• Immerland – Die Stadt der Ewigkeit

    Immerland – Die Stadt der Ewigkeit

    Flix

    Hanser

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Der fast 13-jährige Mika muss den Sommer bei seiner Oma verbringen, da sein Vater auf Geschäftsreise ist. Für ihn sind das keine rosigen Aussichten - auf dem Land, kein Internet, und insgesamt nicht wirklich interessant. 
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    Aber in einer Nacht verändert sich alles. Mika muss seine Oma durch einen medizinischen Notfall in ein Krankenhaus bringen. Er schnappt sich das Auto und fährt mit seiner Oma los. Dann landen sie auf eine skurrile Weise in Immerland, einer geheimnisvollen Stadt, in der vieles möglich scheint, was in der normalen Welt nicht ist. Doch je länger Mika in Immerland bleibt, desto deutlicher zeigen sich auch dunkle Schattenseiten, und er muss Entscheidungen treffen, die nicht nur sein eigenes Schicksal formen.  
    Flix hat mit Immerland eine Welt geschaffen, die voller Fantasie ist! Die Stadt wirkt magisch und geheimnisvoll, gleichzeitig, aber auch gefährlich – genau diese Mischung macht das Buch so spannend. Mika ist eine glaubwürdige Hauptfigur, weil er nicht perfekt ist, sondern mit Zweifeln und Ängsten zu kämpfen hat. Der Schreibstil ist flüssig und die Illustrationen geben dem Buch einen besonderen Charme.
    Im letzten Drittel überschlagen sich die Ereignisse etwas, als wollte Flix noch all seine Ideen unterbringen. Trotzdem bleibt die Geschichte fesselnd und berührend.
    Die Altersempfehlung ab 12 Jahren halte ich für etwas zu niedrig, da einige düstere und komplexe Themen eher für etwas ältere Leser*innen geeignet sind.
    Ich bin gespannt auf den zweiten Teil im Herbst 2026.

    Katrin Hemmerich


  • Ada und die Frau in Blau

    Ada und die Frau in Blau

    Bernadette Konzett

    Horst Krieg

    Bibliothek der Provinz

    Verlagsempfehlung ab 8 Jahre

    Auf dem Cover sehen wir Ada und ihren Freund Zabiullah vor dem Bild mit der blauen Frau.Dieses Bild hing bis zum Umzug bei Adas Großeltern und erst jetzt bemerkt Ada, dass das Bild verschwunden ist.

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    Es sind Sommerferien und Zabiullah ist zu Ada nach Wien gekommen. Da sein Onkel plötzlich erkrankt ist, darf er bei Ada wohnen. Die beiden sind unterwegs, um Abenteuer zu erleben, da kommt ihnen die Suche nach dem verschwunden Bild gerade recht. In der Straße gibt es eine Antiquitätenhandlung, deren Besitzer, ein sehr unangenehmer Mann, sehr unfreundlich zu den Kindern ist. Seinem Neffen Mirco gegenüber wird er sogar gewalttätig. Außerdem beobachten die beiden Kinder in der Nacht eine Lieferung in den Laden. Ada durfte in den Ferien den Hamster der Klasse mit nach Hause nehmen, doch dann ist er verschwunden und Ada fürchtet sich vor den Folgen. Darüber kommt es zwischen Ada und Zabiullah zu einem schlimmen Streit.
    Die Geschichte hat viele Facetten, da geht es um eine Freundschaft, die auf eine harte Probe gestellt wird, um berufstätige Eltern, krumme Geschäfte, Probleme mit den Mitschüler*innen, einen verlorenen Klassen-Hamster und um ganz viel Spannung. Neben dem gut lesbaren Text gibt es einige sehr schön gezeichnet Szenen, die sehr realistisch die Situation schildern. Sehr gut gefällt mir, dass Ada, die uns ihr Abenteuer erzählt, nicht immer in einem guten Licht da steht. Sie macht Fehler und es kostet sie einige Überwindung, sie einzugestehen. Das macht sie aber gerade liebenswert.

    Dagmar Mägdefrau
  • Frei – Beste Freundschaft – Band 2

    Frei – Beste Freundschaft – Band 2

    Sarah Welk

    arsEdition

    Frei

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Die Freunde, die wir schon aus dem ersten Band kennen, kommen hier wieder zusammen. Diesmal steht Nasrin, die kluge und fleißige Überfliegerin mit der festen Vorstellung von ihrer Zukunft, im Mittelpunkt. Da sie auch die Ich-Erzählerin ist, erfahren wir eine Menge Dinge, die sie bewegen.
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    Nina glaubt, dass die schönen Rosen für sie sind und dass Josh sie für sie besorgt hat, doch dann stellt sich heraus, dass Nasrin die Beschenkte ist. Nur leider steht auf der Karte kein Absender. Könnte der neue Mitschüler Joachim dahinterstecken? Keiner weiß, wieso er auf diese ungewöhnliche Schule gekommen ist und wieso er sich so eigenartig verhält. Nasrin, die die Harmonie liebt und die jedem Streit aus dem Weg geht und immer schlichten möchte, hat es nicht einfach in dieser Geschichte. Ihr kleiner Bruder, der bisher als Einzelgänger unterwegs war, hat plötzlich einen Freund, doch Nasrin befürchtet, dass der ihm nicht gut tut. Bei aller Unsicherheit kann sie sich aber auf ihre Freunde verlassen. Auch wenn Nico manchmal etwas heftig reagiert, so steht er doch, genau wie die anderen, hinter Nasrin. Aber was soll man mit dem großen Geldbetrag machen, der der Schule gespendet wird? Da gibt viele unsinnige Vorschläge, aber am Ende eine sinnvolle Lösung.
    Auch dieser Band zeigt, dass die Autorin sich hervorragend in die Gefühlswelt pubertierender Jugendlichen mit ihrer Verletzlichkeit und Unsicherheit einfühlen kann. Es sind keine einfachen jungen Menschen, die hier aufeinander treffen. Aber dank der verlässlichen Freundesgruppe, können sich die Protagonisten selbst gegen bösartige Verhalten wie Mobbing wehren.

