln ihre Familiengeschichte wie einen packenden True-Crime-Fall, was oft dazu führt, dass ihr Vater unter Verdacht gerät. Diese ständige Sensationsgier erklärt Bels abweisendes Verhalten – auch gegenüber der Filmcrew und dem freundlichen Assistenten Ash. Nur zu ihrem Vater und ihrer Cousine Carter zeigt sie eine weiche, beinahe liebevolle Seite.
Jackson beleuchtet in ihrem Thriller indirekt viele der problematischen Aspekte von True-Crime-Produktionen. Was für die Zuschauer spannendes Entertainment ist, ist für die Betroffenen bittere Realität. Diese Geschichte jedoch kann man ohne schlechtes Gewissen genießen, denn sie ist rein fiktiv. Besonders gelungen ist die Idee mit der Filmcrew, die zeigt, wie viel in solchen Produktionen inszeniert wird und wie wenig tatsächlich „true“ ist. Bels schroffe Art verleiht der Handlung eine besondere Würze – sie ist sich durchaus bewusst, dass sie nicht immer nett wirkt, was oft für humorvolle Momente sorgt. Ihr Misstrauen gegenüber Rachel und deren Version der Geschichte ist jederzeit nachvollziehbar.
Das Ende macht mich nicht ganz so zufrieden. Man bekommt zwar eine Auflösung, aber der Umgang damit ist ein wenig typisch für Holly Jackson: Wenig Vertrauen in das Justizsystem. Mehr möchte ich nicht verraten, es ist insgesamt wieder ein packender, moderner und spannender Thriller.
Raphaela BrosseronThemen: Abenteuer & Spannung -
Homeboy

Theo Parish
Loewe Graphix
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Theo Parish hat die eigene Geschichte zu sich selbst in einen liebevoll gestalteten Graphic Novel verarbeitet. Alleine das hat meine ganze Bewunderung. Theo erzählt, wie sier dazu kam, sich im eigenen Körper zuhause zu fühlen - und dafür muss man manchmal was ändern, wie bei einem richtigen Haus (Homebody!).
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Generell ist Theo stark darin, nicht nur zu illustrieren, sondern auch Bilder für Botschaften zu verwenden. Für sier ist das Nicht-Binär-sein eine Reise, die auch Spaß macht, wenn man manchmal einfach noch nicht weiß, wohin es geht. Dass manche das nur als Trend auffassen, von Leuten, die sich wichtigmachen wollen, ist natürlich verletzend. Und Theo will den anderen gar nicht so einen Stress mit Pronomen und Namen machen, aber wenn sier sich nun mal wohler fühlt, nicht mit dem Geburtsnamen oder er/ sie angesprochen zu werden: Ist es dann wirklich zu viel verlangt? Theo hat ein verständnisvolles Umfeld und es war toll, die Reise mit diesen wunderschönen Illustrationen zu begleiten. Schade, dass diejenigen, die diese Perspektive nie eingenommen haben, vermutlich nie zu diesem Graphic Novel greifen werden, denn das Buch war wirklich erhellend und erwärmend. Besonders witzig fand ich das Eingehen auf ein Shakespear-Zitat: “Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften.” und Theo stellt klar: So ein Name kann trotzdem superwichtig sein.
Ein schöner und persönlicher Graphic Novel, so bunt wie die Menschen, für alle, die ein wenig mehr verstehen oder sich verstanden fühlen wollen.
Raphaela Brosseron -
As Good als Dead – Band 3

Holly Jackson
one
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Puh, was ein Ende der Trilogie!
Es fällt schwer, darüber zu schreiben, ohne zu viel zu verraten. Die Wendungen, die die Geschichte im letzten Teil nimmt, sind unerwartet und packend. Man hat sich so sehr mit den Charakteren verbunden, dass man sich einen bestimmten Ausgang für sie wünscht.mehr oder weniger lesen
Doch die Ereignisse im finalen Band fühlen sich vollkommen stimmig an und es scheint, als hätte alles unweigerlich auf diesen Punkt hingeführt.
In einer Welt, in der Pip immer wieder das Rechtssystem hinterfragt und mit den Grauzonen zwischen Gut und Böse konfrontiert wurde, laufen nun alle Fäden zusammen. Manche mögen es unrealistisch finden, dass in diesem kleinen Ort so viele Verbrechen geschehen, doch vielleicht ist es nicht mehr als anderswo – nur gibt es hier eine mutige junge Frau, die entschlossen ist, sie aufzudecken. Gleichzeitig bleibt sie ein Teenager, der bereits Schreckliches erlebt hat, was vieles erklärt – vor allem, dass sie sich selbst nicht mehr vertraut. Wird sie wirklich bedroht? Hat die Polizei recht, wenn sie sie nicht ernst nimmt? Welches Blut klebt an ihren Händen? Und ist sie eine Gefahr für die Menschen, die sie liebt?
Für mich ist das Ende stark und mutig, weil es nicht nur Fragen aufwirft, sondern auch unerwartete Verbindungen herstellt, die man zuvor nicht gesehen hat – insbesondere in Bezug auf den Fall aus dem ersten Teil. Die Spannung bleibt bis zum Schluss greifbar, doch diesmal ist es besonders aufwühlend.
Kritisch wird für diesen Teil immer wieder das Thema Selbstjustiz genannt - das lässt sich tatsächlich nicht leugnen, ich würde der Geschichte da jedoch den Vertrauensvorschuss aus den anderen beiden Teilen geben, in denen das aufgebaut wird, wenn auch nicht real legitimiert.
Raphaela BrosseronThemen: Abenteuer & Spannung -
Tote spionieren nicht – Abteilung für undamenhafte Aktivitäten – Band 2

Robin Stevens
Urachhaus
Abteilung für undamenhafte Aktivitäten
Verlagsempfehlung ab 10 Jahre
Im zweiten Teil der Reihe, in der die Abteilung für „undamenhafte Aktivitäten“ im Fokus steht, führt dieses Mal Nuala das Tagebuch. Das Ministerium benötigt die Hilfe von Nuala, May und Eric in London, denn eine Agentin ist verschwunden und in einem zerbombten Haus wurde eine Leiche gefunden. Die Geschichte spielt während des Zweiten Weltkriegs, als London immer wieder Opfer deutscher Luftangriffe wird.
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Doch die zentrale Frage ist: Ist die verstorbene Mrs. Fig tatsächlich durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen? Schließlich war sie im Viertel nicht besonders beliebt…
Die drei Kinder darf man keines Falls Kinderdetektiv:innen nennen und damit ihre Arbeit degradieren, dann wird vor allem May sehr pampig. Generell gibt es häufig Spannungen zwischen May und Nuala, was vermutlich nur verständlich wird, wenn man den ersten Teil der Serie kennt. Nualas Unsicherheit, die auch durch den ständigen Vergleich mit ihrer älteren Schwester Hazel genährt wird, ist nicht gerade subtil dargestellt. Manchmal wirkt es fast so, als würden die Kinder es in ihren Ermittlungen zu leicht haben. Beispielsweise verstecken sie sich auf einem Dachboden, um ein Gespräch zu belauschen, doch als die belauschte Miss Wimpress sie hört und nach oben ruft, bleibt eine Antwort aus, und sie lässt es einfach auf sich beruhen. „Na gut“, sagt sie und geht.
Trotzdem sei den Kindern das Glück gegönnt, denn gegen Ende wird die Handlung zunehmend komplexer und herausfordernder. Besonders das letzte Drittel der Geschichte fand ich spannend, wobei die ersten zwei Drittel wichtig sind, um eine Beziehung zu dem Viertel und seinen Bewohner:innen aufzubauen und sie besser kennenzulernen. Ich würde einen weiteren Teil der Reihe auf jeden Fall lesen, da der historische Kontext wirklich gut in die Handlung eingebettet ist.
Raphaela Brosseron -
Freya und das Vermächtnis der Strandpiraten

