Mit ihrem Tagebuch versucht Madina, die Gedanken in ihrem Kopf zu ordnen. Sie stellt Fragen zur Schule, zu den täglichen Anfeindungen, zu den vielen Problemen, die ihre Familie auf sie abwälzt, und zu den noch ungelösten Geheimnissen.
Obwohl Madina nicht mehr im Kriegsgebiet ist, hat sie Grenzen überschritten, die ihr ein normales Leben verwehren, besonders im Vergleich zu ihrer neuen Freundin Laura wird ihr das immer wieder bewusst. Dabei bleibt unklar, aus welchem Land Madina geflüchtet ist, es wird immer nur von "meinem Land" und "meiner Sprache" gesprochen. Das stört beim Lesen absolut nicht, vielmehr wird klar, dass es so wie Madina, schrecklich vielen Menschen geht.
Die Sprache ist wunderschön, bildlich und ein Kunstwerk an sich. Trotzdem lässt der Roman einen universellen Zugang zu, sodass sich niemand davor drücken kann, sich mit ihrem Schicksal auseinanderzusetzen.
Ein beeindruckender und zeitnaher Roman über Flucht und das Leben danach erzählt aus der Perspektive einer starken jungen Frau. Man kann diesen Teil der Geschichte gut lesen, ohne - wie ich - die anderen Teile über Madina zu kennen, trotzdem werde ich diese auf jeden Fall nun auch noch lesen.
Raphaela Brosseron
Madina, die aus einem Land in dem Krieg herrschte geflohen ist, fühlt sich inzwischen in der geräumigen schönen Wohnung wohl. Sie hat mit Laura, der Tochter der Vermieterin eine gute Freundin gefunden, die sie sehr unterstützt. Madina empfindet nach den Strapazen der Flucht und der Ablehnung der Nachbarn, endlich sowas wie frei-sein. Ein Therapeutin und ihre frühere Klassenlehrerin machen ihr immer wieder Mut.
Doch dann ist der Krieg aus und ihre Tante möchte zurück in das Land, in dem Madinas Vater vermisst wird. Madina macht sich mit der Tante auf den Weg in das Land ihrer Vorfahren, indem ihnen Misstrauen und Ablehnung entgegengebracht wird.
Der Leser erfährt nicht um welches Land es sich da handelt, aber es hat noch sehr altmodische Strukturen und auch damit tut sich die inzwischen Jeans tragende Madina schwer. Ein wenig erinnert mich das an meine Jugend in den 1960er Jahren. Auch da war der Mann noch „der Herr im Haus“ und hatte das Sagen. Aber viele Mütter hatten sich im Krieg emanzipiert und wollten nicht wieder gehorchen. Auch hier wurden die Gesetzte erst in den 1970er Jahren geändert.
Madina erinnert sich an die Gerüche, ich habe da auch oft Verbindungen, auch meine Erinnerungen werden häufig durch einen Geruch hervorgerufen.
Madina muss ich entscheiden, bleibt sie hier oder geht sie in ihr altes Land zurück? Würde sie damit nicht auch ihre Freiheit aufgeben?
Die Erzählung resultiert aus Madinas Tagebuch, aber es gibt keine Daten, nur 3 Teile und 24 Kapitel. Madina erzählt uns diesen Teil ihres Lebens in wunderschönen Worten und poetischen Vergleichen. Mir gefiel es sehr gut diese schönen Sätze zu lesen.
Ein Buch über Flucht, Ankommen, Fremdsein und Zurückblicken, dass vieles nur anreißt und doch wissen wir, worum es geht.
Dagmar Mägdefrau