    Dagmar Mägdefrau
  • Cat People – Eine Lovestory 

    Cat People – Eine Lovestory 

    Lea Melcher

    Coppenrath

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Die beiden Starkatzen Sprecki und Möhrchen stehen im Mittelpunkt dieser charmanten Geschichte. Sie führen letztlich die “Catpeople” und damit ihre Lovestory zusammen und werden dementsprechend intensiv und niedlich vorgestellt. 
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    Mia übernimmt in der Silvesternacht den Job als Katzensitterin für die beiden Stubentiger. Doch plötzlich taucht Alfie auf, ein junger Mann, der behauptet, ebenfalls engagiert worden zu sein. Angeblich ist er der Neffe der Katzenbesitzerin.
    Nach einem kurzen Konkurrenzdenken arrangieren sich Mia und Alfie mit der Situation und lernen sich dabei immer besser kennen. Alfie wirkt geheimnisvoll, telefoniert häufig und bleibt oft vage. Mia hingegen ist noch etwas angeschlagen vom Liebeskummer über ihren Ex-Freund.Man könnte meinen, vier Augen sehen beim Katzensitten mehr – aber nicht, wenn sie nur noch Augen füreinander haben. Zwischen Mia und Alfie beginnt es schnell zu knistern. Doch über allem schwebt ein kleines, ungelüftetes Geheimnis.Die großformatigen, liebevoll gezeichneten Illustrationen setzen die Geschichte wunderbar in Szene. Sie erinnern an eine Folge einer modernen Teenager-Serie und fangen die Stimmung perfekt ein.Eine ganz besondere Silvesternacht für Mia, die eigentlich gar nicht feiern wollte – und das nur wegen zwei sehr besonderen Katzen!

    Raphaela Brosseron

    Eine Graphic Novel mit einem Paar auf dem Cover, das sich verliebt in die Augen schaut. Cat People bedeutet in diesem Fall Katzensitter. Denn die rote Katze Möhrchen und die graue Katze Specki sind am Silvesterabend allein zu Hause und deshalb kommt eine junge Frau zu ihnen. Man sieht sofort, dass die Katzen sie kennen und mögen, denn beide sind schnurrend auf ihrem Arm zu sehen. Die drei machen es sich gemütlich, als jemand an der Tür zu hören ist. Wehrhaft schlägt die junge Frau mit der Pfanne zu und trifft einen jungen Mann am Kopf. Er behauptet, dass seine Tante ihn auch zum Katzensitten bestellt hat. Sehr lustig finde ich, dass die beiden mit einer Challenge klären wollen, wen die Katzen lieber mögen. Da es keine Entscheidung gibt, bleiben beide, Alfie und Mia, und feiern zusammen Silvester. Doch dann steht das Fenster auf und Möhrchen ist nirgends zu finden. So steigen die beiden zusammen aufs Dach und sehen von dort das Feuerwerk.

    Die Bilder sind sehr liebevoll und bis ins Detail genau gezeichnet, besonders die Katzen sind sehr gelungen und lebendig. Mia und Alfie haben niedliche Stupsnäschen und manchmal kommt eine Erinnerung an Heidi in mir hoch. Die Geschichte ist sehr erlebnisreich erzählt, es gibt sowohl spannende als auch romantische Momente. Lediglich mit dem Schluss tue ich mich etwas schwer.

    Dagmar Mägdefrau

  • Neue Heimat – 0502 – Band 3      

    Neue Heimat – 0502 – Band 3      

    Frauke Angel

    Stephanie Brittnacher

    Tulipan

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

     Diesmal erzählt Vivi, die Ghettoqueen aus Nummer 0502 die Geschichte. Sie macht sich im Moment sehr große Sorgen um ihre Mutter. Die hübsche junge Frau ist arbeitslos und ertränkt ihre Sorgen immer häufiger im Alkohol. Deshalb ist Vivi eine ganze Zeit nicht mehr bei der Neue-Heimat-Gang aufgetaucht, denn sie wollte ihre Mutter nicht unbeobachtet lassen.

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    An einem Morgen trifft sie dann auf Enna, deren Tourette-Aussprüche inzwischen weniger krass sind. Die beiden sind entsetzt, denn im Eingangsbereich des Hochhauses gibt es Blutspuren, die in den Fahrstuhl führen. Nachdem sie der Spur nachgegangen sind, melden sie den Vorfall der Polizei. Doch die sehen das nicht als Fall an und so werden alle Spuren beseitigt. Die Gang wird sofort benachrichtigt und der lässt die Sache keine Ruhe. Trotzdem genießen sie den Sommer und gehen in der Kiesi schwimmen und lassen sich die Pommes mit Majo im Paradies schmecken. Dort unternehmen die Kids so einiges, um den Umsatz voranzubringen.
    Es passiert wieder eine ganze Menge in und um die Hochhäuser und an der Kiesgrube. Jack und Joy werden zu zwei Personen, Vivians Mutter Nelly arbeitet wieder, Polizisten tauchen bei Firuz mit einer Überraschung auf und dann geht es noch um häusliche Gewalt und die Rettung einer Ente.
    Ich hab das Buch in einem Rutsch lesen müssen, weil es so spannend war und weil die Schicksale dieser Kinder und ihrer Familien so viel Zündstoff bietet, dass ich einfach dranbleiben musste.
    Ich muss noch etwas zu den kleinen Bildern am Anfang eines jeden Kapitels sagen, sie sind so schön gezeichnet und machen neugierig aufs Lesen.

    Dagmar Mägdefrau

  • Frei – Bester Sommer – Band 1

    Frei – Bester Sommer – Band 1

    Sarah Welk

    arsEdition

    Frei

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Ausgerechnet Rottloch: ein winziges Dorf, das von allem höchstens eins hat: eine Schule, ein Kiosk, ein Fußballplatz vielleicht. Das soll der Schauplatz für den „besten Sommer“ sein? Joshua, der schon viele Städte gesehen hat und weiß, dass kein Ort lange bleibt, zeigt sich anfangs wenig beeindruckt. 
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    Als Einzelgänger rechnet er nicht damit, hier irgendwen zu treffen, der ihn interessiert. Umso überraschender ist es für ihn, dass die lockige, lebenslustige Nina ihn sofort in ihren Bann zieht und auch der draufgängerische Nico ihm sofort offen und freundschaftlich begegnet.
    Gerade rechtzeitig startet an der erstaunlich engagierten Schule ein ungewöhnliches Projekt: Die Achtklässler sollen ein paar Tage in Kleingruppen im Wald verbringen, ganz ohne Handy, ohne Erwachsene. Nur sie, die Natur und vielleicht ein paar neue Erkenntnisse über sich selbst.
    Die Gruppenzusammensetzung (Joshua, Nina, Nico, Nasrin und Koray) wirkte auf mich zunächst etwas zu konstruiert. Immerhin begegnet Joshua diesen Personen direkt am ersten Tag, und es gibt bestimmt noch mehr Schüler*innen in seiner Stufe. Aber diese Skepsis verflog schnell: Die Gruppe ist genau richtig. Jede*r bringt seine Eigenheiten und Ecken mit, auch Erzähler Joshua selbst.
    Besonders gelungen finde ich den Erzählstil. Joshua erzählt unmittelbar, mit spürbarem Zögern, mit Gedanken, die sich überschlagen, mit genauem Hinhören und Zweifeln. Man ist ganz nah dran an seinen Überlegungen, als würde er einem direkt ins Ohr flüstern.
    Ein Roman, der richtig Lust auf Sommer macht, auf Natur, Nähe, Freundschaft und das Ungeplante. Und der zeigt: Manchmal ist genau der Ort, von dem man nichts erwartet, der Anfang von etwas Großem.