Fiona Longmuir
Urachhaus
Verlagsempfehlung ab 10 Jahre
Edge ist im Sommer ein Touristenmagnet, doch nur die Einheimischen kennen und lieben die dunkle, ungemütliche Seite des Ortes und die Legende der Schmugglertunnel. Als eine geheimnisvolle Frau in die Pension von Freyas Großmutter zieht, sorgt das für Aufruhr. Sie ist eine Außenseiterin und plant, die Stadt zu modernisieren. Freya und ihre beste Freundin Lilli sind fassungslos. Ein geheimnisvoller Schatz macht ihren Widerstand gegen die Veränderungen noch aufregender.
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Die mystische Atmosphäre von Edge wurde von Anfang an großartig beschrieben. Ich konnte sofort nachvollziehen, was Freya an diesem Ort liebt. Der besondere Charme der Stadt, der stark von den älteren Gebäuden ausgeht, muss bewahrt werden. Die mysteriöse Frau wirkt jedoch zu sehr als Antagonistin. Wenn als Leserin bereits klar ist, dass die Stadt von diesem speziellen Charme lebt, müsste die Frau das doch zumindest in Ansätzen auch erkennen. Stattdessen schlägt sie dem Stadtrat futuristische, hochmoderne Gebäude vor, ohne Rücksicht auf die alten Anwohner. Das erscheint mir unglaubwürdig.
Dann kommt plötzlich noch eine Schatzsuche hinzu, und die Frau hat aus einem anderen, wenig überzeugenden Grund einen 14-jährigen Jungen bei sich, der eigentlich auf der Gegenseite steht. Vielleicht habe ich nicht aufmerksam genug gelesen, aber vieles wirkte auf mich zu konstruiert und die Charaktere zu oberflächlich. Die Kulisse ist wunderbar, aber die Geschichte erscheint mir unausgereift und zu gewollt auf Abenteuer getrimmt.
Raphaela Brosseron -
Und dazwischen (irgendwo) wir

Amani Padda
Arctis_Verlag
Leseempfehlung ab 14 Jahre
Vincent und Macey waren einst unzertrennlich, bis Vincent – eigentlich Kieran – aus dem heruntergekommenen Vorort in Schottland verschwand. Er gab Macey die Schuld an seinem Weggang und wollte fortan nur noch als Vincent bekannt sein. Doch als seine Mutter eines Tages verschwindet, erhält er eine mysteriöse Geschichte, in der nicht nur sein alter Name vorkommt, sondern auch Details, die nur Macey wissen kann.
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Konfrontiert, hat sie jedoch ganz andere Sorgen. Trotzdem hilft sie ihm, und es schließen sich ihnen weitere Freunde an. Alte Bindungen werden neu geknüpft, und auch neue Freundschaften entstehen.
Vincent und seine Mutter kamen einst aus Indien nach Schottland, Punjabi kann er lange nicht mehr und die Kultur der Sikhs bedeutet ihm auch nichts. Das hat er der systematischen Entfremdung durch seine Mutter zu verdanken, die dabei keine Rücksicht auf Verluste nahm, denn Vincent soll sich anpassen und aufsteigen.
Auch Macey kämpft mit ihrer Herkunft: Als Tochter nigerianischer Eltern fühlt sie sich verpflichtet, die erste in ihrer Familie zu sein, die akademisch erfolgreich ist. Beide sind extrem leistungsorientiert, aber der ständige Druck laugt sie aus. Gemeinsam müssen sie sich fragen: Ist das Streben nach Erfolg wirklich all das wert?
Dieser Roman greift ein bedeutendes Thema auf, das viele Jugendliche mit Migrationshintergrund betrifft: der ständige Druck, sich beweisen zu müssen. Auch das Thema Freundschaft spielt eine zentrale Rolle.
Die Kritik, dass es zu viele Charaktere gäbe, kann ich nicht nachvollziehen. Es sind nicht so viele, und jede*r von ihnen gewinnt an Tiefe. Die Konstellation der Freundesgruppe macht Sinn: Sie stehen alle unter Druck, der sich durch ihr Anderssein verstärkt.
Dieser Roman ist ein starkes Plädoyer für Freundschaft, soziale Gerechtigkeit und gegen den Leistungsdruck, der im Selbstoptimierungstrend so oft verherrlicht wird – ein schöner Roman!
Raphaela Brosseron
Auf dem Cover sind vier junge Menschen in Schuluniform zu sehen, die die private Hillburn Secondary in Schottland besuchen. Sie machen sich zusammen mit Vincent auf die Suche nach dem Autor einer Geschichte.
Da ist Macey, deren große Familie aus Nigeria stammt, und die extrem viel lernt, um in Cambridge studieren zu können, und Vincent, mit dem sie als Kind befreundet war, den sie aber seit fünf Jahren nicht mehr gesprochen hat. Vincent stammt aus Indien und seine Mutter, die sich in England ein besseres Leben erhofft hat, ist seit einiger Zeit verschwunden.
Als er Mails bekommt mit Texten, bei denen es sich um ihn und Macey handeln könnte, nimmt er wieder Kontakt zu seiner ehemaligen Freundin auf. Zusammen mit zwei anderen Jugendlichen aus der Schule machen sie sich auf die schwierige Suche nach dem Autor dieser Geschichte. Dabei lernen sie sich immer näher kennen.
Die Kapitel des Buches sind mit den Namen der Protagonisten überschrieben und beginnen immer mit einigen Sätzen aus dem Text des Autors. Leider ist die Sprache, obwohl ja zwei unterschiedliche Menschen berichten, immer gleich, was ich sehr schade finde. Aber dadurch erfährt man von den Gedanken, Ängsten und Träumen der beiden. Während Macey durch ihre Familie ihre Wurzeln kennt, fühlt sich Vincent nicht mit seiner alten Heimat verbunden und empfindet sich oft verloren. Macey versucht durch ihr ständiges Lernen, etwas im Leben zu erreichen, während Vincent keine Pläne für seine Zukunft machen kann. Die Freund*innen, die bei der Suche helfen, sind queer angelegt und mir kommt das ein wenig wie ein Trend vor.
Das Buch mit seinen über 400 Seiten finde ich zu lang geraten. Es zieht sich ein wenig. Es gibt aber gute Eindrücke in das Leben von Eingewanderten und dem echten Leben in einer schottischen Privatschule.
Dagmar Mägdefrau -
A Good Girl’s Guide to Murder – Band 1

Holly Jackson
one
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Immer wieder bin ich auf den Titel dieses Bestsellers gestoßen und habe mich nun endlich selbst davon überzeugt, was dahintersteckt. Aufgrund des Titels hatte ich zunächst vermutet, dass die Protagonistin selbst eine Mörderin ist und ihren "Guide" darüber schreibt. Doch zu meiner Überraschung entpuppt sich Pippa als eine ganz normale Schülerin, die ein ungutes Gefühl bei einem bereits geschlossenen Fall hat und daher ihr Schulprojekt als Vorwand nimmt, um diesen erneut zu untersuchen.
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Vor fünf Jahren verschwand die 17-jährige Andie Bell. Ihr Freund Sal Singh gilt als der Schuldige; er hat sich kurz darauf das Leben genommen und eine Nachricht hinterlassen, in der er alles gestand. Pippa kannte Sal – zwar nicht besonders gut, aber die ältere Schwester ihrer besten Freundin war mit ihm befreundet. Ihr Bauchgefühl sagt ihr, dass Sal nicht das Monster ist, als das ihn die Medien darstellen. Sie beginnt ihr Schulprojekt, das sich schnell zu etwas weit Größerem entwickelt, als sie je erwartet hätte. An ihrer Seite steht Ravi Singh, Sals jüngerer Bruder, den Pippa als einen der ersten interviewt hat und der ebenfalls nicht glauben kann, dass sein Bruder Andie ermordet haben soll.
Akribisch dokumentiert Pippa ihre Recherchen, führt Interviews mit Zeugen, durchleuchtet Zusammenhänge und verfolgt jede Spur. Diese Dokumentation wird uns neben der Erzählperspektive aus ihrer Sicht zugänglich gemacht. Ich bin beeindruckt, wie neutral und sachlich sie bei ihren Ermittlungen vorgeht. Sie schließt niemanden als Verdächtigen aus – selbst ihr engstes Umfeld nicht. Gerade deshalb glaube ich ihr, wenn sie sagt, dass sie einfach nur die Wahrheit herausfinden und mit der Welt teilen möchte. Kein Wunder, dass auch Ravi von ihr beeindruckt ist...
Einerseits zeigt Pippa damit, dass sich nicht alles in ein einfaches Narrativ pressen lässt, wie es die Medien oft versuchen. Die Welt ist nicht schwarz und weiß: Vielleicht war Andie nicht das liebe, nette Mädchen, das dem "bösen" Sal mit Migrationshintergrund zum Opfer fiel. Vielleicht war Sal nicht das Monster, und vielleicht handelte es sich nicht um eine einfache böse Tat, sondern um eine Verkettung von Umständen, die das Schicksal der Teenager besiegelten. Dabei macht sie auf Missstände in der Gesellschaft sowie auf Fehler in der Polizeiarbeit und Berichterstattung aufmerksam. Andererseits zeigt sie, dass manche Fakten, die sie selbst recherchiert hat, unumstößlich sind: Wenn ein Beweis eindeutig ist, spielt es keine Rolle, wie wichtig die Person, zu der er führt, für sie ist – die Wahrheit duldet keine Kompromisse.
Ich bewundere Pippa als Protagonistin für ihren Mut, ihre Intelligenz und ihren Gerechtigkeitssinn, aber auch für ihre Menschlichkeit, die sie in dem Fall fast zu verlieren droht. Ich liebe das Team, das sie mit Ravi bildet, und wie die Lösung des Falls nicht erst kurz vor dem Ende präsentiert wird, sondern genauso sorgfältig erarbeitet wird wie die gesamte vorhergehende Handlung.
Ich verstehe nun, warum so ein Hype um dieses Buch besteht, und bin schon gespannt auf die weiteren Teile!
Raphaela BrosseronThemen: Abenteuer & Spannung -
Scandor

Ursula Poznanski
Loewe
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Wer "Erebos" von Ursula Poznanski gelesen hat und den berechtigten Hype miterlebte, wird sicher neugierig auf "Scandor" sein. Wieder geht es um eine moderne Challenge mit strengen Regeln und einem System, das die Psyche der Teilnehmer auf die Probe stellt. 100 Menschen testen den Lügendetektor "Scandor", doch nur eine kann gewinnen. Eine einzige Lüge, und man ist raus. Zu gewinnen gibt es 5 Millionen Euro – ein verlockender Anreiz für alle, die teilnehmen.
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Unter ihnen sind Philipp und Tessa, die während der Challenge zu einem Team zusammenwachsen. Doch nicht nur die 5 Millionen Euro sind ein Grund, durchzuhalten: Alle Teilnehmer:innen mussten zuvor den für sie schlimmsten Einsatz festlegen, den sie sich vorstellen konnten. Dieser wird zum Einsatz der Challenge, und wer lügt, verliert alles. Die Rahmenbedingungen machen die Challenge alles andere als harmlos.
Doch als in Tessas und Philipps privatem Umfeld zunehmend seltsame Dinge passieren, wird klar: Hinter der Challenge steckt mehr als bloß die Suche nach der Wahrheit – es lauert auch Gefahr.
Das Thema Wahrheit ist allein schon hochinteressant, und es wird sehr realistisch dargestellt, wie die Protagonist:innen jedes ihrer Worte abwägen, bevor sie es aussprechen. Selbst harmlose Floskeln wie „Kein Problem" können sich als ungenaue Darstellung der Wahrheit entpuppen. Ein solcher Lügendetektor erscheint nach heutigem Wissensstand eher unrealistisch und wenig vorteilhaft, wodurch der Thriller eine gewisse dystopische Note erhält.
Immer wieder wechselt die Perspektive von Philipp und Tessa zu anderen Teilnehmer:innen der Challenge, um zu zeigen, welche Herausforderungen auch sie meistern müssen. Bei Thrillern, bei denen man so gespannt auf die Auflösung wartet, dass man jedes Puzzleteil sehnlichst erwartet, besteht die Gefahr, dass man nur noch die Geschichte überfliegen möchte, um das Ende zu erfahren. Das ist schade, weil das komplexe Geflecht aus Lügen und die Schwierigkeiten, sie im Alltag zu vermeiden, dadurch etwas an Wirkung verlieren. Doch das zeigt auch, wie fesselnd der Thriller ist. Für alle, die "Erebos" geliebt haben und psychologische Thriller mit High-Tech-Elementen mögen, ist "Scandor" ein absolutes Muss.
Raphaela Brosseron -
Behalte das für dich!