    Raphaela Brosseron

    Joshua ist 14 und schon 12-mal umgezogen, jetzt ist er in einem kleinen Kaff namens Rottloch gelandet. Freunde sucht er sich schon lange nicht mehr und deshalb muss er auch von niemanden Abschied nehmen, als seine Mutter, die Künstlerin, mal wieder neue Inspirationen braucht. Die junge Lebensgefährtin der Mutter muss oft als Puffer zwischen Mutter und Sohn herhalten, außerdem ist Sally für den Haushalt zuständig. Schon zu Beginn gibt es für Josh eine sehr peinliche Situation und Josh ist entschlossen, auch hier keine Bindungen einzugehen. Aber die ungewöhnliche Schule, auf der er angemeldet ist, schickt die Schüler*innen ohne Begleitung eines Erwachsenen allein in die Wildnis. Die Gruppe besteht aus Joshua, der Gastwirttochter Nina und dem sehr willensstarken Nico, der immer eine Plastiktüte bei sich führt. Außerdem ist da Nasrin, sie ist klug und weiß fast alles, und als letzter kommt Koray aus Dubai zur Gruppe. Diese ganz unterschiedlichen Jugendlichen sollen in Etappen verschiedene Ziele ablaufen. Allerdings ohne Smartphone und andere Hilfsmittel. Ihnen steht nur für den Notfall ein einfaches Handy zur Verfügung. Von Nico ausgehend gibt es ständig Zwiste zwischen den Jungen, er schafft es immer wieder, die anderen zu provozieren. Als Ratgeberin fungiert Nasrin und Joshua muss sich seinen Gefühlen gegenüber Nina klar werden.
    Zunächst sind die Lebensumstände von Joshua nicht ganz alltäglich, und die neue Umgebung bietet einiges an witzigen Situationen. Doch als die Gruppe alleine aufbricht und es immer wieder gilt, Konflikte zu lösen, erlebt man sehr gut die beschriebenen Charaktere. Als sie dann ein Messer finden und immer wieder das Gefühl aufkommt, dass noch jemand im Wald unterwegs ist, wird es total spannend. Ich muss gestehen, dass mich das Buch einige Stunden Schlaf gekostet hat, weil ich es unbedingt weiterlesen musste.

    Dagmar Mägdefrau
  • Diskriminierung geht uns alle an  

    Diskriminierung geht uns alle an  

    Herausgeberin Josephine Apraku

    Carlsen

    Leseempfehlung ab 12 Jahre

    Auf dem Cover ist eine bunte Schar der unterschiedlichsten Menschen zu sehen. Sie alle tragen den Titel als Banner, zusätzlich hat noch ein Mann ein Schild mit der Aufschrift Solidarität in den Händen. 
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    19 Autor*innen und Illustrator*innen haben an diesem Buch mitgewirkt. Ihre Texte, in die sie eigene Erfahrungen einfließen lassen, sind sehr gut verständlich und ich habe sie sehr gut lesen können. Die Illustrationen ergänzen ebenso wie die farbig unterlegten erklärenden Abschnitte. 
    Nach dem Vorwort geht es zunächst um eine Definition des Begriffes Diskriminierung. „Manchmal denken Menschen, dass Diskriminierung auf persönlichen Vorurteilen beruht. Das stimmt aber nicht, denn "Diskriminierung ist strukturell.“ Das ist ein Satz, der mich sehr nachdenklich gemacht hat. Überhaupt gefiel es mir gut, dass es hier keine Schuldzuweisungen gibt, sondern nur den Wunsch, dass alle einsehen, dass wir nicht alle gleich sind, wir aber die gleichen Rechte haben sollten.
    Vom englischen „able“ wird der Begriff „Ableismus“ abgeleitet, er bezeichnet die Diskriminierung von behinderten Menschen, beim „Ageismus“ geht es darum, junge und alte Menschen zu diskriminieren. Judenfeindlichkeit wird „Antisemitismus“ genannt und leider gibt es hier viele aktuelle Beispiele. Für die Diskriminierung von Menschen, die nicht heterosexuell sind, gibt es den Begriff „Heterosexismus“. Wenn Menschen ein geringes Einkommen haben oder wohnungslos sind, wird deren Diskriminierung „Klassismus“ genannt, denn unserer Gesellschaft hat viele Klassen, die nicht die gleichen Möglichkeiten haben. Wenn es nur um das Aussehen geht, spricht man von „Lookismus“. „Rassismus“ ist ein bekannter Begriff, wird aber in diesem Buch sehr gut und weitreichend erklärt. Um „Sexismus“, also die Ungleichbehandlung von Frauen, geht es im letzte Kapitel.
    Das Buch ist für mich eines der besten Sachbücher zu diesem Thema und das in erster Linie, weil es sehr gut zu verstehen ist und die einzelnen Diskriminierungsformen sehr gut beschrieben sind.

    Dagmar Mägdefrau
  • Freak City

    Freak City

    Kathrin Schrocke

    Mixtvision

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Nominierung Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis

    Bester Jugendroman international

    Nettedaler Jugendbuchpreis, Harzburger Jugendliteraturpreis

    Mika hat Liebeskummer. So richtig. Sandra, seine Ex, spielt Spielchen und lässt ihm immer noch eine Hintertür offen – was es nicht gerade leichter macht, sie zu vergessen. Und genau in dieser Gefühlsmischung trifft er Lea im Jugendtreff „Freak City“. Lea ist klug, schön – und gehörlos. 
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    Für Mika wirkt das anfangs wie eine unüberwindbare Barriere. Doch irgendwas an ihr lässt ihn nicht los. Ablenkung? Trotzreaktion? Echte Neugier? Mika ist sich selbst nicht ganz sicher. Aber er will sie verstehen – also macht er einen Gebärdenkurs. Der wird von Bine geleitet, einer coolen Erwachsenen, die ihn endlich mal ernst nimmt. 
    Was zunächst wie ein typisches Teenager-Chaos beginnt, entwickelt sich zu einer wirklich besonderen Geschichte. Denn „Freak City“ erzählt nicht nur von der ersten Liebe, sondern auch von echter Annäherung – über Sprache, Kultur, Perspektiven. Und es zeigt, dass das größte Hindernis oft gar nicht im Gegenüber liegt, sondern in den eigenen Vorstellungen.
    Mika ist zwar ein pubertierender Idiot, aber einer mit Herz und dem Mut, sich zu hinterfragen, also ein sympathischer Erzähler. Ich hätte vor dem Lesen nicht gedacht, dass Gebärdensprache, die von visuellen Zeichen lebt, so gut schriftlich umgesetzt werden kann. Barrieren werden verschoben, und auch Mika fragt sich, wer hier eigentlich was verpasst: die Gehörlosen oder die Hörenden, die sich gar nicht erst mit der Gebärdensprache und der Kultur der Gehörlosen auseinandersetzen wollen. (Nach dem Lesen bin ich mir sicher: Die Hörenden.)
    Obwohl er schon 2013 erschienen ist, bleibt es ein zeitloser Roman über Sprache, Anderssein und das, was Menschen wirklich verbindet.