Tom Ryan
magellan
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
In dem kleinen Ort Camera Cove öffnet sich nach dem Schulabschluss endlich die Welt für die Jugendlichen, die es kaum erwarten können, der verschlafenen Kleinstadt zu entfliehen. Doch für Mac ist das nicht so einfach. Erst ein Jahr ist vergangen, seit die Stadt vom sogenannten 'Katalog-Killer' heimgesucht wurde.
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Eines der vier Opfer war Macs bester Freund Connor. Seit ihrer Kindheit waren Mac, Connor, Ben, Doris und Carrie unzertrennlich, doch nach Connors Tod zerbrach die Freundschaft. Nur Mac scheint nicht loslassen zu können.
Ein sehr spannender Thriller, der in der Mitte ein ziemliches Plateau hat, das im Nachhinein aber Sinn ergibt. Das Ende hat mich so beeindruckt, dass ich es zweimal lesen musste – es war unglaublich und gleichzeitig vollkommen logisch. Es bleiben keine Fragen offen, und alle Handlungsstränge werden zufriedenstellend zusammengeführt. Ich fand es sehr gut, dass Macs Perspektive fortlaufend zeigt, was dieser Verlust des besten Freundes mit ihm gemacht hat und wie sehr er diesen Freund dadurch idealisiert hat. Besonders gelungen fand ich, wie die Erzählung aus Macs Perspektive fortlaufend zeigt, wie sehr ihn der Verlust seines besten Freundes geprägt hat und wie er diesen Freund idealisiert. Das eröffnet neue Fragen, nicht nur nach der Identität des Täters, sondern auch nach Freundschaft und dem eigenen Platz in der Gesellschaft. Von Anfang an wird großer Wert auf Details gelegt, die sich am Ende perfekt in das Gesamtbild fügen, ohne dabei offensichtliche Hinweise zu sein. Dieser spannende Jugendthriller beleuchtet nicht nur das Böse im Menschen, sondern auch Themen wie Liebe, Freundschaft und die Zukunft.
Auch wenn der Mittelteil etwas stagnieren mag – dranbleiben lohnt sich!
Raphaela Brosseron
Camera Cove ist ein kleiner Ort an der Ostküste und die meisten jungen Menschen wollen schnellstens dort weg. Vor Jahren bauten einige junge Familien auf dem Gelände eines alten Bauernhofes, so kommt es, dass Mac Bell, der Erzähler dieser Geschichte, mit Connor, Ben, Doris und Carrie seine Kindheit und Jugend dort verbringt.Nun sind alle achtzehn und haben ihren Abschluss. Doch einer aus der Freundesgruppe wurde im letzten Jahr ermordet. Connor ist das letzte Opfer eines Serienmörders und da seither keine weiteren Morde geschahen, geht man davon aus, dass der Mörder von Außerhalb kam und weitergezogen ist. Aber Mac lässt der der Verlust seines besten Freundes keine Ruhe und als er dann noch einen Zettel findet, indem der Freund ihn um Hilfe bittet, ist für ihn klar, dass er weiter ermitteln muss.
Das Mac homosexuell ist, wird im Ort offen kommuniziert und ist auch kein Problem, weder bei der Familie noch bei den Freunden. Schön, wenn alles so vorurteilsfrei verläuft, wie hier. Mac verfolgt im Laufe der Geschichte immer andere Theorien und so kommt es für mich am Ende zu einer überraschenden Wendung. Allerdings wird durch dieses ständige Wiederaufnehmen neuer Spuren die Erzählung im mittleren Teil etwas zäh. Ich hätte mir da etwas mehr Spannung und Dynamik gewünscht. Zum Schluss kommt dann nochmal mehr Spannung auf und, wie bereits erwähnt, ergibt das ein unerwartetes Ende.
Dagmar MägdefrauThemen: Abenteuer & Spannung -
Unlock my heart – Golden Heights

Saskia Louis
Ravensburger
Golden Heights
Verlagsempfehlung ab 16 Jahre
Lexie und ihr Bruder Ty haben eine kriminelle Vergangenheit und finanzielle Probleme hinter sich. Obwohl Lexie mittlerweile studiert, bleibt sie den illegalen Geldbeschaffungen in einem Maße treu, das sie moralisch noch vertreten kann. Sie fälscht Ausweise und nimmt kleinere Aufträge an, solange die Bezahlung stimmt.
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Logan Max hingegen, Nachkomme des Max-Imperiums, hat ganz andere Sorgen. Er hat sich ein Image als arroganter Schnösel aufgebaut, doch für einen bestimmten Auftrag braucht er Lexies spezielle Fähigkeiten – Schloss knacken war nie sein Ding. Lexie sagt nicht aus Sympathie zu, sondern weil sie zufällig dringend eine große Summe Geld braucht.
Das Cover und der Farbschnitt sind wunderschön gestaltet und passen perfekt zur elitären Hitze von Golden Heights. Die Konstellation „Bad Girl - Rich Boy“ ist erfrischend und mal was anderes. Leider wird die Geschichte zwischendurch mit den üblichen Romance-Klischees gespickt. Es ist jedoch spürbar, dass die Geschichte mehr in die erwachsene Richtung geht, besonders die „Spice“-Szenen zeigen, dass sie als „New Adult“ ausgerichtet ist.
Die Exposition wirkt allerdings sehr konstruiert. Beide Protagonist*innen starten aus abwechselnder Ich-Perspektive und die Selbstzuschreibungen sowie unnatürlichen Dialoge mit Freunden sollen ihre Charaktere vermitteln, was jedoch gewollt und wenig organisch wirkt. Lexie hat zudem starke „Pick-Me“-Vibes und betont, wie anders sie im Vergleich zu anderen Frauen ist. Zwar wird versucht dagegen zu steuern, als Lexies Freundin ihr bezüglich eines Treffen mit Logan sagt “du weißt gar nicht wie viele Studentinnen dir gerade die Augen auskratzen wollen” und Lexie daraufhin einen moralisierenden Monolog im Kopf hält, das Frauen ja zusammenhalten sollten, aber naja. Stattdessen hätte ich es besser gefunden, die Story grundlegend zu überarbeiten, anstatt die Figuren zwanghaft mit Witzen oder Monologen auszustatten.
Interessant fand ich jedoch, dass Lexie es mit der Ehrlichkeit nicht so genau nimmt. Dies brachte mich dazu, ihre Zuverlässigkeit als Erzählerin infrage zu stellen, besonders als die Geschichte am Ende in einen Kriminalfall mündet. Die Spannung bleibt auf jeden Fall erhalten, aber die unnatürlichen Dialoge und Gegebenheiten machten das Lesen manchmal unangenehm, weshalb ich länger gebraucht habe, das Buch zu beenden.
Ich bin gespannt, wie die Dynamik im zweiten Teil ist, wenn ein anderes Pärchen im Fokus steht.
Raphaela Brosseron -
Bloom

Kevin Panetta
Savanna Ganucheau
one
Verlagsempfehlung junge Erwachsene
Ari ist auf der Hochzeit seiner Schwester und hört lieber seine eigene Musik, bis sie ihn zur Seite zieht, um ein ernstes Gespräch mit ihm zu führen. Sie ist der Meinung, dass er nicht einfach mit seiner Band nach Baltimore abhauen kann, denn die Familienbäckerei braucht ihn.
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Dies ist das große Dilemma in Aris Leben: der Druck, den familiären Erwartungen hinsichtlich der Bäckerei gerecht zu werden, während er gleichzeitig seinen eigenen Traum verfolgen möchte. Doch was ist sein eigener Traum? Die Lösung für das Problem mit der Bäckerei scheint in Sicht, als Hector in die Stadt kommt. Er pausiert gerade seine Kochausbildung und liebt es zu backen. Sie arbeiten zusammen und kommen sich näher, doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht.
Ari als Figur gefällt mir, aber er ist nicht besonders sympathisch. Figuren müssen das auch nicht immer sein, aber da Hector so ein lieber und verständnisvoller Typ ist, verstehe ich nicht ganz, was er an Ari findet. Ari ist launisch, weiß noch nicht, was er will, aber will definitiv nicht, was seine Eltern wollen. Und dann sind da noch Aris Freunde: Es wird mehrfach deutlich, dass die Freunde, die gleichzeitig Aris Bandmitglieder sind, keine guten Freunde sind. Hector spricht es selbst auch an. Das Problem wird in der Geschichte immer wieder thematisiert, aber nie wirklich weiter ausgearbeitet, da fehlte mir ein wenig der rote Faden.
Das Setting der Bäckerei ist hervorragend. Man sollte das Buch nicht mit leerem Magen lesen, da es einen hungrig macht. Hector ist, wie gesagt, der Ruhepol der Geschichte. Vielleicht gefällt mir deswegen die Dynamik zwischen den beiden Protagonisten doch ein wenig. Man merkt, wie viel Liebe und Arbeit in die Zeichnungen geflossen sind; der Graphic Novel ist wirklich schön aufbereitet. Inhaltlich bleibt er jedoch etwas oberflächlich, obwohl er das Gegenteil zu erreichen versucht.
Insgesamt ist es aber eine süße Geschichte, und ich würde gerne wissen, wie es mit den beiden weitergeht.
Raphaela Brosseron -
Hold still

Nina LaCourNina LaCour
Fischer
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Ingrid ist nicht mehr da. Kurz vor den Sommerferien hat sie sich das Leben genommen. Caitlins Eltern hielten einen Wanderurlaub für das Beste, um ihre Tochter auf Abstand zu dem traumatischen Verlust der besten Freundin zu bringen. Caitlin hört das sorgenvolle Flüstern, wenn sie sich zurückzieht.mehr oder weniger lesen
In der Schule belegt sie den Fotografiekurs. Die Lehrerin, die das Duo aus Ingrid und Caitlin so gefördert hat, ignoriert sie. Umgeben von lauter Erwachsenen, die sie nicht verstehen, findet sie ausgerechnet unter ihrem Bett etwas, was ihr endlich helfen könnte, alles zu verstehen: Ingrids Tagebuch. In dem Wissen, dass das die letzte Quelle ist, ihre Freundin nochmal neu kennenzulernen, gönnt sie sich jeden Tag nur eine Seite.
Uns werden die Seiten des Tagebuchs, das neben Zeichnungen aus Briefen an Personen aus Ingrids Umfeld besteht, dementsprechend nach und nach präsentiert.
In der Zwischenzeit lernt Ingrid die neue Schülerin Dylan kennen und sie freunden sich an. Der Balanceakt zwischen dem Weitermachen und den offenen Fragen zum Verlust ihrer Freundin wird eindrucksvoll eingefangen. Dylan scheint perfekt, um sie aufzufangen, aber Caitlin fragt sich, ob sie überhaupt Platz für eine neue Freundin hat, während sie noch tiefe Verbundenheit und Schuldgefühle gegenüber Ingrid empfindet. Wirklich herzzerreißend wird dargestellt, wie für Caitlin die Welt sich einfach noch nicht weiterdrehen kann, wie alleine sie sich fühlt und wie sie gleichzeitig nicht verstehen kann, dass Ingrid sich jemals so alleine fühlte, dass sie keinen Ausweg mehr sah.
Dieser Roman bietet Raum für Trauer, für das Innehalten, aber auch für das Weitermachen und das Finden eines Umgangs mit einem Verlust. Der Selbstmord wird wirklich intensiv thematisiert, das sollte man eventuell wissen, falls einen das Thema persönlich betrifft.
Der Titel hält, was er verspricht: "Hold Still" – innehalten, einen Verlust verarbeiten in der rasanten Zeit des Erwachsenwerdens.
Raphaela Brosseron -
Suddenly a Murder – Mord auf Ashwood Manor

Lauren Munoz
one
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
„5 von euch sind unschuldig. ‟
Sieben junge Menschen feiern ihren Abschluss auf eine ausgefallene Weise: Auf einer abgelegenen Insel, ganz im Stil der 1920er Jahre, ohne Handys, in dem alten Anwesen Ashwood Manor mit seinen Geheimgängen und Bediensteten. Es sollte die schönste Zeit ihres Lebens werden – doch es wird auch die schlimmste. Einer von ihnen stirbt, und der Mörder muss unter ihnen sein.mehr oder weniger lesen
Als klassischer Locked-Room-Krimi inszeniert, erinnert die Handlung an eine packende Version von Cluedo. Für Kassidy, Izzy, Chloe, Ellison, Fergus und Malowe wird diese Nacht zur Realität des Schreckens, als Blaine, der Anführer ihrer Gruppe, erstochen aufgefunden wird. Jeder von ihnen hat ein Motiv, denn Blaine war nicht immer ein guter Freund. Das dichte Netz aus Dramen und Geheimnissen zu entwirren, war ein großes Lesevergnügen, da man als Leser*in bis zum Schluss alles und nichts für möglich hält.
Die Rückblenden gewähren uns einen tiefen Einblick in das Leben der Schüler*innen der Marian Academy. Geschickt werden die Figuren intensiv vorgestellt, bevor die ersten Hinweise auf die Tat enthüllt werden. Einerseits traute ich es jedem der sechs zu, andererseits hoffte ich, dass keiner der Täter war – so sehr war ich in die Dynamik der Gruppe involviert.
Manches bleibt unausgesprochen und dadurch tatsächlich bis zum Schluss unklar, wie zum Beispiel Izzys Geheimnis. Der geschickte Wechsel zwischen ihrer Ich-Perspektive und einem personalen Erzähler verstärkt dieses Gefühl: Immer, wenn man denkt, man sei dem Geheimnis auf der Spur, wird man wieder zurückgeworfen.
Besonders gelungen fand ich die Gestaltung der beiden Ermittler, deren Persönlichkeiten den Kriminalfall zusätzlich bereichern.
Wer diesen Jugendkrimi beginnt, sollte Zeit einplanen, denn die Detektivarbeit lässt sich auch für die Leser*innen nur schwer pausieren.
Raphaela Brosseron -
Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach

Filiz Penzkofer
Rotfuchs
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Für diejenigen, die das Buch gelesen haben, ergibt folgende Zusammenfassung Sinn: Die Ketten der Beschissenheit (vornehmer ausgedrückt: chaînes de merde) von Rabea, Queen Tiger und Musti wurden in der Wohngemeinschaft des betreuten Wohnens absolut unordentlich nebeneinandergelegt.
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Für alle anderen: Rabea hat eine schwere Angststörung, Queen Tiger ist viel beschäftigt mit Voodoo-Hexerei und Musti versucht, das Trauma aus dem Krieg in Syrien zu verarbeiten und Deutsch zu lernen. Alle drei haben wenig miteinander zu tun, obwohl sie (unfreiwillig) unter einem Dach leben. Als die Vermieterin ihnen mit Rauswurf droht, denken die drei, dass es gar nicht schlimmer werden kann. Die gemeinsame Kette der Beschissenheit beginnt da jedoch gerade erst …
Bei den vielen Problemen, die die drei haben, habe ich ein wenig gebraucht, um reinzukommen, da es gleichzeitig äußerst ungewöhnliche Probleme sind. Als die drei dann angefangen haben, sich anzunähern und sich gegenseitig zu verstehen, fand ich die Dynamik der Figuren spitze. Wer sich das alles ausgedacht hat, muss absolut viel Fantasie und einen Sinn für das Merkwürdige haben. Anders kommt man alleine auf die vielen Details zum Voodoo-Zauber nie im Leben! Die Metapher der Kette der Beschissenheit merke ich mir; die Stelle, als der Titel endlich Sinn ergibt, war großartig.
Ansonsten ist mir das Ganze einen Tick zu chaotisch, aber wie sagt man so schön: Das Genie beherrscht das Chaos.
Musti hat sich für mich schnell zum Liebling entwickelt. Wie er die deutschen Sprichwörter durcheinanderbringt, ist wirklich ulkig. Die Stellen kann ich mir auch gut als Auszüge für den Deutschunterricht vorstellen, wenn man über Sprichwörter und ihre Bedeutung für die alltägliche Kommunikation spricht. Nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich ein starker Roman!
Raphaela Brosseron
Ein herrlich verrücktes Buch, ich hatte solch einen Spaß beim Lesen.
Dank ihrer Therapeutin Maya bekommt Rabea einen Platz in einer WG.
Hier lebt sie zusammen mit Queen Tiger, einer Voodoo-Zauberin mit geschwärztem Augenweiß, und Musti, einem Syrer, den sie aufgrund seinen Bartes für einen Terroristen hält.
Da wird es im Alltag für eine junge Frau, die voller Ängste ist, schwer. Auf keinen Fall will sie den beiden in der Wohnung begegnen, auch den gemeinsamen Kühlschrank kann Rabea unmöglich benutzen. Statt einzukaufen, nutzt sie die Lieferdienste, U-Bahn oder Taxi kann sie auf keinen Fall nutzen und an Friedhöfen geht sie nicht einmal vorbei.
Doch dann geschieht etwas völlig Unerwartetes, die Vermieterin liegt tot in ihrer Wohnung und Musti hat sie dort gefunden. Doch statt die Polizei zu informieren, versucht Queen Tiger, die alte Frau mit ihren Zauberkünsten zurückzuholen. Die Situation wird immer chaotischer und ich konnte mir oft ein Lachen nicht verkneifen.
Im Laufe der Geschichte erklärt sich auch der ungewöhnliche und etwas unhandliche Titel auf witzige Weise. Zu Anfang fand ich das Buch einfach nur durchgeknallt, aber je weiter ich las, umso mehr konnte ich die Denkweise der Protagonisten verstehen und die drei ungleichen Menschen wurden zu einer tollen Gemeinschaft, Geheimnisse wurden preisgegeben und Rabea entwickelte sich zu einer etwas weniger ängstlichen jungen Frau.
Es lohnt sich auf jeden Fall, den Titel zu merken und das Buch zu lesen.
Dagmar MägdefrauThemen: Angst/Mut/Selbstvertrauen -
Six times we almost kissed (und was beim 7. Mal passiert ist)

Tess Sharpe
Carlsen
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
„Manche Mädchen kriegen manche Sachen nicht.”
Ein süßes, buntes Cover und ein relativ eindeutiger Titel (Man kann sich vielleicht ein wenig denken, was beim 7. Mal geschieht) lassen eine Art RomCom vermuten, eine niedliche Lovestory, die nach ein paar Turbulenzen ihren Ausgang findet.mehr oder weniger lesen
Die Geschichte von Penny und Tate ist so viel mehr als das und hat mich wahnsinnig traurig und gleichzeitig genauso glücklich gemacht.
Penny und Tate kennen sich ihr ganzes Leben lang, denn ihre Mütter sind beste Freundinnen. Bestimmt hatten letztere mal gehofft, dass ihre Töchter eine ähnliche Verbindung haben. Eine Verbindung haben sie - jedoch weigern sie sich, diese friedlich zu halten, die Spannungen könnte man definitiv als Ungereimtheiten auffassen, wenn da nicht noch irgendwas anderes wäre. Das zwischen den beiden ist jedoch schwierig zu deuten, denn wirklich beide Ich-Erzählerinnen sprechen es partout nicht aus, dabei erinnern sie mich stark an eine Freundin, die nicht zugeben kann, wenn sie jemanden mag. Gott sei Dank haben wir Meghan, Pennys beste Freundin, die sieht, was zwischen den beiden ist.
Falscher Stolz/ Schüchternheit usw. sind jedoch nicht das Einzige, was irgendwie zwischen den beiden steht (oder sie sogar verbindet?), denn beide haben wirklich harte Schicksale, die sie verarbeiten müssen, ab jetzt sogar unter einem Dach, denn ihre Mütter haben entschlossen, zusammenzuziehen.
Wie traumatisch vor allem Pennys Verlust ist, bekommt wirklich viel Platz, das ist einem am Anfang der Geschichte nicht unbedingt klar. Da musste ich manchmal schlucken, aber ich fand es toll, dass alles vernünftig aufgearbeitet wurde und die Liebesgeschichte nicht die Lösung aller Probleme sein sollte. Es blieb nicht ohne Grund bei 6 Malen “almost kissed”: Es sollte einfach ein sicherer Moment sein.
Das Knistern zwischen den beiden und diese tiefe Verbindung war bei jeder Beinahe-Situation und auch dazwischen so spürbar, dass ich selbst beim Schreiben der Rezension am liebsten noch einmal den Roman in die Hand nehmen würde. Dieses „Mein-Gott-jetzt-findet-endlich-zusammen”-Gefühl macht einen wahnsinnig, aber ich habe es genauso geliebt, ein ganz besonderes Gefühl, das nur wenige Bücher auslösen können.
Ich beneide alle, die es noch zum ersten Mal lesen dürfen, weil das Lesegefühl wirklich toll war!
Raphaela Brosseron -
Mute – Wer bist du ohne Erinnerung?