    Raphaela Brosseron

    2013 ist das Buch erstmals erschienen. Mit einem neuen frische Cover, das Hände, die gebärden, abbildet, wirkt es sehr ansprechend.
    Mika und seine Freunde gehen der hübschen Lea nach und belästigen sie mit ihren Bemerkungen, doch sie bleibt völlig cool. Die Erklärung findet Mika, als er Lea im Freak City begegnet, denn sie ist gehörlos und unterhält sich in Gebärdensprache. Mika ist fasziniert von dem hübschen selbstbewussten Mädchen und entschließt sich spontan, in den Ferien die Gebärdensprache zu erlernen. Aber irgendwie ist es ihm auch peinlich, so erzählt er zunächst niemandem davon. Später stößt sein Plan auch auf Skepsis und Verwunderung. Mika weiß seine Gefühle nicht einzuordnen, eigentlich liebt er Sandra, die ihn verlassen hat, aber Lea zieht ihn immer wieder an. So entschließt er sich, sie einfach zu Hause zu besuchen. Keine gute Idee.
    Das Buch liest sich zügig. Mikas Gedanken und Gefühle lesen sich spannend und beschreiben auch seine sexuellen Vorstellungen, ohne peinlich zu sein. Mika ist einfach ein Sechszehnjähriger, der sich entscheiden muss, ob er um Sandra kämpfen möchte oder ob er lieber seinen neuen Gefühlen vertrauen kann, die ihn zu Lea ziehen. Dabei wird auch nicht verschwiegen, wie schwierig eine Freundschaft zwischen einer Gehörlosen und einem Hörenden sein kann. Einfühlsam erzählt Kathrin Schrocke von einer uns unbekannten Gruppe, die meist unter sich bleibt und die wir hier ein wenig kennenlernen.

    Dagmar Mägdefrau

  • 43 Gründe, warum es aus ist

    43 Gründe, warum es aus ist

    Daniel Handler

    Maira Kalman

    übersetzt von Birgit Kollmann

    Hanser

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Eine Kiste voller Erinnerungen, so etwas kennt wahrscheinlich jede*r, wenn man frisch verliebt ist. Alles erscheint plötzlich wichtig und kostbar. Normalerweise wirft man so eine Kiste irgendwann weg, aber Min gibt sie tatsächlich zurück. 
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    Und nicht nur das: zu jedem der 43 Gegenstände schreibt sie eine lange Erklärung, warum ihre Beziehung mit Ed vorbei ist.
    Von Anfang an ist klar: die Liebe zwischen Basketballstar und Schulschwarm Ed und der Film-Nerdin Min hält nicht. Trotzdem ist ihre Geschichte spannend und berührend. Für Min, aber irgendwie auch für Ed. Die Briefe wirken wie eine riesige, wütende „Ich liebe dich eigentlich noch“-Nachricht, die absolut nachvollziehbar ist, wenn man an den ersten Liebeskummer denkt.
    Besonders schön sind die Illustrationen und die Verknüpfung der Gegenstände mit den gemeinsamen Erinnerungen. Oft interpretiert Min im Nachhinein die Dinge als Warnsignale, auch wenn am Ende ein sehr offensichtlicher Trennungsgrund auftaucht. Genau das macht es aber so realistisch: Im Rückblick fragt man sich ja immer, ob man die Anzeichen früher hätte sehen sollen. Heutzutage würde Min wahrscheinlich einfach eine viel zu lange WhatsApp-Nachricht in ihre Notizen tippen und die beste Freundin würde ihr dringend raten, sie nicht abzuschicken.
    Min wirkt wie eine „alte Seele“: ungefähr 89-mal im Buch wird erwähnt, dass sie „anders“ ist. Dazu kommen viele Filmreferenzen, mit denen man klar¬kommen muss. Man merkt auch, dass das Buch von 2011 ist, manche Ausdrücke oder Einstellungen würden 2025 so nicht mehr passen (zum Beispiel, dass Ed „schwul“ als Beleidigung benutzt. Heute könnte Min ihm wohl besser erklären, warum das nicht geht).
    Das Buch zieht sich manchmal ein bisschen, und ob Ed wirklich alles lesen würde, ist fraglich. Aber man merkt: Min schreibt es vor allem für sich selbst, als eine Art Abschluss.
    Eine kreative Idee, um enttäuschte Liebe zu erzählen. Manchmal etwas holprig, aber originell und mit vielen schönen Details.

    Raphaela Brosseron

    Das Buch fällt sicher in der Buchhandlung sofort auf, denn nicht nur auf dem zartlila Cover sind Gegenstände zu sehen, sondern auch auf dem Buchschnitt.Diese Gegenstände, insgesamt sind es 43, wie der Titel verrät, packt die 16-jährige Min (Minerva, nach einer römischen Göttin, wie sie sich immer wieder vorstellt) in einen Karton. All diese Dinge wird sie Ed, ihrem kurzfristigen Freund, zurückgeben.
    Jedes dieser Dinge, beginnend mit einer Kinokarte, über Kronkorken, eine Feile, einen Eierformer bis zu einem Glas Kastanien, haben eine Bedeutung für Min. So wurden am Abend, als sich die beiden kennenlernten, die Bierflaschen aufgemacht, deren Kronkorken nun in den Karton gepackt werden. Die Karte zum Film „Greta in der Wildnis“ gehört dazu, weil es ihr erster gemeinsamer Kinobesuch war.
    Min liebt Filme und möchte Regisseurin werden und gilt als intellektuell. Ed ist ein umschwärmter Basketballspieler, der seine Matheambitionen geheim hält. Er hat nach außen viel Selbstvertrauen und nimmt wenig Rücksicht. Obwohl oder weil die beiden so unterschiedlich sind, ziehen sie sich auch sexuell an. Es wird viel geküsst und der Verlust der Unschuld ist ein wichtiges Thema. Ed benutzt das Wort „schwul“ immer wieder abwertend und wird dafür von Min gerügt. Mins Freund Al, der für sie Ratgeber und Beichtvater ist, taucht ständig in der Erzählung auf und es war nicht einfach für Ed, ihn als Freund einzuordnen.
    Die Aufmachung des Buches mit den vielen tollen Illustrationen ist sehr gelungen, auch die Idee, die Trennung über Gegenstände aufzuarbeiten, hat mir gefallen. Aber ich fand den Text etwas zäh, was sicher auch daran lag, dass das Buch sehr amerikanisch ist. Sowohl die Schulsituation, der Tagesablauf, wie auch die Art über sexuelle Themen zu reden. Dazu ist das Buch schon 2011 im Original erschienen und so wird Ed von Min noch auf einem Festnetzanschluss angerufen. Vielleicht liegt es an meinem hohen Alter, aber auch die Titel der Filme und die Musiktitel kannte ich nicht.