Tobias Elsässer
Hanser
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
„Jedes Mal, wenn ich diese Bilder anschaue, denke ich daran, wie zufällig dieses Leben ist. An welchem Ort man geboren wird, in welchem Haus, bei welchen Eltern. Alles Zufall.”
Espe lebt als eines von drei Adoptivkindern mit einer leiblichen Tochter zusammen bei ihren liebevollen Eltern, die beide wissenschaftlich engagiert sind und sich stets bemühen, ihren Kindern ein gutes Leben zu bieten.mehr oder weniger lesen
Dieses Streben führt dazu, dass die Familie häufig umzieht, zuletzt in ein Haus in St. Engberts. Dort ereignet sich ein Unfall, der glücklicherweise glimpflich endet. Seitdem jedoch wird Espe regelmäßig von unerklärlichen Bildern heimgesucht, die besonders durch unangenehme Gerüche ausgelöst werden. Ihre jüngere Schwester Yuma zeigt sich seit dem Unfall ebenfalls verändert, zieht sich von der Familie zurück und beginnt, allem zu misstrauen.
Die Situation eskaliert weiter, als die Eltern verhaftet werden und die Familie ins Kreuzfeuer der Medien gerät. Die genauen Vorwürfe gegen die Eltern werden erst allmählich enthüllt und scheinen mit der Vergangenheit der adoptierten Kinder verknüpft zu sein. Dieses schrittweise Zusammensetzen der Ereignisse verdeutlicht das Leid der Geschwister, die als Adoptivkinder ohne Erinnerungen an ihre eigene Herkunft kämpfen. Ihre Identität ist durch diese Lücken geprägt.
Die Handlung wird durch die chronologische Erzählweise sowie Einschübe von Interviews einer Investigativreporterin und Notizen aus einem Tagebuch, das von einem Klinikaufenthalt berichtet, reichhaltig gestaltet. Themen wie Erinnerungen, Trauma und Epigenetik bilden ein komplexes wissenschaftliches Geflecht, das von Tobias Elsässer fesselnd in die Geschichte integriert wird. Im Nachwort betont Elsässer, dass diese Themen primär der Erzählung dienen und nicht vollständig sachlich aufgearbeitet sind. Das heißt. dass man nicht alle wissenschaftlichen Erklärungen zur Epigenetik vollständig verstehen muss, es reicht, sie als spannenden Motor der Geschichte zu sehen.
Absolut kein alltäglicher Thriller, durchweg fesselnd und bis zum Schluss voller Innovationen!
Raphaela Brosseron -
The dreams we chase

Lorena Schäfer
One
Emerald Bay
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
Im dritten Teil der Reihe verschlägt es Lexi für ein Meeresbiologie Studium vom Outback nach Emerald Bay. Mit diesem Studium erfüllt sie sich einen Traum, den sie schon strebsam verfolgen will. An der Uni trifft sie auf Hazel, die wir schon aus dem zweiten Teil kennen und die beiden freunden sich an.
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Jake kennen wir ebenfalls aus dem zweiten Teil, genauso ist Lexi ihm in der Vergangenheit bereits begegnet, doch hat sie daran keine gute Erinnerung, denn sie hält Jake für einen privilegierten Sohn bekannter Meeresforscher. Jake ist genauso wenig begeistert, als die beiden dann ausgerechnet zu einem gemeinsamen Projekt verdonnert werden …
Der Teil ist mein Lieblingsteil der Reihe, erst mal ist es natürlich irgendwie, wie an einen bekannten Ort zurückzukehren und es war auch schön, zumindest einige Figuren wiederzutreffen. Aber ich hatte dieses Mal nochmal mehr das Gefühl, dass die Autorin sich von gängigen Romance-Klischees versucht abzuheben, ohne den Faktor “Romance” zu streichen. Der Konflikt der beiden spitzt sich nicht künstlich zu und sie schaffen es öfter mal, tatsächlich zu kommunizieren und Sachen aus der Vergangenheit zu klären.
Außerdem verlieren beide ihre persönlichen Ziele nicht aus den Augen, sofern sie sich derer sicher sind. Ganz sicher ist, dass beide das Meer lieben und sehr viel Ahnung davon haben, das hat mir am Buch auch super gefallen. Da wurde Emerald Bay als Umgebung richtig ausgeschöpft und nochmal anders beschrieben.
Einfach eine richtige Wohlfühlgeschichte und ich bin traurig, erst mal nicht mehr in Emerald Bay zu sein!
Raphaela Brosseron -
Golden Heritage

Carolin Wahl
Loewe Intense
Reihe Crumbling Hearts
Verlagsempfehlung ab 16 Jahre
Während Aleksander Skogen im ersten Teil der Crumbling Hearts Reihe gerade wegen seines Skandal im Lampenlicht Aufmerksamkeit auf sich zieht, lebt Ellinor Skogen, seine jüngere Schwester, ein anderes Leben: Ihr ist jede Form von Aufmerksamkeit zu viel, die Presse hat kein aktuelles Bild von ihr und allein der Gedanke, mal kein chronischer People-Pleaser zu sein, bereitet ihr Panik.
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Nichtsdestotrotz möchte sie in das Keksunternehmen der Familie Skogen eintreten und nutzt ihre Unbekanntheit, um dort hinter die Kulissen zu blicken. Schon kurz vorher war sie Lucas, ihrem ehemaligen besten Freund, der sie damals einfach geghostet hatte, nach Jahren wieder begegnet und nun der nächste Schock: Sie müssen beide eng zusammenarbeiten. Da er eine Kälte und Distanz hat, die ihr fehlt und sie die Kontakte, die ihm fehlen, überlegen sie sich einen zunächst rationalen Plan, diese Zusammenarbeit irgendwie gewinnbringend für beide Seiten zu machen - mit emotionalen Folgen.
Nachdem ich den ersten Teil noch durchaus gelungen fand und mir sicher war, dass er für Fans von Romance ein guter Fund ist, weiß ich nicht, ob ich das gleiche auch für den Teil behaupten kann. Klar, die Romance-Tropes sind gut vertreten, nicht nur Fake-Dating, wie es auf dem Buch schon angegeben ist, auch Enemies-to-lover, genauso die großen Emotionen und einige “spicy” Momente.
Die Story ist nicht neu, zwei Leute, die aus welchen Gründen auch immer nicht verstehen, dass sie Gefühle füreinander haben, das stört mich nicht.
Aber wie kann es sein, dass sie beim anderen wirklich jede Regung wahrnehmen, jedes Zucken, jede „Veränderung der Haltung” usw., nur um dann aber die falschesten Schlüsse daraus zu ziehen? Am häufigsten war eigentlich etwas mit dem Brustkorb. Um es einmal exemplarisch zu verdeutlichen: Auf Seite 86 „rollt etwas Mächtiges” durch seine Brust, ein paar Zeilen später kämpft er „gegen das dumpfe Gefühl” in seiner Brust an, auf Seite 88 schmerzt sie und fühlt sich eng an. Der Magen kommt genauso oft vor, er hat ein „protestierendes Ziehen”, er krampft sich eine Seite später und rebelliert auf der nächsten.
Dass Nervosität sich so körperlich in der Brust und im Magen zeigt, sehe ich ein. Aber beim Lesen wird einem jedes sprachliche Klischee gefühlt in 10 Varianten vorgeworfen. Gerne werden auch Vergleiche gebracht, hauptsache irgendein „wie” folgt, „brennen wie Brennnesseln”, „schneiden wie Fleischmesser”, eigentlich auch das Übliche, aber so gehäuft, dass ich mich zwischendurch wirklich fragte, ob das eine Parodie ist.
Das “Komm schon, Kätzchen, zeig mir deine Krallen”, das Lucas sehr früh, als die beiden noch sehr distanziert sind, ständig sagt, kommentiere ich einfach mal damit, dass ich dachte, diese Phrase ist vielleicht nicht ideal übersetzt, er nennt sie doch nicht wirklich so abwertend Kätzchen? Dann ist mir eingefallen, dass das Original ja schon auf Deutsch ist.
Man hätte so viel mehr aus allem machen können, die Gespräche über das Unternehmen, die Beziehung zum manipulativen Großvater, die arabischen Wurzeln von Lucas …
Es muss ja nicht unendlich viel Tiefe bekommen, aber dieser krampfhaft bildliche Schreibstill war für mich alles andere als intensiv, eher sehr oberflächlich.
Es gibt bestimmt Abnehmer*innen für dieses Buch, die sich bei meinen Ausführungen denken, dass das doch alles toll klingt. Gleichzeitig bin ich trotzdem enttäuscht, nach einem soliden ersten Teil so ein Leseerlebnis zu haben.
Raphaela Brosseron -
Meine geniale Liebe