    Dagmar Mägdefrau

  • Die Piraten von Darksea

    Die Piraten von Darksea

    Catherine Doyle

    Knesebeck

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Christopher Reed glaubt fest an das Schiff Die Sonnendiebin und schleicht sich gemeinsam mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder hinaus, um am Strand auf sie zu warten – vielleicht wird er ja sogar angeheuert. 
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    Doch es dauert zwei Jahre, bis ein sprechender Papagei an das Fenster eines der Reed-Brüder klopft – allerdings nicht an Christophers, denn dieser liegt im Krankenhaus. Max wittert seine Chance: Auf einem magischen Piratenschiff muss es doch etwas geben, das seinen Bruder heilen kann!
    Als Landratte heuert er auf der Sonnendiebin an und begegnet dort nicht dem Kapitän Thorne O’Malley, sondern dessen Schwester Eliza O’Malley. Doch auch auf der Sonnendiebin sind die Zeiten nicht einfach: Darksea wird von einem mächtigen Feind bedroht, und die Magie schwindet. Max macht sich einen Namen in der Crew und stürzt sich voller Leidenschaft in das Abenteuer. Aber reicht das, um Darksea zu retten?
    Neben einer spannenden, mit liebevollen Details gestalteten Fantasy-Abenteuerwelt erleben wir auch eine Geschichte voller Emotionen. Geschwisterliebe ist ein zentrales Thema, ebenso wie die damit verbundene Angst vor Verlust. So wird die Frage nach Mut und Angst nicht nur durch die Gefahren in Darksea definiert, sondern auch durch die Furcht um einen geliebten Menschen. Und genau das macht diese Geschichte so besonders: Sie zeigt, dass die großen Ungeheuer manchmal leichter zu bekämpfen sind als die Angst um jemanden, den man liebt.
    Ein wundervolles, abenteuerliches und durchdachtes Buch – perfekt für alle, die ein wenig Magie, Mut und Abenteuer in ihrem Alltag brauchen!

    Raphaela Brosseron
  • Kanak Kids

    Kanak Kids

    Anna Dimitrova

    Arctis-Verlag

    Leseempfehlung ab 12 Jahre

    Dessi oder Daisy? Das kommt darauf an, wen man fragt. Am Gymnasium der Münchener Innenstadt ist Dessislava die blonde, perfekt angepasste „Daisy“ – Jeans, Bluse, Kontaktlinsen, kein bulgarisches Essen in der Lunchbox. In Neuperlach, wo Hochhäuser das Stadtbild prägen und die Realität weit entfernt von Münchens Schickeria ist, wird sie wieder zu „Dessi“ – Jogginghose, wilde Locken, keine Maskerade. 
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    Nicht, weil sie das Beste aus beiden Welten will, sondern weil sie es muss. Doch dann taucht Bo auf. Er durchbricht die sorgsam gezogene Grenze zwischen Dessis zwei Leben und erkennt ihr Dilemma, er hat ein ähnliches.
    Was dieses Buch so besonders macht, ist die Perspektive. Zu selten wird gezeigt, wie Menschen aus osteuropäischen Einwandererfamilien die „Almans“ wahrnehmen. Dessis deutsche Freund*innen müssen erst ihre Welt betreten, um zu verstehen, wie schwer es ist, kulturelle Grenzen zu überwinden. Mit viel Witz und Intelligenz hält Dessi sowohl ihren Eltern als auch den intoleranten Mitschüler*innen den Spiegel vor. Sie erzählt mit pointiertem Humor und messerscharfem Verstand von den scheinbar unüberwindbaren Gegensätzen zwischen Münchens Schickeria und der Neuperlacher „Bronx“.
    Besonders Bo bringt als charmanter, einfühlsamer Freund genau die Unterstützung, die Dessi braucht. Die Dynamik zwischen den beiden macht einfach Spaß – ihre Gespräche sprühen vor Schlagfertigkeit und Echtheit. Dieses Buch ist mehr als nur eine Coming-of-Age-Geschichte. Es ist eine treffende, humorvolle und gleichzeitig tiefgründige Analyse davon, wie sich Anpassung manchmal wie Überleben anfühlt. Und ganz nebenbei mit Liebesgeschichten (die vielleicht doch Grenzen durchbricht?), die wirklich niedlich sind.

    Raphaela Brosseron

  • Korianderkuss

    Korianderkuss

    Antje Herden

    Tulipan

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Fred und Rosa sind schon ewig beste Freundinnen, doch Fred verliebt sich – ein Gefühl, mit dem Rosa bisher noch nicht viel anfangen kann. Jetzt entsteht eine Lücke in Rosas Leben: eine Fred-Lücke. Vor allem, weil sie außer Fred und ihrer Mutter kaum jemanden an sich heranlässt.
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    Doch dann kommt Kim neu in die Klasse, und Rosa ist plötzlich interessiert. Nicht wie alle anderen an Kims Geschlecht, denn Kim ist nicht binär, sondern an der Person selbst. Kim ist schlagfertig, klug und mysteriös – und vielleicht kann Rosa mit dem Verliebtsein ja doch etwas anfangen.
    Es passiert irgendwie ziemlich viel in der Geschichte: Ein weiteres Thema ist Jonas Ritter, Rosas Vater, den sie nicht kennt. Er schickt ihr plötzlich einen Brief, in dem er mitteilt, dass er für immer nach Australien geht, aber noch einen Hinweis auf ein Gartengrundstück hinterlässt. Gemeinsam mit Kim macht Rosa sich auf die Suche und findet es tatsächlich. Diese Aktion von ihrem Vater bleibt aber letztlich recht bedeutungslos für die Handlung. Kim entpuppt sich zufällig als Gemüseexpert*in und scheint generell viel Ahnung von allem zu haben.
    Fred ist ebenfalls noch präsent und versucht manchmal, das Gespräch mit Rosa zu suchen. Was mir persönlich jedoch gar nicht gefallen hat: Rosa reimt ständig vor sich hin. Sie sagt zwar selbst, dass sie keine Poetin ist, aber als Kim irgendwann meint, einige Reime seien „ziemlich gut“, halte ich das für eine glatte Lüge. Selbst wenn die Reime absichtlich „schlecht“ sein sollen, haben sie für die Geschichte keinerlei Mehrwert und waren eher unangenehm zu lesen.
    Gegen Ende analysiert Kim Rosas Einzelgänger-Dasein und zieht daraus Schlüsse, die wohl alles zusammenführen sollen. Für mich blieben diese Erkenntnisse jedoch unverständlich, da die Textsignale dazu wohl an mir vorbeigegangen sind.
    Was ich an Rosa mag, ist ihre Fähigkeit, Fehler einzugestehen. Perfekte Figuren sind schließlich nicht so interessant wie eine Rosa. Die Beziehung zwischen Kim und Rosa ist wirklich niedlich dargestellt, und die Szenen rund um ihre gemeinsame Gartenarbeit waren ebenfalls interessant.
    Insgesamt war die Konstruktion der Handlung für mich nicht ganz klar, und sprachlich waren Rosas Gedichte definitiv ein Minuspunkt. Positiv hervorheben möchte ich jedoch den Umgang mit dem Thema Gendern. Hier werden viele praxisnahe Beispiele gezeigt, die gut funktionieren – zum Beispiel klingt „Blödmensch“ statt „Blödmann“ sogar richtig gut.

    Raphaela Brosseron

    Rosa Eliza Retter hatte eine beste Freundin namens Fred, doch die hat jetzt die Liebe zu einem Jungen entdeckt, dessen Namen Rosa nicht aussprechen möchte. Deshalb hält Rosa Distanz zu Fred, selbst in der Schule spricht sie nicht mit ihr. Da kommt jemand Neues in die Klasse und Kim fasziniert Rosa von Anfang an. Nicht nur die Schönheit von Kim ist besonders, auch das Auftreten und die Schminkkunst ist perfekt. Kim definiert sich als keinem Geschlecht zugehörig und scheint aber Rosa gerne um sich haben zu wollen.
    Rosa lebt mit ihrer Mutter zusammen, mit der sie sich sehr gut versteht und die ebenfalls die Dreizehnjährige gut versteht. Rosas Erzeuger ist schon vor ihrer Geburt ins Ausland gegangen und hat sich all die Jahre nie gemeldet. Jetzt schenkt er ihr einen Garten, der hinter einer undurchdringlichen Hecke liegt. Dort verbringen Rosa und Kim ihre Osterferien und sie lieben es beide, den Garten zu versorgen. Wird es bei der Freundschaft bleiben oder wird auch Rosa die Liebe kennenlernen?
    Rosa erzählt uns von dieser Zeit im Frühling und so können wir ihre Gefühle kennenlernen und erleben, wie sie sich zaghaft den anderen gegenüber öffnet. Wie sie die Ablehnung durch ihre Vater überwindet und die Liebe entdeckt. Ungewöhnliche Protagonistinnen und eine gendergerechte Sprache machen dieses Buch sehr aktuell.


    Dagmar Mägdefrau
  • Schnee

    Schnee

    Marie Duedahl

    Renate Götz Verlag

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    „Schwarz wie die Nacht.
    Einzelgängerin.
    Ein Stachelschwein.
    Ein Kind von Loosern.
    Die böse Fee.
    Alles das war ich.
    Aber dann traf ich Schnee.“
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    Dieses Gedicht ist auf dem rückseitigen Cover des dünnen Büchleins zu lesen. Schnee ist eine Schülerin der 9a und sie ist weiß und fast durchscheinend. Im Gegensatz dazu steht Lulu, die nach einigen Schulwechseln in die 9a kommt. Sie ist wegen ihres Vaters, von dem sie nichts weiß, dunkelhäutig. Schnee kann Lulu mit einer Umarmung und dem Satz „Wir sind schön“ all' ihre Wut nehmen. Schnee hat bei ihrer Hippiemutter ein gemütliches Zuhause, während Lulu bei ihrer alkoholkranken Mutter und dem 16. Stiefvater wohnt. Schnee gibt ihr Mut und fordert Lulu auf, nach ihrem Vater zu suchen.
    Das Buch hat meist zweiseitige Kapitel mit großen Buchstaben und gedichtartigen Texten mit kurzen klaren Sätzen und ist deshalb sehr gut lesbar. Zu Beginn eines jeden Kapitel ist ein Satz aus dem Text auf dem grauen Hintergrund des Covers gedruckt.
    Die Geschichte wirkt trotz ihrer Traurigkeit auf mich hoffnungsvoll. Ich denke ,Lulu wird es schaffen, in sich nicht nur den Looser zu sehen. Ein sehr gut lesbares Buch mit starken Mädchenfiguren.