Jenny Jägerfeld
Urachhaus
Verlagsempfehlung ab 10 Jahre
Nach “Mein geniales Leben” und “Mein genialer Tod” ist “Meine geniale Liebe” der dritte Teil, der von dem Teenager Sigge handelt.
Sigge ist noch nicht so lange an der Schule, auf der er jetzt Schüler ist, und vorher an der alten Schule gemobbt worden. Die geplante Klassenfahrt zur Insel Esterö hat er deswegen gar nicht auf dem Schirm - er ist zu sehr beschäftigt, sich anzupassen und damit, Adrian ganz heimlich anzuhimmeln.mehr oder weniger lesen
Am liebsten würde Sigge sich sofort entlieben, damit niemand merkt, dass er homesexuell ist …
Bei den vielen ungewohnten Namen muss man erst mal durchblicken, auch sonst sind die Verhältnisse ein wenig wirr, aber auch amüsant.
Das Hotel der Oma, in dem die Familie noch wohnt, kann ich mir in seinem Chaos ziemlich gut vorstellen. Wer Krille ist und warum er dort wohnt, habe ich bis zuletzt nicht verstanden und es hat mich auch erst verwirrt, dass die kleine Schwester in Großbuchstaben spricht.
Sigge ist ein beschäftigter Junge: Er zeichnet „Ansichtskarten für Faule“ zur Finanzierung der Klassenfahrt, setzt seine Eislaufkarriere fort, navigiert durch familiäre Veränderungen und entwickelt zusammen mit seiner Freundin Juno eine Tinder-ähnliche App für Tiere. Gleichzeitig ringt er mit seinen Gefühlen für Adrian und dem Kampf, seine sexuelle Identität zu akzeptieren.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass in jedem Kapitel immer nur eins der vielen Themen behandelt wurde, daher hat sich für mich nicht unbedingt eine fließende Geschichte daraus ergeben.
Die vielen Figuren fand ich fast alle allerliebst und sympathisch, vor allem die Oma mit ihrem englischen “Slang” war einfach unterhaltsam. Die Geschichte von Sigge und Adrian und vor allem Sigges Unsicherheit, zu seiner Sexualität zu stehen, ging ein wenig unter.
Trotzdem ein sehr schönes Buch zu dem Thema und sehr unterhaltsam!
Raphaela Brosseron -
Wild is the Witch – Verfluchte Nähe

Rachel Griffin
Oetinger
Verlagsempfehlung ab 14 Jahre
In einer Welt, in der Hexen und Magie Teil der Realität sind und Menschen von ihnen wissen, verbreiten sich auch Skandale der Hexenwelt: Iris Freundin Amy versuchte ihren Freund Alex in einen Magier zu verwandeln, mit furchtbaren Folgen. Das ging schief und landete sogar vor einem richtigen Hexengericht. Zwei Jahre später hat Iris ihr Leben wieder im Griff, aber dann bringt eine Nachricht im Radio die ganze Sache wieder hoch.
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. Gerade da macht Pike, der Super-Praktikant im Wildtiergehege von Iris Mutter, eine blöde Bemerkung über Hexen. Iris, die eigentlich gelernt hat, mit ihrer Magie vorsichtig umzugehen, passiert ein dummer Fehler: Sie verflucht Pike in einem wütenden Moment. Das Seltsame ist, dass gerade Pike ihr hilft, als sie versucht, den Fluch wieder rückgängig zu machen. Sie gehen zusammen in den Wald, wo Pike eigentlich nichts von der Magie mitkriegen soll. Aber irgendwie lernen sie sich besser kennen und Iris bereut den Fluch immer mehr. Die Magie in dieser Welt wird wie physische Energie verstanden, die nicht erschaffen, sondern transformiert wird, und ist somit tief mit der Natur verwoben. Diese Auffassung von Magie passt wunderbar zum Setting des Wildtiergeheges und des Waldes, welches bereits eine mystische Atmosphäre bietet. Es fühlt sich alles magisch und irgendwie richtig an. Genauso energiereich ist die Beziehung von Iris und Pike, zunächst als “Konkurrenten”, die eher wenig rücksichtsvoll miteinander umgehen, nach dem Kennenlernen, verwandelt sich auch hier die Energie. Das macht sowohl die Handlung als auch das Zwischenmenschliche stimmig, trotzdem sind noch genug Reibungspunkte für äußerst spannende Momente da, denn die Konsequenzen, denen Iris ausgesetzt ist, sind enorm. "Verfluchte Nähe" trifft es genau: Die Geschichte von Iris und Pike ist spannend, ein bisschen romantisch und zeigt, wie Magie und Natur zusammengehören. Es ist ein tolles Buch für alle, die gerne in eine magische Welt eintauchen und dabei was über Freundschaft und das Überwinden von Vorurteilen lernen wollen. Raphaela Brosseron
Themen: Fantasie/Zaubern/Hexen/Märchen