    Dagmar Mägdefrau

  • Auf immer und ewig

    Auf immer und ewig

    Margret Steenfatt

    Rororo/ FISCHER Kinder- und Jugendtaschenbuch

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre


    „Auf immer und ewig“ schwören sich Nike, Paul und Nathan mit dem Geheimzeichen ihrer Bande, den ›Kopfgeldjägern‹. Seit ihrer Kindheit sind die drei unzertrennlich und wären es vielleicht für immer geblieben, wenn sie nicht im Jahr 1938 Kinder wären – Nathan, ein Jude, und Paul, der Sohn eines überzeugten NSDAP-Anhängers.
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    Im Grindelviertel Hamburgs verändert sich vieles Stück für Stück. Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger verschwinden allmählich aus dem Stadtbild und werden schließlich brutal ausgegrenzt. Nike kann das nicht nachvollziehen und zeigt ihren Unmut, insbesondere gegenüber ihren Eltern. Warum sprechen sie nicht mit ihr über all das? Paul sympathisiert mit der Hitlerjugend und wird Mitglied. Zwar hängt er manchmal noch an der alten Freundschaft, jedoch nur zu seinen eigenen Bedingungen. Nathan übt sich in Zurückhaltung und konzentriert sich auf sein Geigenspiel – und auf Nike, denn mit ihr könnte es tatsächlich für immer sein...
    Das Trio zeigt eine interessante Dynamik. Leider wirkt Paul, der wohl einen Mitläufer repräsentieren soll, von Anfang an durch seine grotesken Streiche distanziert von den anderen beiden, was den Verlust der Freundschaft für die Leser*innen schwer greifbar macht. Auch die Beziehung zwischen Nathan und Nike entwickelt sich plötzlich und erscheint sofort als grenzenlose Liebe. Das passt zwar einerseits zu einer jugendlichen, fast kindlichen Liebe, andererseits resultiert dies aus der eher oberflächlichen Charaktergestaltung. Die Rollen des Trios sind wenig nuanciert: Paul erscheint zunehmend als grundlegend böse, Nike als durchweg gut und unschuldig, und Nathan als das Opfer der Gesellschaft. Zwar werden die Dynamiken der Ideologie und ihre Auswirkungen immer wieder erwähnt, aber nicht richtig in die Geschichte integriert. Besonders Nike zeigt für ein junges Mädchen einen ausgeprägten moralischen Kompass, was an sich nicht unglaubwürdig ist, aber in der Interaktion mit ihren Eltern oft unlogisch wirkt.
    Gelungen ist hingegen die spezifische Lokalisierung im Hamburger Grindelviertel. Die Leser*innen spüren wirklich, wie diese kleine Welt – ein Raum der Routine und Geborgenheit für die Kinder und auch die Erwachsenen – nach und nach zerbricht. Diese präzise Darstellung des Schicksals einer kleinen Stadt als Spiegelbild des großen Kriegs wurde gekonnt in den Fokus gerückt.
    Von Anfang bis Ende wird die kindliche bzw. jugendliche Perspektive auf die NS-Zeit konsequent beibehalten, was den Roman trotz allem sehr lehrreich macht.

    Raphaela Brosseron

  • Good Girl, Bad Blood – Band 2

    Good Girl, Bad Blood – Band 2

    Holly Jackson

    one

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Sie hat sich geschworen, nie wieder zu ermitteln, nachdem sie sich bei ihrem ersten Fall um Andie Bell beinahe selbst verloren hätte. Doch als Jamie Reynolds, der ältere Bruder ihres guten Freundes Zac, spurlos verschwindet, wird Pip erneut in die Welt des Verbrechens hineingezogen. Die Polizei nimmt das Verschwinden nicht ernst, wie so oft, und Pip beschließt, die zweite Staffel ihres True-Crime-Podcasts zu starten. 
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    Da sie sich bereits mit den Gefahren solcher Ermittlungen auskennt, warnt sie Zac und dessen verzweifelte Mutter: Bei ihrer Nachforschung könnten unangenehme Wahrheiten ans Licht kommen. Zeitgleich läuft der Prozess gegen Max Hastings, der mehrere junge Frauen vergewaltigt hat und durch seine Verbrechen eine Kette von Ereignissen ausgelöst hat, die Pips letzten Fall mit beeinflussten.
    Doch wird Jamies Verschwinden weniger tragisch enden oder Pips Glauben an das Gute endgültig zerstören? Ausgerechnet ein Tinder-Profil könnte die entscheidenden Antworten liefern.
    Als Leserin, die den ersten Band begeistert verfolgt hat, bin ich heimlich froh, dass Pips Karriere als Ermittlerin nicht vorbei ist. Dennoch löst Jamies Verschwinden und die Hilflosigkeit seiner Familie ein beklemmendes Gefühl aus. Die Polizei ermittelt nicht weiter, da es zu Jamie passe, einfach zu verschwinden. Pip, inzwischen bestens vertraut mit der Welt des True Crime, geht die Sache gewohnt strukturiert an – unterstützt von Ravi. Die Autorin schafft es dabei, realistisch darzustellen, dass Pip nicht nur Bewunderer hat. Selbst Menschen aus ihrem engeren Umfeld begegnen ihrem selbsternannten Ermittlerdasein skeptisch oder belächeln es. Trotzdem bilden Pip und Ravi erneut ein starkes Team. Überraschenderweise gelingt es der Autorin, mit denselben Figuren nach dem ersten Teil erneut eine fesselnde und logisch aufgebaute Fortsetzung zu kreieren, die zeigt, dass die Grenzen zwischen Gut und Böse oft verschwimmen und dass die Justiz nicht immer für Gerechtigkeit sorgt.
    Eine beeindruckende Fortsetzung, von deren Handlung ich nicht zu viel verraten möchte!

    Raphaela Brosseron
  • Ein Tagebuch für vier – Wir sind die besten Freundinnen

    Ein Tagebuch für vier – Wir sind die besten Freundinnen

    Vikki VanSickle

    Laura Rosendorfer

    arsEdition

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Vier Freundinnen wird das Handy abgenommen und sie greifen auf eine altmodische Methode der Kommunikation zurück: Mit Stift und Papier schreiben sie geordnete Nachrichten in ein Notizbuch, das eigens dafür angelegt wurde. Ich hoffe nur, dass sie im Unterricht nicht genauso viel auf ihren Handys getextet haben wie in diesem Buch. 
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    Die Idee ist süß, und es ist interessant, dass man die Mädchen ausschließlich über ihre Nachrichten kennenlernt, ohne vorher ein Portrait oder eine Vorstellung ihrer Charaktere zu bekommen. Alle vier verwenden Pseudonyme, falls das Buch mal in die Hände einer Lehrkraft geraten sollte. Sie ergänzen sich durch ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten: Twix, die humorvolle und entspannte, Sunny, die Träumerin, MP, die Fleißige, und Swoosh, die Sportliche. Natürlich gibt es auch gelegentlich Konflikte zwischen ihnen, was bei einer Viererkonstellation ganz natürlich ist. 
    Doch es gibt einige Aspekte, die unauthentisch wirken: Alle vier scheinen in ihren Konflikten immer sofort reflektiert zu sein, und ihren Gefühlen und Ansichten wird stets Raum gegeben, sodass jede Auseinandersetzung schnell beigelegt wird. Das wirkt unrealistisch. Zudem wird das Thema Sex und Pubertät fast zwanghaft in den Fokus gerückt, ohne dass dies durch den Sexualkundeunterricht oder andere Faktoren ausreichend begründet wird. Über lange Strecken passiert wenig, außer dass die Mädchen unnatürlich wirkende Gespräche über die Periode führen.
    Auch scheint jede von ihnen einen makellosen moralischen Kompass in Bezug auf Selbstbestimmung, Sexualität und Feminismus zu haben. Es wäre zwar wünschenswert, dass 13-Jährige so reflektiert über gesellschaftlich relevante Themen sprechen, aber es entspricht einfach nicht der Realität. Dadurch sehe ich kaum Identifikationspotenzial für Leser:innen, vielmehr besteht die Gefahr, dass sie sich abgehängt fühlen.
    Das Buch wirkt flach und moralisierend, wobei es zwanghaft um Sex und verwandte Themen kreist. Hätte man es als ein nett verpacktes Aufklärungsbuch deklariert, wäre meine Bewertung wohl positiver ausgefallen, denn eine gut erzählte Geschichte steht hier offensichtlich nicht im Fokus. Es ist schade, dass das Tagebuch der vier Mädchen auf diese Themen reduziert wird – vielleicht möchten sie auch einfach mal ein Eis essen, ohne ihre Periode dabei zu zelebrieren?
    Zwar sind einige der Themen und dazugehörigen Zeichnungen niedlich und stellenweise auch wichtig, aber als Erzählung funktioniert das Buch nicht überzeugend.
    Über weibliche Themen muss mehr geschrieben und geredet werden, aber das geht besser.

    Raphaela Brosseron
  • Der verwunschene Wald

    Der verwunschene Wald

    Kengo Kirimoto

    Urachhaus

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Auf dem etwas dunklen Cover sehen wir Poppy mit ihrem Hund Pepper durch den Wald gehen. Poppy geht immer den selben Weg an den Häusern längs Gassi, dabei hört sie Musik mit ihren Kopfhörern. Doch da läuft Pepper, ein Tier verfolgend, in ein abgesperrtes Gelände. Hier tut sich ein Wald auf und Poppy lernt Rob kennen, der sich hier auskennt und später seinen Lieblingsplatz mit ihr teilt.
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    So lernt das Mädchen auf die Natur zu achten und sieht plötzlich kleine Vögel oder andere Dinge in der Natur, die ihr vorher nie aufgefallen sind. Begeistert erzählt sie ihrer Mutter davon, doch die liegt nur teilnahmslos auf der Couch. Sie trauert um ihre Mutter, die vor kurzen gestorben ist. Poppy dagegen findet ihre Oma in der Natur wieder und sie grämt sich, dass ihre Mutter sich weigert mitzukommen. Als sie dann eines Abends von Rob abgeholt wird, damit sie den Dachs in der Dämmerung beobachten kann, taucht plötzlich ihre Mutter in der Haustüre auf.
    Dieser Comicroman ist mit wundervollen Illustrationen ausgestattet. Die Tier- und Pflanzenwelt ist so schön dargestellt, dass man sofort in den nächsten Wald laufen möchte, um so etwas in natura bestaunen zu können. Kleine Vögel, die man fast zwitschern hören kann, und Bäume mit ihren knorrigen Stämmen, die man fast unter den Fingern fühlt.
    Das Buch kommt mit ganz wenigen Sätzen aus, die Bilder zeigen aber sehr anschaulich die Trauer von Tochter und Enkelin und die Neugier Poppys beim Entdecken der Natur.

    Dagmar Mägdefrau
  • Fürs Leben zu lang

    Fürs Leben zu lang

    Nikola Huppertz

    Tulipan

    Verlagsempfehlung ab 12 Jahre

    Magali Weill ist 13 Jahre alt und 1,82m groß, es folgen schätzungsweise 10 cm. Eigentlich hält sie Tagebuchschreiben für etwas Selbstbezogenes, aber sie schreibt eins über die anderen, die im Gegensatz zu ihr ein interessantes Leben haben. 
    Es sind Ferien und Magali wünscht sich, vom französischen Nachbarsjungen Joël geküsst zu werden, ist sich aber gleichzeitig sicher, dass nie jemand ein so großes Mädchen küssen will.
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    Mit anderen Bewohnern des Hauses hat sie nicht nur in ihren Träumen Kontakt, mit dem Husky der Stemmerlings und dem 98-jährigen Herrn Krekeler. Als sein 13-Jähriger Neffe Kiean zu Besuch kommt, weil Herr Krekeler angeblich bald stirbt, bringt er neuen Wind in Magalis Alltag, ob sie will oder nicht. Magali steht angesichts des Todes vor vielen Fragen zum Leben. 
    Man merkt, dass Magali nicht einfach nur durch ihre Größe verunsichert ist, sondern dadurch wirklich Schwierigkeiten hat, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und sich dadurch schon früh ernsthafte Gedanken über das Leben macht. Dann sorgen noch das Thema Tod und der merkwürdige Kieran für wirklich tiefgründige Reflexionen, die in eine philosophische Richtung gehen. Dabei wird der Ton des Romans jedoch nicht unangenehm ernst. Magali wächst über sich hinaus, obwohl wachsen vermutlich das letzte ist, wonach ihr der Sinn steht. Das Tagebuch war eine super Idee, da sie ihre Gedanken über die anderen, das Leben und dann doch auch sich selbst wirklich in schöne, lustige, traurige und auch passende Worte verpackt. Der Titel hätte nicht besser gewählt sein können, gerade weil er vielleicht auch eine andere Bedeutung hat.
    Es lohnt sich, diese herauszufinden.

    Raphaela Brosseron

    Es ist nicht einfach für die dreizehnjährige Magali mit ihrer Größe von 1,82 m klarzukommen. Dazu hat sie noch eine achtzehnjährige Schwester, die Abi macht und die bei „normaler“ Größe sehr hübsch ist.
    So beginnt Magali dann in den Osterferien in das Tagebuch mit Goldschnitt und Lesebändchen zu schreiben. Zunächst über andere, wie die Bewohner des Hauses. Zu denen gehört die Familie Siemerdings mit ihren vielen Kindern und dem Husky Snow, den Magali täglich ausführt, und der 98-jährige Albert Krekeler. Herr Krekeler war bisher immer noch sehr fit und ist täglich in seinem schicken Jogginganzug eine Runde gejoggt, doch jetzt hat er beschlossen, zu sterben, und das hat seinen „verlorenen“ Sohn auf den Plan gerufen, der mit dem Enkel Kieran anreist.Da Kieran wenig Berührungsängste hat, taucht er jeden Tag ungefragt bei Magali auf und die beiden unterschiedlichen Jugendlichen verbringen die Ferien zusammen. Sie erleben das leise Sterben von Herrn Krekeler und stellen die Frage „Wie geht das überhaupt, ein richtiges Leben?“
    Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt und wirft die unterschiedlichsten Probleme auf. Zum einen ist das die Körpergröße von Magali, dann das Verhältnis der volljährigen Schwester zur Mutter, das Schweigen des übergewichtigen Vaters, die Familienverhältnisse von Kieran und natürlich das Sterben des alten Mannes. Am Ende ist das Tagebuch von Magali gefüllt und wir haben an ihren Gedanken teilnehmen dürfen und warten mit Spannung, ob sie weiterhin ungeküsst bleibt.

    Dagmar Mägdefrau